Vorzeitiger unentgeltlicher Nießbrauchsverzicht: Die schenkungsteuerlichen Folgen

Katharina Hemmen, LL.M.,Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Associate, P+P Pöllath + Partners, Berlin

Katharina Hemmen, LL.M.,Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Associate, P+P Pöllath + Partners, Berlin

Regelmäßig übertragen Eltern im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge Vermögenswerte an ihre Kinder unter einem sogenannten Nießbrauchsvorbehalt. Die Eltern sichern sich damit die Erträge aus dem verschenkten Vermögen, typischerweise z.B. die Mieterträge aus einer an die Kinder übertragenen Immobilie oder Dividendenansprüche aus übertragenen Gesellschaftsanteilen. Später kann dieser Nießbrauchsvorbehalt für die Eltern obsolet werden, weil sie feststellen, auch ohne die Erträge finanziell ausreichend abgesichert zu sein, oder er kann für die Kinder lästig sein, weil er sie an einer Veräußerung der erhaltenen Vermögensgegenstände hindert.

Der unentgeltliche Verzicht auf den Nießbrauch durch die Eltern ist dann naheliegend. Dabei lohnt es sich, die schenkungsteuerlichen Folgen eines solchen Verzichts genau zu prüfen, wie ein kürzlich ergangenes Urteil des BFH (BFH vom 20.05.2014 – II R 7/13, DB0670564) beweist.

BFH reduziert Bemessungsgrundlage

Gegenstand des Verfahrens war der Nießbrauchsverzicht eines Vaters, der seinem Sohn zuvor einen GmbH-Anteil unter Nießbrauchsvorbehalt geschenkt hatte. Da der Anteil gemäß § 13a ErbStG a.F. teilweise steuerbegünstigt war, hatte das Finanzamt bei der Schenkungsteuerveranlagung die Nießbrauchslast gemäß § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG im entsprechenden Verhältnis gekürzt. Den verbleibenden Nießbrauchswert hatte es gemäß dem damals noch geltenden § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. vom Abzug ausgeschlossen.

Dass ein unentgeltlicher Verzicht auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht als freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar ist, hat der BFH bereits 2004 entschieden (BFH vom 17.03.2004 – II R 3/01, DB0052662) und wurde hier weder von der Vorinstanz (FG Münster vom 10.01.2013 – 3 K 2461/11 Erb, DB0634481) noch vom BFH bezweifelt. Fraglich war hier vielmehr die Bemessungsgrundlage für die Verzichtsbesteuerung.

Der BFH zog vom gemeinen Wert des Nießbrauchs im Verzichtszeitpunkt nicht nur den Teil des Nießbrauchswerts ab, der bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für die Anteilsschenkung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. vom Abzug ausgeschlossen war. Entgegen der Entscheidung der Vorinstanz ließ er darüber hinaus den Teil des Nießbrauchswerts zum Abzug zu, der seinerzeit aufgrund der teilweise schenkungsteuerlich begünstigten Betriebsvermögensübertragung der Abzugsbeschränkung des § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG unterlegen hatte.

Doppelerfassung verstößt gegen das Bereicherungsprinzip

Zur Begründung für den Abzug des nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. ausgeschlossenen Wertes führte der BFH an, dass mit einer Nichtberücksichtigung als Abzugsposten sowohl bei der Schenkung als auch beim späteren Verzicht eine dem Bereicherungsprinzip widersprechende Doppelerfassung verbunden sei. Das in § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG verankerte Bereicherungsprinzip gebiete jedoch die Besteuerung der (Netto-) Bereicherung des Erwerbers und schließe eine mehrfache steuerliche Erfassung eines Vermögenszuwachses aus.

Doppelerfassung auch des nach § 10 Abs. 6 ErbStG gekürzten Teils?

Bei der Frage, wie mit dem aufgrund der partiellen Steuerbefreiung gekürzten Nießbrauchswert im Zeitpunkt der Verzichtsbesteuerung zu verfahren sei, wich der BFH jedoch von der Ansicht des FG ab. Das FG hatte entschieden, eine Doppelerfassung könne nur insoweit vorliegen, als der Nießbrauch bei der Anteilsschenkung steuerlich tatsächlich belastet worden sei. Der Nießbrauch sei jedoch steuerlich nicht erfasst, soweit er auf das steuerfreie Vermögen entfallen sei.

Der BFH hielt die Differenzierung zwischen der Bruttobesteuerung nach § 25 ErbStG a.F. und dem Abzugsverbot aufgrund steuerlicher Freistellung nach § 10 Abs. 6 ErbStG für nicht überzeugend. Vielmehr werde das Recht zur Besteuerung des Nießbrauchsverzichts durch beide Abzugsbeschränkungen gleichermaßen verbraucht.

Im Hinblick auf die schenkungsteuerliche Grundfrage nach der objektiven Bereicherung ist diese Ansicht des BFH konsequent. Denn die gesetzgeberische Entscheidung, bestimmte Vermögenswerte zu begünstigen (und damit verbundene Lasten nur beschränkt zum Abzug zuzulassen), hat keinen Zusammenhang mit der tatsächlichen Bereicherung des Bedachten.

Fazit

Auch wenn die Entscheidung des BFH noch zum ErbStG a.F. ergangen ist, dürften die angesprochenen Fragen bei einer Vielzahl von Fällen, in denen heute ein Nießbrauchsverzicht in Betracht gezogen wird, wegen der regelmäßig langen Laufzeiten von Nießbrauchsrechten relevant sein. Idealerweise jedoch wird die Quote des Nießbrauchs von vornherein so bemessen, dass sich ein späterer Verzicht jedenfalls nicht aus finanziellen Gründen aufdrängt. Fällt der Nießbrauch schließlich durch den Tod des Berechtigten weg, ist dies nicht steuerbar (innerhalb der Fristen des § 14 Abs. 2 BewG kommt es jedoch zu einer Berichtigung der Schenkungsteuerfestsetzung).

Kommentare sind geschlossen.