Mit Urteil vom 21. Januar 2014 (IX R 11/13, DB 2014 S. 690 = DB0650624) hat der BFH entschieden, dass die Entgegennahme eines Bankguthabens in fremder Währung als Gegenleistung beim Verkauf von Wertpapieren ertragsteuerlich als Tausch zu behandeln ist, bei dem einerseits Wertpapiere veräußert und andererseits das Wirtschaftsgut „Fremdwährungsguthaben“ angeschafft wird. Dies gilt nach Ansicht des BFH sogar dann, wenn bereits der Kauf der verkauften Wertpapiere über ein in der Fremdwährung geführtes Konto erfolgte. Rechtsfolge hiervon ist, dass sich Währungsgewinne oder -verluste des Steuerpflichtigen nicht nach dem Tag der ursprünglichen Anschaffung des Fremdwährungsguthabens richten, sondern nach dem Tag des späteren Verkaufs der in fremder Währung erworbenen Wertpapiere einerseits und dem Umtausch des mit den Wertpapieren realisierten Veräußerungserlöses in Euro andererseits. Diese steuerlichen Folgen sind weder neu noch überraschend – sie werden in der Praxis allerdings oft übersehen oder in ihren Auswirkungen unterschätzt. Das Urteil vom 21. Januar 2014 lädt dazu ein, sich Klarheit über die ertragsteuerlichen Folgen von privaten Fremdwährungsgeschäften zu verschaffen.
Steuerliche Relevanz von Wechselkursgewinnen
Nach der schon länger bestehenden Rechtsprechung des BFH sind Bankguthaben in fremder Währung steuerlich nicht wie Geld nationaler Währung zu behandeln, sondern als eigenständige Wirtschaftsgüter, deren Wert wie bei anderen Wirtschaftsgütern in Euro zu ermitteln ist (BFH vom 2. Mai 2000 – IX R 73/98, DB 2000 S. 2047 = DB0006355). Erzielt ein Steuerpflichtiger aufgrund von Wechselkursdifferenzen zwischen der Anschaffung eines privaten Bankguthabens in fremder Währung und seinem Rücktausch in Euro einen Gewinn, so unterliegt dieser daher der Einkommensteuer, wenn Kauf und Rücktausch der fremden Währung innerhalb der Spekulationsfristen eines privaten Veräußerungsgeschäfts (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) stattfinden. Die Finanzverwaltung folgt dieser Sichtweise in ihrem Rundschreiben zur Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte (BMF vom 25. Oktober 2004, DB 2004 S. 2393 = DB0074438).
Tückische Fristverlängerung durch Unternehmenssteuerreform 2008
Nach der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Rechtslage waren private Wechselkursgewinne nur steuerpflichtig, wenn Anschaffung und Rücktausch des Fremdwährungsguthabens innerhalb eines Jahres erfolgten. Der Gesetzgeber hat diese einjährige Spekulationsfrist für private Veräußerungsgeschäfte mit beweglichen Wirtschaftsgütern nach 2008 grundsätzlich beibehalten. Neu ist seitdem allerdings, dass sich die Spekulationsfrist bei Wirtschaftsgütern, aus deren Nutzung der Steuerpflichtige in zumindest einem Jahr laufende Einkünfte erzielt hatte, auf zehn Jahre erhöht (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG n.F.). Diese vom Gesetzgeber zur Vermeidung von Steuersparmodellen ersonnene Regelung erfasst damit alle in Fremdwährung geführten verzinslichen Konten. Der Kreis steuerpflichtiger privater Währungsgeschäfte wurde dadurch ab 2009 drastisch erweitert und dürfte seither viele Steuerpflichtige betreffen, die sich dessen bislang gar nicht bewusst sind.
