Umsatzsteuer beim Asset Deal mit Immobilien: Neues vom BFH zum Erwerb vom Projektentwickler und zur Option

RA/StB Dipl.-Kfm. Sören Reckwardt, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

RA/StB Dipl.-Kfm. Sören Reckwardt, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Bei Immobilientransaktionen bereitet die Abgrenzung zwischen nicht umsatzsteuerbarer Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) und steuerbarer Grundstückslieferung insbesondere dann erhebliche Schwierigkeiten, wenn ein Projektentwickler an einen Bestandshalter verkauft und hierbei bereits Flächen vermietet sind. In einem jüngst veröffentlichten Urteil widmete sich der BFH (BFH vom 12.08.2015 – XI R 16/14, DB1187746) diesem Fall und sieht in Abweichung zur Finanzverwaltung die Voraussetzungen einer GiG unter bestimmten Bedingungen als erfüllt an. In einem weiteren Urteil entschied derselbe Senat des BFH (BFH vom 21.10.2015 – XI R 40/13, RS1187751), dass die Ausübung der Option zur Umsatzsteuerpflicht einer steuerbaren Grundstückslieferung nur im notariellen Kaufvertrag, nicht aber in einem – notariell beurkundeten – Nachtrag zum Kaufvertrag ausgeübt werden darf. Eine im Nachtrag ausgeübte Option sei unwirksam, so dass im Ergebnis eine umsatzsteuerfreie Veräußerung vorläge. Nachfolgend soll das erste Urteil etwas näher betrachtet werden.

Ausgangslage

Projektentwickler erwerben Grundstücke meist mit einer Objektgesellschaft bereits in Veräußerungsabsicht. Sie bebauen die Grunstücke oder sanieren Bestandsgebäude mit dem Ziel einer besseren Vermietbarkeit und eines maximalen Verkaufserlöses. Gerade institutionelle Käufer suchen bereits langfristig vermietete Immobilien, so dass die eigentliche Wertschaffung des Projektentwicklers oft im Vertragsabschluss mit einem attraktiven Mieter besteht.

Der Urteilsfall

In dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt hatte der Bauträger im Jahr 2001 ein später als Bürogebäudekomplex veräußertes Objekt erworben und zwei Jahre lang erweitert und saniert. Mit der Vermietung begann die Objektgesellschaft ab Februar 2003. Ende 2003 lag die Vermietungsquote bei 52 Prozent. Im Zeitpunkt der ersten Kontaktaufnahme mit der Käuferin – Oktober 2005 – waren für 80 Prozent der Fläche Mietverträge abgeschlossen. Bei Veräußerung im Januar 2006 – der BFH stellte hier etwas überraschend auf den Kaufvertragsabschluss ab, obwohl der Wechsel von Besitz, Nutzen und Lasten („Closing“) umsatzsteuerlich den Zeitpunkt der Leistung darstellt – war das Kaufobjekt zu 90 Prozent vermietet. Die Mietverhältnisse wurden von der Käuferin fortgeführt. Der Kaufvertrag behandelte die Veräußerung als steuerbare Grundstückslieferung nach § 1 Abs. 1 UStG, wobei der Verkäufer gemäß § 9 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 UStG zur Umsatzsteuer optierte. Die Käuferin als Steuerschuldnerin im Reverse-Charge-Verfahren berichtigte indes 2009 ihre Umsatzsteuererklärung. Sie behandelte den Grundstücksumsatz nunmehr als nicht steuerbare GiG. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte die Vorinstanz und beurteilte die Übertragung des vermieteten Bürogebäudekomplexes trotz der Bauträgereigenschaft und entgegen der Auffassung des Finanzamts als GiG.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Übertragung eines vermieteten Grundstücks als GiG (§ 1 Abs. 1a UStG) einzuordnen, wenn durch die mit dem Grundstückserwerb verbundene Übernahme der bestehenden Mietverträge ein Vermietungsunternehmen übernommen wird. Dies sei zwar einerseits grds. nicht der Fall, wenn die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter für die einzelnen Einheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund bereits erfolgter Vermietung teurer veräußern zu können. Die Annahme eines Vermietungsunternehmens scheitere aber andererseits nicht schon allein an der Bauträgereigenschaft. Vielmehr stellt der BFH auf die Nachhaltigkeit der Vermietungstätigkeit als entscheidendes Merkmal ab. Im Veräußerungszeitpunkt sei bereits seit über zwei Jahren über die Hälfte der Gesamtnutzfläche des Bürogebäudekomplexes vermietet gewesen. Dass bei Verkauf noch 10 Prozent leer standen, sei unwesentlich und für die Annahme eines Vermietungsunternehmens unschädlich. Auch der Einwand des Finanzamts, dass der Verkauf eine gewisse Vorlaufzeit benötigte, die der Veräußerer im Wege der Vermietung gewinnbringend genutzt habe, greife nicht durch.

Dass der Bauträger wie üblich von Beginn an beabsichtige, das Objekt nach dessen Fertigstellung zu veräußern, stehe einer GiG dann nicht entgegen, wenn er die erworbene Immobilie nach ihrer Sanierung zunächst über mehrere Jahre hält, sukzessive weitgehend vermietet und dann gewinnbringend zum „richtigen“ Zeitpunkt veräußert. So sei eine entsprechende bilanzielle Zuordnung des Objekts zum Umlaufvermögen nicht entscheidend für die umsatzsteuerliche Einordung. Der Bauträger schaffe mit zunehmender Dauer selbst einen auf Vermietung gerichteten unternehmerischen Nutzungszusammenhang, den er im Zuge der Veräußerung übertrage. Darüber hinaus komme es auch nicht darauf an, dass die Parteien im Kaufvertrag zunächst irrtümlicherweise von einer umsatzsteuerbaren Grundstückslieferung ausgingen.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist ein Schritt in die richtige Richtung, trägt allerdings nur bedingt zur Rechtssicherheit bei. So hat der BFH im Urteil ausdrücklich offen gelassen, ob bei einer nur 17 Monate währenden Vermietungsdauer und einer „von Anfang an mindestens gleichwertigen Verkaufsabsicht“ ebenfalls von einer GiG auszugehen ist. Dies hatte das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 12.11.2014 – 7 K 7283/12, EFG 2015 S. 334) zuvor verneint. Auch gegen diese Entscheidung ist mittlerweile ein Revisionsverfahren anhängig (V R 66/14), obgleich bei einem anderen Senat. Klarer umsatzsteuerbar sind demgegenüber sog. Forward Deals, bei denen der Kaufvertrag bereits während der Bauphase abgeschlossen wird und das Closing regelmäßig unverzüglich nach Fertigstellung und Einzug erfolgt.

Da keine eindeutigen Abgrenzungskriterien existieren, ist es weiterhin unabdingbar für den Fall des Nichtvorliegens einer GiG vorsorglich und unbedingt im Kaufvertrag zur Umsatzsteuer zu optieren. Denn mit seinem eingangs erwähnten zweiten Urteil (BFH vom 21.10.2015 – XI R 40/13, RS1187751) hat der BFH entschieden, dass eine im notariellen Nachtrag zum Kaufvertrag ausgeübte Option unwirksam sei. Diese überraschende und nicht überzeugend begründete Entscheidung erging bemerkenswerterweise entgegen der Ansicht von Finanzverwaltung, Vorinstanz und Literatur. Für bereits vollzogene Veräußerungen ist hierbei Vertrauensschutz gemäß § 176 AO denkbar.

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