BFH stellt Regelungen zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften klar

RA Stephan H. Schmidt, Dipl.-Fw. (FH), P+P Pöllath und Partners, München

RA Stephan H. Schmidt, Dipl.-Fw. (FH), P+P Pöllath und Partners, München

Mit Urteil vom 06.04.2016 (V R 6/14, DB 2016 S. 1412) hat der BFH klargestellt, inwieweit Holdinggesellschaften, die auch wirtschaftliche Leistungen an Tochtergesellschaften erbringen, einen Vorsteuerabzug aus Leistungen für die Einwerbung von Kapital und ähnlichen Aufwendungen geltend machen können.

Bisherige Entwicklung

Mit seinem Urteil vom 19.01.2016 (XI R 38/12, RS1195422; vgl. dazu Kaiser, Steuerboard vom 14.03.2016), das auf dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Larentia + Minerva des EuGH (EuGH vom 16.07.2015 – Rs. C-108/14 und C-109/14, DB 2015 S. 1696) basiert, hat der BFH grundlegend festgestellt, dass eine Holdinggesellschaft dann einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG geltend machen kann, wenn sie an ihre Tochtergesellschaften Geschäftsführungsdienstleistungen gegen Entgelt erbringt. Dies kann auch durch Eingriffe in die Verwaltung der Tochtergesellschaften z.B. durch Erbringung von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen geschehen.

Damit steht Holdinggesellschaften grundsätzlich ein Vorsteuerabzug zu, soweit sie entgeltliche Dienstleistungen erbringen. In seiner jetzigen Entscheidung beschäftigt sich der BFH mit der Frage, inwieweit Vorsteuerbeträge aus dem Einwerben von Kapital sowie Projektentwicklungsdienstleistungen bei Holdinggesellschaften abzugsfähig sind.

Sachverhalt

In dem entschiedenen Verfahren war die Klägerin ein geschlossener Fonds in Form einer Kommanditgesellschaft, die in forstwirtschaftliche Flächen investierte. Dies geschah über zwei Tochtergesellschaften. Eine Tochtergesellschaft hielt die forstwirtschaftlichen Flächen und eine zweite Gesellschaft mit einem Stammkapital von 10.000 USD war für die Aufforstung, Pflege und Ernte des Waldes verantwortlich.

Darüber hinaus erbrachte die Klägerin Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften. Dazu gehörten sowohl kaufmännische Dienstleistungen als auch Beratungsleistungen. Hierfür erhielt sie jeweils ein pauschales Entgelt von 10.000 EUR pro Jahr.

Im Jahr 2007 nahm die Klägerin Leistungen zur Projektentwicklung mit der Erstellung von Planungsrechnungen, der Realisierung des Anlageprojekts und eines Emissionsprospekts in Anspruch und machte die hierfür gezahlten Vorsteuern sowie die Vorsteuern aus Leistungen zur Vermittlung von weiteren Kommanditanteilen in voller Höhe geltend.

Die Klägerin hatte ein Gründungskommanditkapital von 862.500 EUR und warb bis Ende 2009 weiteres Kapital ein, so dass ein Kommanditkapital von 7.800.000 EUR erreicht wurde. Die Beteiligungen an den Tochtergesellschaften wurden mit ca. 1.100.000 EUR bilanziert.

Finanzamt und Finanzgericht versagen Vorsteuerabzug

Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug vollständig. Das Finanzgericht gab der Klage nur teilweise statt und ließ anstelle der geltend gemachten 90.798,57 EUR nur 11.664 EUR zum Abzug zu. Es ließ Vorsteuern insoweit zu, als diese direkt zu den Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften zuordenbar waren. Die Vorsteuerbeträge aus den Leistungen zur Projektentwicklung und dem Einwerben von weiterem Kommanditkapital versagte das Finanzgericht ebenfalls und ließ von den sonstigen Vorsteuern 15% zum Abzug zu.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat einen weitergehenden Vorsteuerabzug versagt und die Entscheidung des Finanzgerichts aufrechterhalten. Er stützt dieses darauf, dass die Leistungen für die Einwerbung von weiterem Kommanditkapital nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen, an deren Verwaltung die Klägerin teilnimmt, stehen.

Hierbei beruft sich der BFH vor allem darauf, dass die Beteiligungen schon vor dem Einwerben des weiteren Kommanditkapitals bestanden haben und die Höhe des weiteren Kommanditkapitals im Vergleich zu dem Stammkapital der Tochtergesellschaften und den bilanzierten Anschaffungskosten nicht erforderlich war.

Ebenso standen die Projektentwicklungskosten nach Ansicht des BFH auch im Zusammenhang mit der Ausgabe der neuen Kommanditanteile, so dass die auf diese Leistungen entfallende Vorsteuer ebenfalls nicht abzugsfähig war.

Die übrigen Vorsteuerbeträge waren nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. Das Finanzgericht hatte 15% dieser Vorsteuerbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung zum Abzug zugelassen und der BFH hat dies nicht beanstandet.

Die Frage, ob ein Vorsteuerabzug nur in Höhe der abzuführenden Umsatzsteuer möglich ist, sofern keine Investitions- oder Fehlmaßnahme vorliegt, hat der BFH wiederum offen gelassen.

Auswirkungen für die Praxis

Nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Larentia + Minerva und dem darauf folgenden Urteil des BFH glaubte man die Rechtslage als geklärt ansehen zu können. Es ist jedoch erstaunlich, dass der BFH nun bei geschäftsleitenden Holdinggesellschaften eine so genaue Untersuchung der Zuordnung der Eingangsleistungen vornimmt und damit faktisch die Rechtsprechung des EuGH aushebelt.

Mit diesem Urteil hat der BFH die Möglichkeit eines vollständigen Vorsteuerabzugs für Holdinggesellschaften beschränkt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Situation etwas spezifisch war, da das eingeworbene Kapital unverhältnismäßig hoch im Vergleich zu den getätigten Investitionen war und die Holdinggesellschaft Dienstleistungen nur in einem sehr geringen Umfang erbracht hat.

Damit eine Holddinggesellschaft den vollen Vorsteuerabzug geltend machen kann, sollte darauf geachtet werden, dass diese Dienstleistungen in einem ausreichenden Umfang an alle Tochtergesellschaften erbringt und bei einem Leistungsbezug für das Einwerben von Eigenkapital noch zumindest beabsichtigt, dieses zukünftig in neue Tochtergesellschaften, an deren Verwaltung sie teilnimmt, zu investieren.

Es bleibt abzuwarten, ob der BFH auf dieser restriktiven Linie bleibt oder bei einem anders gelagerten Fall einen weitergehenden Vorsteuerabzug gestattet.

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