Die Frage, ob Anteile einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG als zur „kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben“ gelten, ist aufgrund der weitreichenden Auswirkungen auf die Behandlung der entsprechenden Beteiligungserträge immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Werden die Anteile von einem Finanzunternehmen (z.B. einer Holdinggesellschaft) mit kurzfristiger Eigenhandelsabsicht erworben, sind Veräußerungsgewinne in voller Höhe steuerpflichtig und Veräußerungsverluste entsprechend vollständig abzugsfähig. Im Einklang mit früherer BFH-Rechtsprechung und zahlreichen Stimmen in der Literatur hat das FG Münster in der kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom 11.02.2015 (9 K 806/13 K) erneut unterstrichen, dass die Bilanzierung der Anteile im Anlagevermögen als wesentliches Indiz gegen die Absicht zur Erzielung eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs einzustufen ist.
Sachverhalt
Gegenstand der Entscheidung des FG Münster bildet die Frage, ob Verluste aus Aktienveräußerungen der Klägerin, einer GmbH, im Streitjahr 2008 aufgrund von § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG steuerwirksam zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin betrieb zunächst mit sehr beschränktem Verwaltungsaufwand Vermietungstätigkeiten, die jedoch ab 2005 zunehmend gegenüber ihren Wertpapiergeschäften in den Hintergrund traten, bis die Vermietung in 2008 schließlich gänzlich auf eine andere Gruppengesellschaft übertragen wurde. Die Wertpapiere wurden dabei durch die Klägerin zunächst im Anlagevermögen bilanziert. Erst ab 2010 wurden die noch vorhandenen Aktien aufgrund entsprechender Betriebsprüfungsfeststellungen bei einer anderen Gruppengesellschaft als Umlaufvermögen umgewidmet.
Die Klägerin begehrte eine Berücksichtigung der in 2008 erlittenen Veräußerungsverluste, da die Zuordnung der Anteile zum Anlagevermögen unzutreffend gewesen sei und eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht gemäß § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG bestanden habe. Das zuständige Finanzamt teilte diese Rechtsauffassung jedoch nicht und behandelte die Verluste – wie ursprünglich durch den Steuerpflichtigen erklärt – gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG als nicht abzugsfähig.
Zwischen den Parteien war unstreitig, dass die GmbH im Streitjahr als Finanzunternehmen anzusehen war. Entsprechend § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG wären die Veräußerungsverluste daher steuerlich zu berücksichtigen, wenn im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile die Absicht zur Erzielung eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs bestanden hätte.
Entscheidung des FG Münster
In Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung stufte das FG Münster die Bilanzierung der Aktien im Anlagevermögen als starkes Indiz gegen das Vorliegen einer kurzfristigen Eigenhandelsabsicht im Erwerbszeitpunkt ein. Hieran könne auch eine spätere Änderung der Absicht oder unterjährige Veräußerungen eines geringen Teils der Aktien nichts ändern. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, da der Geschäftsführer der GmbH selbst Steuerberater ist und die Jahresabschlüsse der Gesellschaft als Steuerberater selbst erstellt hat.
Andere von der Klägerin angeführte Aspekte, z.B. die Dokumentation der Geschäftsvorfälle in Form einer besonderen Ablagesystematik getrennt nach einzelnen Aktien, die Dokumentation von Tageskursen, die Beschränkung auf den Erwerb von Streubesitzaktien sowie die Eröffnung eines Online-Depots, konnten das FG Münster auch nicht von einer objektiv unzutreffenden Bilanzierung im Anlagevermögen überzeugen. Für das FG Münster war ausschlaggebend, dass die angeführten Aspekte keine spezifischen Rückschlüsse auf die angestrebte Haltedauer im Erwerbszeitpunkt zulassen.
Bezüglich der wenigen unterjährig veräußerten Aktien wurden durch die Klägerin keine besonderen Umstände vorgetragen, sodass für diese keine abweichende Beurteilung gelte, da eine retrospektive Beurteilung hinsichtlich der Haltedauer unmaßgeblich sei.
Stellungnahme
Das FG Münster stuft den Bilanzausweis im Erwerbszeitpunkt als bestimmendes Indiz für oder gegen das Vorliegen einer subjektiven kurzfristigen Eigenhandelsabsicht im Zeitpunkt des Anteilserwerbs ein. Damit schließt sich das Gericht der Rechtsprechung des BFH (vgl. nur BFH vom 12.10.2011 – I R 4/11, DB0468068) und der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF vom 25.07.2002, BStBl. I 2002 S. 712, DB0014551) an, wonach der Steuerpflichtige grundsätzlich an eine einmal getroffene Zuordnungsentscheidung gebunden sei. Dies ist zutreffend, da entsprechend des insoweit eindeutigen Gesetzeswortlauts auf die subjektive Absicht im Erwerbszeitpunkt abzustellen ist (vgl. BFH vom 26.10.2011 – I R 17/11, DB0467545).
Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Bilanzierung im Zugangszeitpunkt objektiv unzutreffend war. Der Streitfall verdeutlicht, dass an einen solchen Nachweis durch die Rechtsprechung hohe Anforderungen gestellt werden und daher durch den Steuerpflichtigen im Fall einer anfänglich unzutreffenden Bilanzierung umfangreiche Nachweise vorzuhalten sind.