Jedes Tauschgeschäft in fremder Währung ist Erwerb oder Verkauf eines „Fremdwährungsguthabens“
Das Urteil des BFH vom 21. Januar 2014 hat in diesem Zusammenhang einiges klargestellt:
- Es gibt keinen „geschlossenen Fremdwährungsbereich“ bei Fremdwährungsguthaben, die für Wertpapiergeschäfte in der jeweiligen Währung verwendet werden. Ein Wechselkursgewinn oder -verlust entsteht damit nicht zwingend erst mit dem Rücktausch in Euro. Vielmehr löst jeder Kauf oder Verkauf von Wertpapieren über ein solches Konto eine Veräußerung oder Anschaffung eines neuen Fremdwährungsguthabens zum jeweiligen Tageskurs aus.
- Wenn jeder Verkauf von Wertpapieren über ein Fremdwährungskonto eine Anschaffung eines Fremdwährungsguthabens ist, wird der Lauf der Spekulationsfrist nach § 23 EStG mit jedem solchen Geschäft neu ausgelöst. Neben den langfristig steuerverhafteten verzinslichen Fremdwährungskonten bleiben daher auch unverzinsliche Fremdwährungsbestände beim regelmäßigen Einsatz für Wertpapiergeschäfte häufig steuerverstrickt.
- Zur Ermittlung des Veräußerungsergebnisses nach § 20 Abs. 2 EStG beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren über ein Fremdwährungskonto muss eine Umrechnung in Euro sowohl für den Kauf als auch für den Verkauf stattfinden, um das steuerlich zutreffende Veräußerungsergebnis festzustellen. Eine bloße Umrechnung des in fremder Währung erzielten Veräußerungsergebnisses in Euro ist nicht statthaft (zu § 17 EStG so schon BFH vom 24. Januar 2012 – IX R 62/10, DB 2012 S. 834 = DB0470076).
Beispiel:
Am 1. Januar 2013 eröffnet X ein unverzinsliches US-Dollar-Konto mit Guthaben von 40.000 US-Dollar (Kurs 0,757 Euro/US-Dollar). Am 1. Juni 2013 kauft X über dieses Konto 1.000 Y-Aktien zum Stückkurs von 40 US-Dollar (Kurs 0,768 Euro/US-Dollar).
- X realisiert am 1. Juni 2013 einen Währungsgewinn von (0,768 Euro/US-Dollar – 0,757 Euro/US-Dollar x 40.000 US-Dollar =) 440 Euro.
Am 1. Januar 2014 verkauft X alle Y-Aktien zum Stückkurs von 43 US-Dollar (Kurs 0,725 Euro/US-Dollar). Der in US-Dollar bezahlte Erlös fließt wieder auf sein US-Dollar-Konto.
- X realisiert am 1. Januar 2014 einen Veräußerungsgewinn von (1.000 x 43 US-Dollar x 0,725 Euro/US-Dollar – 1.000 x 40 US-Dollar x 0,768 Euro/US-Dollar =) 455 Euro.
Am 1. Juni 2014 tauscht X sein komplettes Guthaben auf dem US-Dollar-Konto von 43.000 US-Dollar in Euro ein (Kurs 0,733 Euro/US-Dollar).
- X realisiert am 1. Juni 2014 einen Währungsgewinn von (0,733 Euro/US-Dollar – 0,725 Euro/US-Dollar x 43.000 US-Dollar =) 344 Euro.
Fazit
Steuerpflichtige mit Konten in fremder Währung sollten sorgfältig prüfen, ob sich daraus neben den erzielten Kapitalerträgen auch einkommensteuerlich relevante Wechselkursgewinne ergeben. Von elementarer Bedeutung ist dies bei der nachträglichen steuerlichen Offenlegung von ausländischen Konten, da die Nacherklärung andernfalls unvollständig ist. Für den Steuerpflichtigen bietet sich mit der steuerlichen Erfassung von privaten Währungsgeschäften allerdings auch die Chance, seine Steuerlast durch die Geltendmachung von Verlusten zu reduzieren, da Währungsgeschäfte bekanntlich nicht immer zu einem Wechselkursgewinn führen.