Die steuerlichen Folgen sog. Management-Beteiligungsprogramme stellen eine stete Quelle für Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung dar. Dies verdeutlicht die am 03.08.2015 veröffentlichte Entscheidung des FG Köln vom 20.05.2015 (3 K 3253/11), die zu der Frage ergangen ist, ob der Gewinn eines Arbeitnehmers aus der Veräußerung einer zu marktüblichen Konditionen erworbenen Beteiligung an einer „Management-Beteiligungs-GbR“, zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) zählt.
Beteiligung des Klägers an der Management-Beteiligungs-GbR
Im Streitfall hatte sich der Kläger im Rahmen eines Management-Beteiligungsprogramms im Jahr 2003 an dem Unternehmen des Arbeitgebers beteiligt. Dies erfolgte durch den Erwerb von Anteilen an einer von dem Arbeitgeber initiierten (vermögensverwaltenden) GbR, die Anteile an dem Unternehmen des Arbeitgebers hielt. Der im Zuge der Beteiligung des Klägers an der GbR abgeschlossene Beteiligungsvertrag sah u.a. das Ausscheiden des Klägers aus der GbR im Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses vor.
Der Kläger konnte seinen Anteil an der GbR und damit die mittelbar an dem Unternehmen des Arbeitgebers gehaltene Beteiligung bereits im Jahr 2004 (Streitjahr) mit einem hohen Gewinn veräußern.
Beurteilung des Beteiligungsprogramms durch die Finanzverwaltung
Hinsichtlich der steuerlichen Folgen des Beteiligungsprogramms war zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die von der GbR gehaltenen Anteile an dem Unternehmen des Arbeitgebers dem Kläger – entsprechend seiner Beteiligungsquote an der GbR – steuerlich zuzurechnen waren (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) und dass der Erwerb der Anteile zu einem marktüblichen Entgelt erfolgt ist.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers stufte das Finanzamt den Veräußerungsgewinn nicht als außerhalb der Spekulationsfrist (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F.) erzielten Veräußerungsgewinn, sondern als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) ein. Dies begründete das Finanzamt im Wesentlichen damit, dass die Beteiligung des Klägers an der GbR zu „Anreiz-Lohn“ geführt habe und daher durch das Dienstverhältnis veranlasst sei. Die Veranlassung durch das Dienstverhältnis werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erwerb der Beteiligung zu einem fremdüblichen Kaufpreis erfolgt sei. Das Finanzamt hat sich wohl daran gestört, dass der Kläger einen erheblichen Veräußerungsgewinn (kurz nach Ablauf der Spekulationsfrist) steuerfrei vereinnahmen konnte (im System der Abgeltungsteuer wäre der Fiskus allerdings nicht leer ausgegangen).
Von dem Dienstverhältnis unabhängiges Sonderrechtsverhältnis
Der Streitfall betrifft die Frage, ob der von dem Kläger erzielte Vorteil aus dem Management-Beteiligungsprogramm (hier in Form des Gewinns aus der Veräußerung der Beteiligung an der GbR) durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und damit voll steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, oder ob der Vorteil auf einem von dem Dienstverhältnis unabhängigen Sonderrechtsverhältnis beruht, das zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt oder nicht steuerbar ist. Die Frage nach einem geldwerten Vorteil aufgrund der verbilligten Überlassung der Beteiligung an der GbR durch den Arbeitgeber stellte sich aufgrund der Vereinbarung eines marktüblichen Kaufpreises hingegen nicht.
Ausgehend von den durch die BFH-Rechtsprechung geprägten Kriterien eines von dem Dienstverhältnis unabhängigen Sonderrechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (vgl. u.a. BFH vom 30.06.2011 – VI R 80/10, DB0458525), ist das FG Köln – anhand einer Beurteilung des Gesamtbildes der Verhältnisse – zu dem m.E. zutreffenden Ergebnis gelangt, dass der von dem Kläger erzielte Veräußerungsgewinn nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zählt.
Dabei war für das FG Köln entscheidungserheblich, dass der Kläger die Beteiligung an der GbR zu einem marktüblichen Entgelt erworben hat und dass der Beteiligung eine von dem Dienstverhältnis unabhängige Vereinbarung zugrunde lag. Damit hat der Kläger wie ein fremder Dritter eine Kapitalbeteiligung erworben, gehalten und veräußert. Zudem lag auch das wirtschaftliche Risiko in Bezug auf die zukünftige Wertentwicklung der Beteiligung beim Kläger. Unter diesem Aspekt reduziert sich der aus dem Dienstverhältnis resultierende Vorteil allein auf die durch den Arbeitgeber eingeräumte Möglichkeit zur Teilnahme an dem Beteiligungsprogramm. Sämtliche ab dem Erwerb der Beteiligung erzielten Wertsteigerungen sind dann aber nicht durch das Dienstverhältnis, sondern ausschließlich durch das Sonderrechtsverhältnis (Beteiligung an der GbR) veranlasst und können damit nicht zu Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit führen.
Die Annahme eines Sonderrechtsverhältnisses wird hingegen – entgegen der Rechtsauffassung des Finanzamts – nicht dadurch ausgeschlossen, dass allein Arbeitnehmern die Möglichkeit zu einem Beteiligungserwerb eingeräumt wurde. Denn würde es hierauf ankommen, wäre jede Form der Mitarbeiterbeteiligung per se durch das Dienstverhältnis veranlasst. Unter diesem Aspekt steht der Annahme eines Sonderrechtsverhältnisses auch nicht entgegen, dass die Beteiligung an der GbR voraussetzt, dass der Kläger weiterhin in einem Dienstverhältnis mit dem Arbeitgeber steht.
Erhebliche Unsicherheiten bei der rechtssicheren Ausgestaltung von Beteiligungsprogrammen
Die Entscheidung des FG Köln verdeutlicht, dass die steuerlichen Folgen eines Beteiligungsprogramms – aufgrund der Maßgeblichkeit des Gesamtbildes der Verhältnisse – mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind (aus Arbeitgebersicht geht es dabei auch um die Vermeidung einer Lohnsteuerhaftung). Der Entscheidung lassen sich – mit unterschiedlichem Gewicht – u.a. folgende Anhaltspunkte für die Begründung einer eigenständigen, neben dem Dienstverhältnis stehenden Einkunftsquelle entnehmen:
- Abschluss einer von dem Dienstverhältnis unabhängigen vertraglichen Vereinbarung,
- Dokumentation der Fremdüblichkeit des Kaufpreises für die von dem Arbeitnehmer erworbenen Anteile,
- Sicherstellung des wirtschaftlichen Eigentums des Arbeitnehmers an den Anteilen; dies kann aufgrund weitreichender vertraglicher Verfügungsbeschränkungen fraglich sein.
Das Verfahren wird unter dem Az. VI R 40/15 als Revisionsverfahren weitergeführt, so dass der BFH erneut Gelegenheit erhält, zu den Kriterien eines Sonderrechtsverhältnisses Stellung zu nehmen.