Für international tätige Unternehmensgruppen gehört die Angemessenheit konzerninterner Verrechnungspreise regelmäßig zu den am intensivsten diskutierten Themen in steuerlichen Betriebsprüfungen. Die Schwerpunkte dieser Diskussionen haben sich in den letzten Jahren deutlich verschoben: weg von den Preisen für klassische Warenlieferungen und Dienstleistungen hin zur Verrechnung von immateriellen Wirtschaftsgütern. Dabei hat die Regelungsdichte für die Verrechnung solcher Wirtschaftsgüter dem Grunde und der Höhe nach in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Mitten in diese vielschichtige Diskussion fällt nun eine Entscheidung des BFH, der sich mit einem speziellen Aspekt in der Verrechnung immaterieller Wirtschaftsgüter zu beschäftigen hatte: Der unentgeltlichen Nutzung des Konzernnamens durch (ausländische) Tochtergesellschaften (BFH vom 21.01.2016 –
I R 22/14, DB 2016 S. 1169).
Namensnutzung ist nicht entgeltpflichtig
Mit seinem Urteil vom 21.01.2016 (a.a.O.) stellt der I. Senat des BFH klar, dass eine Namensnutzung im Konzern keine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG a.F. begründet, die den gewinnerhöhenden Ansatz eines Korrekturbetrags im Sinne von § 1 Abs. 1 AStG a.F. rechtfertigt.
Anlass für die Entscheidung war der Fall einer polnischen Kapitalgesellschaft, die technische Ausrüstung entwickelt und produziert. Ihr in Deutschland ansässiger Mehrheitsgesellschafter war Inhaber eines grafisch gestalteten und geschützten Markenzeichens (Logo), das die polnische Gesellschaft in ihrem Internetauftritt, auf Geschäftspapieren und Fahrzeugen verwendete, ohne hierfür ein Entgelt zu zahlen. Eine entsprechende Erlaubnis enthielt § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages: „Die Gesellschaft kann eine Abkürzung des Firmennamens (…) und ein sie auszeichnendes graphisches Zeichen gebrauchen.“
Die Regelung im Gesellschaftsvertrag interpretiert der BFH lediglich als eine Überlassung des Firmennamens. Ein solcher diene lediglich zur Unternehmensunterscheidung, so dass eine Überlassung keine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG a.F. darstelle und folglich hierfür auch kein Entgelt verrechnet werden könne. In der Konsequenz folgt der BFH damit auch der Auffassung der Finanzverwaltung, die das Recht, den Konzernnamen zu führen, dem sogenannten „Rückhalt im Konzern“ zuordnet und somit für nicht entgeltpflichtig hält (BMF-Schreiben vom 23.02.1983, BStBl. I 1983 S. 218 [Verwaltungsgrundsätze 1983], Tz. 6.3.2).
Abgrenzung zur Markennutzung – Bestätigung des BFH-Urteils vom 09.08.2000
Etwas anderes würde allerdings gelten, wenn der Tochtergesellschaft durch vertragliche Vereinbarung das Recht eingeräumt worden wäre, den Konzernnamen und das Firmenlogo als Warenzeichen für die im Gebiet verkauften oder zum Verkauf angebotenen Produkte zu nutzen und somit ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Namensrecht und produktbezogenem Markenrecht hergestellt würde. In diesem Fall könne die Überlassung des Markenrechts im Vordergrund stehen und insoweit insgesamt ein Entgelt für die Überlassung gefordert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass ein eigenständiger Wert für das Markenrecht festzustellen ist.
An dieser Stelle fallen die Ausführungen zur Begründung des aktuellen BFH-Urteils vergleichsweise knapp aus. Vielmehr wird auf die Entscheidung vom 09.08.2000 (I R 12/99, BStBl. II 2001 S. 140 = DB 2001 S. 176) verwiesen; insoweit sieht der Senat offenbar weder Korrektur- noch Konkretisierungsbedarf. Es lohnt sich also, vor dem Hintergrund des aktuellen Falls, einen näheren Blick in die seinerzeitige Begründung zu werfen. Hier hatte der BFH zur Frage des eigenständigen Wertes der Marke nicht allein auf eine tatsächlich eingetretene Absatzsteigerung bzw. Erhöhung des einschlägigen Marktanteils abgestellt. Vielmehr komme es darauf an, „ob die mit der Einräumung verbundenen besonderen und marktfähigen Schutzrechte geeignet sind, zur Absatzförderung beizutragen“.
Ergänzend stellte der BFH auch einige aus seiner Sicht bedeutsame Kriterien für die Prüfung des eigenständigen Wertes auf. So komme es z.B. an auf
- die erzielbaren Preise der unter den Markennamen vertriebenen Güter,
- den Bekanntheitsgrad der Marke,
- die weltweite oder regionale Präsenz,
- die Exportquote des einzelnen Konzernunternehmens sowie
- die Frage, wer den Wert der Marke geschaffen und wer die Aufwendungen für deren Begründung und dessen Erhalt getragen hat.
Nicht entscheidend soll dabei sein, auf welcher Absatzstufe das die Marke nutzende Unternehmen tätig ist. Vielmehr könne die Marke auch dann einen Eigenwert verkörpern, wenn sie gegenüber dem Endkonsumenten nicht eigenständig in Erscheinung trete, sondern lediglich im „B2B“-Geschäft verwendet werde. Die Bekanntheit beim Endkonsumenten könne dann allenfalls bei der Bewertung, nicht jedoch für die Verrechnung dem Grunde nach eine Rolle spielen.
Auswirkungen für die Praxis
Der Streit um die Verrechnung von (Dach-)Marken im Konzern wird mit der neuen Entscheidung des BFH nicht beendet sein. Der I. Senat hat seine mehr als 15 Jahre alte und von der Finanzverwaltung gerne zitierte Entscheidung (I R 12/99, a.a.O.) dem Grunde nach bestätigt. Er hat für den Streitfall entschieden, dass kein Recht auf Markennutzung eingeräumt wurde, sondern lediglich der Firmenname zur Nutzung überlassen wurde und somit keine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG a.F. vorliegt. Die vom BFH vorgenommene saubere Differenzierung zwischen dem Zweck der Unternehmensunterscheidung (Firmenname) einerseits und der Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen (Marke) andererseits ist für die Praxis allemal hilfreich, auch wenn die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann.
Als weitere wichtige Erkenntnis darf gewertet werden, dass der BFH seine Entscheidung insbesondere an den vertraglichen Regelungen der beteiligten Parteien festgemacht hat. Dass es im Streitfall unterschiedliche Vereinbarungen zur Nutzung des Firmennamens und zur Lizenzierung immaterieller Wirtschaftsgüter gab, war für den BFH ausreichend, um den Fall für entscheidungsreif zu halten und nicht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das FG zurück zu verweisen. Hätte es eines weiteren Beweises bedurft, dass in der Verrechnungspreis-Praxis eine saubere Dokumentation und Vertragsgestaltung das „A und O“ ist, hätte der BFH ihn mit dem vorliegenden Urteil geliefert.