Am 24.10.2014 hat der Finanzausschuss seine Stellungnahme zu dem Regierungsentwurf eines Zollkodexanpassungsgesetzes an den Bundesrat übermittelt (vgl. BR-Drucks. 432/1/14). Der Finanzausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf um „Maßnahmen zur Neutralisierung der Effekte hybrider Steuergestaltungen“ zu ergänzen. Inhaltlich orientiert sich der Vorschlag des Finanzausschusses an dem am 16.09.2014 von der OECD veröffentlichten Maßnahmenkatalog im Rahmen der OECD-Initiative Base Erosion and Profit Shifting (BEPS). In Nr. 2 des Maßnahmenkatalogs werden die nationalen Gesetzgeber zu einer Änderung ihrer nationalen Rechtsvorschriften aufgefordert, um eine doppelte Nichtbesteuerung von Einkünften bzw. den doppelten Betriebsausgabenabzug im Zusammenhang mit sog. hybriden Gestaltungen zu verhindern. Die Empfehlungen des Finanzausschusses gehen jedoch über die von der OECD geforderten Maßnahmen hinaus. Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung noch vereinbart, vor Abschluss der für Ende 2015 erwarteten Arbeiten auf Ebene der OECD keine nationalen Maßnahmen zu treffen.
Neue Betriebsausgabenabzugsverbote mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2014
Der Finanzausschuss schlägt dem Bundesrat vor, § 4 EStG um einen Abs. 5a zu ergänzen, um der Nichtbesteuerung von Einkünften bzw. einem doppelten Betriebsausgabenabzug bei der Ermittlung der Gewinneinkünfte entgegenzuwirken. Sollte sich der Bundesrat den Vorschlägen des Finanzausschusses anschließen (abschließend soll der Bundesrat nach den derzeitigen Planungen am 19.12.2014 entscheiden) und das Gesetz noch in 2014 verkündet werden, würden die Betriebsausgabenabzugsverbote – bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr – bereits mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2014 gelten (§ 52 Abs. 6 Satz 10 EStG-E sieht die erstmalige Anwendung des § 4 Abs. 5a EStG-E für Wirtschaftsjahre vor, die nach dem Tag der Verkündung des Gesetzes enden). Dies ist insoweit problematisch, als der tatsächliche Regelungsbereich des § 4 Abs. 5a EStG-E nur vordergründig (grenzüberschreitende) hybride Finanzierungen erfasst. Tatsächlich ist der Anwendungsbereich der Vorschrift deutlich weitergehender.
Betriebsausgabenabzugsverbot im Fall der Nichtbesteuerung von Einnahmen beim Empfänger
Gemäß § 4 Abs. 5a Satz 1 EStG-E sollen Aufwendungen dann nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig sein, soweit sie bei dem unmittelbaren oder mittelbaren Empfänger nicht als Einnahmen in der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt werden oder einer Steuerbefreiung unterliegen, weil das zugrundeliegende Rechtsverhältnis bei der Besteuerung des Leistenden und des Empfängers nicht einheitlich als Fremdkapitalüberlassung behandelt wird.
Durch § 4 Abs. 5a Satz 1 EStG-E soll – ohne Beschränkung auf Konzernsachverhalte – verhindert werden, dass der steuerwirksamen Berücksichtigung durch ein „Rechtsverhältnis“ begründeter Betriebsausgaben in Deutschland, steuerbefreite oder nichtbesteuerte Einnahmen auf Ebene des Empfängers gegenüberstehen. Der vom Finanzausschuss beschriebene Effekt kann bei der grenzüberschreitenden Besteuerung sog. hybrider Finanzinstrumente auftreten. Angesprochen sind vor allem Unternehmensanleihen sowie Instrumente zur Stärkung des Kernkapitals von Banken gem. Art. 51 ff. CRR (vgl. BMF-Schreiben an den Bundesverband deutscher Banken vom 10.04.2014). Unternehmensanleihen können so ausgestaltet werden, dass die von der Emittentin an die Anleihegläubiger gezahlten Vergütungen (vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 4h EStG i.V.m. § 8a KStG) als Entgelt für die Überlassung von Fremdkapital steuerlich als Betriebsausgabe abzugsfähig sind. Ist der Anleihegläubiger nicht in Deutschland ansässig, ist nicht auszuschließen, dass der andere Staat das „Rechtsverhältnis“ ggf. als Überlassung von Eigenkapital einstuft und die darauf entfallenden Vergütungen als (steuerfreie) Dividendenausschüttungen qualifiziert (gem. § 50d Abs. 9 Satz 2 EStG steht einem in Deutschland ansässigen Anleihegläubiger in einem solchen Fall die DBA-Freistellung dann nicht zu).
Der § 4 Abs. 5a Satz 1 EStG-E dürfte die Unternehmensfinanzierung durch die Emission von Unternehmensanleihen zukünftig erheblich erschweren. So müsste der Emittent einer Unternehmensanleihe für den steuerwirksamen Abzug an die Anleihegläubiger gezahlter Vergütungen den Nachweis einer korrespondierenden steuerlichen Qualifikation der Vergütungen bei dem unmittelbaren und mittelbaren Empfänger und der Besteuerung der Vergütungen erbringen. Dies dürfte bei am „freien Markt“ vertrieben Anleihen nahezu unmöglich sein.
Betriebsausgabenabzugsverbot bei steuerwirksamer Berücksichtigung der Aufwendungen in einem anderen Staat
Gemäß § 4a Abs. 5a Satz 2 EStG-E sollen die einer Betriebsausgabe zugrunde liegenden Aufwendungen nur abziehbar sein, soweit die nämlichen Aufwendungen nicht in einem anderen Staat die Steuerbemessungsgrundlage mindern. Im Blick hat der Gesetzgeber vor allem die Finanzierung inländischer Personengesellschaften durch im Ausland ansässige Gesellschafter: Verhindert werden soll ein doppelter Betriebsausgabenabzug durch steuerwirksame Berücksichtigung der Finanzierungsaufwendungen als Sonderbetriebsausgaben (im Rahmen der Zinsschranke) in Deutschland und steuerwirksame Berücksichtigung der Aufwendung auf Gesellschafterebene im Ausland, weil die ausländische Rechtsordnung das Rechtsinstitut des Sonderbetriebsvermögens nicht kennt. In systematischer Hinsicht würde aus § 4a Abs. 5a Satz 2 EStG-E ein weiteres Betriebsausgabenabzugsverbot für Finanzierungsaufwendungen resultieren, dass in systematischer Hinsicht den aus der Zinsschranke resultierenden Abzugsbeschränkungen vorrangehen würde.
Überschießender Regelungsgehalt des § 4 Abs. 5a EStG-E
Die derzeit geplante Fassung des § 4 Abs. 5a EStG-E ist in ihrem Regelungsgehalt deutlich überschießend. Die geplante Gesetzesfassung geht über die von der OECD geforderten Maßnahmen deutlich hinaus. So fehlt es beispielsweise an einer Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Konzernsachverhalte. Die Umsetzung des § 4 Abs. 5a EStG-E würde die Finanzierung inländischer Unternehmen durch Steuerausländer erheblich erschweren, bestehende Finanzierungsstrukturen müssten angepasst werden.