Unentgeltliche Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft zu Buchwerten

StB Dipl.-Kfm. Dipl.-Bw. (FH) Henrik Sundheimer, LL.M., KPMG AG, Köln

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Die Übertragung eines Wirtschaftsguts gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG hat zu Buchwerten zu erfolgen, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Sofern das übertragene Wirtschaftsgut jedoch innerhalb einer dreijährigen Sperrfrist nach Abgabe der Steuererklärung (§ 6 Abs. 5 Satz 4 Halbs. 2 EStG) veräußert oder entnommen wird, ist nach § 6 Abs. 5 Satz 4 Halbs. 1 EStG rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen, es sei denn, die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven sind durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet worden. Zur Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG hat der BFH hat mit seinem Urteil vom 26. Juni 2014 (IV R 31/12, DB 2014 S. 2565) Stellung bezogen.

Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Fall ging es um eine GmbH & Co. KG. Komplementärin der KG war die kapitalmäßig nicht beteiligte A-GmbH. Alleiniger Kommanditist und Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH war K. Im Streitjahr brachte K ein seinem Sonderbetriebsvermögen zugeordnetes Grundstück zum Buchwert in das Gesamthandsvermögen der KG ein. Die Einbringung des Grundbesitzes erfolgte ohne Gegenleistung. Die KG veräußerte das Grundstück an einen fremden Dritten mit Wirkung im Folgejahr.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass durch die Veräußerung des Grundstücks die Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG verletzt sei. Insofern sei rückwirkend der Teilwert in Höhe des Kaufpreises anzusetzen. Hiergegen wehrte sich die KG im Einspruchsverfahren mit der Begründung, dass eine schädliche Verwendung nur dann vorliege, wenn stille Reserven auf andere Gesellschafter übergingen. Dies sei bei einer Einmann-GmbH & Co. KG gerade nicht der Fall, so dass auch keine Notwendigkeit der Aufstellung einer negativen Ergänzungsbilanz bestünde.

Bestätigung der Rechtsprechung des I. Senats

Der IV. Senat des BFH bestätigt die vom I. Senat (Urteil vom 31. Juli 2013 – I R 44/12, DB 2013 S. 2480) zu § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG vertretene Auffassung der teleologischen Reduktion von § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG auch für § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG. Dabei stellt er für die Anwendung der Sperrfristverletzung – ebenso wie der I. Senat – auf den Zweck des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG und den Willen des Gesetzgebers ab – Verwirklichung des Subjektsteuerprinzips – und kommt zu dem Ergebnis, dass die Regelung im Wege der teleologischen Reduktion zu beschränken ist und damit auf solche Vermögensübertragungen keine Anwendung findet, die Ein-Personen-Mitunternehmerschaften betreffen.

Zugrunde zu legender Entnahmebegriff

Die h.M. in der Literatur (vgl. stellvertretend Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 2013, § 9 Rn. 361) spricht sich mittlerweile für einen engen Betriebsbegriff aus. Danach erfüllen Überführungen nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG den Entnahmetatbestand i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG. Im Falle von Übertragungen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG erfährt der enge Betriebsbegriff nach h.M. in der Literatur (vgl. stellvertretend Bode, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 93a) jedoch eine Einschränkung, da der Betrieb der Personengesellschaft auch das Sonderbetriebsvermögen der jeweiligen Mitunternehmer umfasst, so dass eine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht vorliegt. Diese Auffassung bestätigte der IV. Senat bereits in einem vorangegangenen Urteil. Demnach ist bei Personengesellschaften ein zivilrechtlicher Rechtsträgerwechsel (Übertragung) ohne gleichzeitige Entnahme denkbar (vgl. BFH vom 19. September 2012 – IV R 11/12, DB 2012 S. 2376). Im vorliegenden Urteil hält der IV. Senat an dieser Rechtsprechung ausdrücklich fest.

Subjektsteuerprinzip – Teleologische Reduktion von § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG

Nach Auffassung des IV. Senats gelten die vom I. Senat für eine teleologische Reduktion des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG aufgeführten Gründe – Verwirklichung des Subjektsteuerprinzips als Zweck des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG und Willen des Gesetzgebers, d.h., dass jedes Steuersubjekt sein eigenes erwirtschaftetes Einkommen zu versteuern hat (vgl. z.B. BFH vom 15. April 2010 – IV B 105/09, DB 2010 S. 1155) – auch für Übertragungsvorgänge nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG, soweit die zum Zeitpunkt der Übertragung vorhandenen stillen Reserven dem weiterhin alleinig am Vermögen und Ergebnis beteiligten Gesellschafter zuzurechnen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob die Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich erfolgt. Damit weichen beide Senate – mit identischer Begründung – von der Auffassung der Finanzverwaltung ab (vgl. R 6.15 EStR 2012; BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2011, BStBl. I 2011 S. 1279 = DB 2011 S. 2880, Rn. 26). Da die Verwirklichung des Subjektsteuerprinzips im vorliegenden Fall über die Aufdeckung der stillen Reserven in Form der Veräußerung erreicht wird, erübrigt sich die Frage nach der Notwendigkeit der Aufstellung einer Ergänzungsbilanz nach Auffassung des IV. Senats auch bei einer Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG. Aus diesem Grund ist der Senat nicht darauf eingegangen, ob dem übertragenden Gesellschafter einer Ein-Personen-Mitunternehmerschaft das Aufstellen einer Ergänzungsbilanz im Hinblick auf eine mögliche, dem Wirtschaftsguttransfer und Rechtsträgerwechsel nachfolgende Änderung der Beteiligungsverhältnisse zu verwehren ist.

Hinweise für die Praxis

Das Urteil bestätigt die Rechtsprechung des I. Senats. Das vom I. und IV. Senat dargelegte Ergebnis lässt sich mit der Verwirklichung des Subjektsteuerprinzips begründen. Die von der Finanzverwaltung vertretene gegenteilige Auffassung ist rechtswidrig (vgl. Prinz, FR 2012 S. 727). Insofern sollten abweichende Einkommensteuerbescheide durch Einspruch offen gehalten werden.

Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die Erstellung einer Ergänzungsbilanz auch bei einer Ein-Personen-Mitunternehmerschaft sinnvoll sein kann, z.B. bei der geplanten Aufnahme eines weiteren Mitunternehmers. Denn nur so kann in diesem Fall sichergestellt werden, dass die stillen Reserven auch dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet werden können, so dass der Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG erfüllt ist (vgl. Prinz, FR 2012 S. 727).

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