In einem aktuell veröffentlichten Urteil (BFH vom 15.04.2015 – V R 46/13, DB 2015 S. 1999) äußert sich der BFH zur umsatzsteuerlichen Behandlung typischer Themen bei gewerblicher Vermietung: (Teil-)Option, Vorsteuerabzug und Mietgarantie. Deshalb lohnt es sich, die Entscheidung genauer zu betrachten. Darüber hinaus kommt der steuerlichen Behandlung von Mietgarantien generell eine steigende praktische Bedeutung zu.
Urteilsfall
Die Klägerin mietete als Generalzwischenmieterin die „R-Passage“, ein von den Endmietern gemischt genutztes Gewerbeobjekt. Die Gesamtmiete setzte sich aus der pauschalen Nettomiete zzgl. Nebenkosten und der Umsatzsteuer für die steuerpflichtig vermieteten Gebäudeteile zusammen. Dabei wurde auch für die Vermietung der nicht von Endmietern genutzten Leerstandsflächen im Generalmietvertrag von der Eigentümerin zur Umsatzsteuer optiert. Für die bei Vertragsschluss leer stehenden Flächen sah eine Zusatzvereinbarung (vom Gericht als „Mietgarantie“ bezeichnet) zunächst vor, dass die Klägerin nur insoweit zur Mietzahlung verpflichtet war, als die Leerflächen zukünftig vermietet werden konnten. Diese Vereinbarung wurde später aufgehoben, so dass auch Miete für Leerflächen geschuldet wurde. Für die Aufhebung der „Mietgarantie“ erhielt die Klägerin vereinbarungsgemäß eine Einmalzahlung von 115.000 € zzgl. Umsatzsteuer, die sie der Vermieterin im Folgejahr entsprechend in Rechnung stellte. In ihrer Umsatzsteuererklärung brachte die Klägerin Vorsteuerbeträge aus Mietaufwendungen in Abzug, die einer Vorsteuerquote von 71 Prozent entsprachen. Die Betriebsprüfung erkannte unter Hinweis auf den Vorrang des Flächenschlüssels (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG) nur eine Quote von 61 Prozent an. Leer stehende Flächen seien hierbei entsprechend ihrer letztmaligen Nutzung vor dem Leerstand den steuerpflichtig bzw. steuerfrei vermieteten Gebäudeteilen zuzuordnen. Das Finanzgericht wies die gegen die Kürzung der geltend gemachten Vorsteuern und die Umsatzbesteuerung der Einmalzahlung erhobene Klage als unbegründet ab.
BFH: Vorsteuern nach Maßgabe der Wirksamkeit der Teiloption abzugsfähig
Zunächst bestätigte der BFH seine bisherige Rechtsprechung, dass in erweiternder Auslegung des Wortlauts in § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG im Mietverhältnis (hier im Generalmietvertrag) eine Teiloption bzgl. eindeutig abgrenzbarer Bereiche der Mietsache (hier einzelne Ladeneinheiten) zulässig sei, wenn jeweils deren ausschließliche Verwendung zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger (Ausgangs-)Umsätze nachweisbar ist. Dies war vorliegend durch die Verträge mit den Endmietern der Fall.
Weiterhin schloss sich der BFH dem Finanzgericht insoweit an, dass bzgl. der leer stehenden Flächen, die Absicht des Zwischenvermieters zur steuerpflichtigen Weitervermietung durch konkrete, objektive Anhaltspunkte belegt werden muss. Anderenfalls komme der letzten Nutzung vor dem Leerstand (die vorliegend teils umsatzsteuerfrei erfolgte) Indizwirkung für die Verwendungsabsicht zu, da Bauweise und Ausstattung in der Regel auf die letzte Verwendung zugeschnitten seien. Damit sei die Option im Generalmietvertrag bzgl. der zuvor umsatzsteuerfrei und jetzt leer stehenden Flächen unwirksam und die Umsatzsteuer auf den diesbezüglichen Mietanteil zu Unrecht in der Mietrechnung ausgewiesen (§ 14c Abs. 1 UStG). Deshalb stehe der Klägerin insoweit auch kein Vorsteuerabzug zu.
Bezüglich der Umsatzsteuerpflichtigkeit der Ausgleichzahlung für den Mietgarantieverzicht urteilte der BFH, dass die Einräumung (und Aufhebung) eines Garantieversprechens eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG umsatzsteuerfreie Leistung sei, die aber gemäß § 9 Abs. 1 UStG optionsfähig sei. Mit Rechnungsstellung im Jahr nach der Aufhebung hatte die Klägerin wirksam und mit Rückwirkung optiert.
Praxishinweise
Das Urteil setzt die gesetzlichen Vorgaben systematisch zutreffend um. Der Umfang der Option ist vorab auf Ebene des Vermieters zu klären, um für den Zwischenmieter im nächsten Schritt den Vorsteuerabzug bestimmen zu können. Dabei kann auch für abgrenzbare Flächen (teil-)optiert werden. Bei „missglückter“ Option wird der Mieter eine korrigierte Rechnung (§ 14c Abs. 1 Satz 2 UStG) und die Rückzahlung der gezahlten Umsatzsteuer verlangen, so dass im Ergebnis „nur“ der Zinsschaden (§ 233a AO) aufgrund des unberechtigten Vorsteuerabzugs verbleibt. Auf die kontrovers diskutierte und dem EuGH jüngst vom BFH vorgelegte Frage, inwieweit Vorsteuerbeträge bzgl. eines gemischt genutzten Gebäudes nach dem Flächenschlüssel aufzuteilen sind oder zunächst eine Direktzuordnung entsprechend der Verwendung vorzunehmen ist (BFH vom 05.06.2014 – XI R 31/09, DB 2014 S. 1655; vgl. hierzu auch Müller, StR kompakt, DB0665526), kam es hier nicht an.
Vermietern ist zur Sicherung des Vorsteuerabzugs bezüglich Leerflächen zur ausführlichen Dokumentation der Verwendungsabsicht zu raten (insb. Mietinteressenten, Exposés, Maklerauftrag oder Eignung für gewerbliche Nutzung).
Die vom BFH angesprochenen Mietgarantien spielen auch bei Immobilientransaktionen aktuell eine immer größere Rolle. Immobilien werden zunehmend per Forward Deal in einem frühen Projektstadium an institutionelle Investoren veräußert. Regelmäßig übernimmt der Bauträger auch die Vermarktung hinsichtlich der bei der Übergabe noch unvermieteten Flächen für einen gewissen Zeitraum und gibt eine sog. (Erst-)Vermietungsgarantie ab. Bei der umsatz-, grunderwerb- und ertragsteuerlichen sowie der aufsichtsrechtlichen Behandlung ist dabei eine konsistente und für die Steuerpflichtigen auf Käufer- bzw. Verkäuferseite bestmögliche Ausgestaltung der Garantie im Kaufvertrag wichtig und erfordert die detaillierte Betrachtung jeden Einzelfalls.