Wenn ein steuerliches Änderungsgesetz den Zusatz „… und zur Änderung weiterer Gesetze“ trägt, ist vom Rechtsanwender höchste Aufmerksamkeit gefordert. Denn dahinter verbergen sich häufig wichtige Änderungen steuerlicher Vorschriften, die mit dem eigentlichen Gesetzestitel nur recht wenig gemein haben. Ähnlich verhält es sich mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen“ vom 13.07.2016 (vgl. hierzu die Meldung in DB). Der recht sperrige Gesetzestitel ist bereits für sich genommen wenig aussagekräftig. Es geht in der Hauptsache um ein erstes Umsetzungspaket von Ergebnissen des BEPS-Projekts, die die EU ihrerseits im Rahmen der Amtshilferichtlinie aufgegriffen hat. Das Gesetz wird deshalb häufig verkürzt als BEPS-Umsetzungsgesetz bezeichnet.
Mit den „weiteren Maßnahmen“ verhält es sich indes wie mit den „Änderungen weiterer Gesetze“. Der Gesetzgeber „versteckt“ hier gerne Maßnahmen, mit denen man angesichts des Gesetzestitels nicht unbedingt gerechnet hat. Dass hierzu auch positive zu beurteilende Änderungen gehören können, hat Kreft kürzlich an dieser Stelle zu der ebenfalls mit dem BEPS-Umsetzungsgesetz beabsichtigten Änderung der Regelungen zum kurzfristigen Eigenhandelserfolg dargelegt.
Daneben enthält das BEPS-Umsetzungsgesetz noch eine Änderung im Gewerbesteuergesetz, die aufgrund einer unschönen Verweistechnik nur schwer verständlich ist, in der Praxis aber weitreichende Folgen haben dürfte.
Zum Verständnis dieser Regelung ist es zunächst wichtig, darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber im Gewerbesteuerrecht eine zu erwartende Änderung vorgenommen hat: Er hat dem BFH-Urteil vom 11.03.2015 (I R 10/14, BStBl. II 2015 S. 1049 = DB 2015 S. 1077), wonach der Hinzurechnungsbetrag nicht zum inländischen Gewerbeertrag gehört (vgl. dazu den Blogbeitrag von Böing), den Boden entzogen. Aufgrund des Nichtanwendungserlasses zu diesem Urteil vom 14.12.2015 (BStBl. I 2015 S. S. 1090) ist das nicht überraschend.
Nach der Neuregelung gilt der Hinzurechnungsbetrag als in einer inländischen Betriebstätte angefallen (§ 7 Satz 7 GewStG-E). Dies soll – und das ist neu – auch für Einkünfte i.S.v. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG gelten (§ 7 Satz 8 GewStG-E). § 20 Abs. 2 AStG ist eine recht wenig bekannte Vorschrift, nach der eine etwaige DBA-Steuerbefreiung für ausländische Betriebstätteneinkünfte nicht gelten soll, wenn es sich dabei um niedrig besteuerte Einkünfte aus passivem Erwerb i.S.d. Bestimmungen über die Hinzurechnungsbesteuerung handelt. Für die Gewerbesteuer hatte diese Vorschrift bislang keine Bedeutung, weil ausländische Betriebstätteneinkünfte von vornherein nicht in den Gewerbeertrag gehören (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG).
Mit der Neuregelung sollen offenbar ausländische Betriebstätten gewerbesteuerlich einer Zwischengesellschaft gleichgestellt werden. Der Gesetzgeber geht dabei äußerst gründlich vor. Zum einen weist er darauf hin, dass die Fiktion auch dann gelte, wenn das einschlägige DBA keine Freistellung vorsieht oder überhaupt kein DBA abgeschlossen ist (§ 7 Satz 8 Hs. 2 GewStG-E), und schließt auch die entsprechende gewerbesteuerliche Kürzung aus (vgl. § 9 Nr. 3 Satz 1 Hs. 2 GewStG-E). Zum anderen schließt er die Kürzung von Gewinnanteilen aus einer ausländischen Mitunternehmerschaft aus, soweit diese auf entsprechende Einkünfte aus passivem Erwerb entfallen (§ 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG-E). Damit wird ein praktisch wichtiger Anwendungsfall des Ausschlusses ausländischer Betriebstätteneinkünfte aus dem (inländischen) Gewerbeertrag abgeschafft, ohne allerdings den umgekehrten Fall in § 8 Nr. 8 GewStG (Minderung der Hinzurechnung von Verlusten aus ausländischen Mitunternehmerschaften um negative Einkünfte aus passivem Erwerb) mit zu regeln.
Die Gleichsetzung ausländischer Betriebstätten mit Zwischengesellschaften ist indes systematisch unzutreffend. Die Hinzurechnungsbesteuerung soll ertragsteuerlich vor allem der Abschirmwirkung ausländischer Kapitalgesellschaften entgegenwirken. Etwas derartiges gibt es bei Betriebstätteneinkünften nicht. Allenfalls aufgrund einer DBA-Freistellung könnte eine vergleichbare Abschirmwirkung erzielt werden, was aber durch § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG gerade vermieden wird. Bei der Gewerbesteuer gilt aber von vornherein ein strenges Inlandsprinzip. Ausländische Betriebstätteneinkünfte gehören daher bereits dem Grunde nach nicht in die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage, unabhängig davon ob sie aus aktiver Tätigkeit oder passivem Erwerb stammen.
Überdies wirft die geplante Neuregelung vielfältige praktische Probleme auf. Zukünftig müssen sämtliche ausländischen Betriebstätteneinkünfte daraufhin untersucht werden, ob es sich dabei ganz oder teilweise um Einkünfte aus passivem Erwerb handelt. Das führt sowohl auf Beraterseite als auch auf Seiten der Finanzverwaltung zu erheblichem Mehraufwand. Eine gesonderte – und für Fälle des neuen § 9 Nr. 2 GewStG auch einheitliche – Feststellung ist (anders als bei der „normalen“ Hinzurechnungsbesteuerung, vgl. § 18 AStG) nicht vorgesehen. Auch § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und Abs. 5 Nr. 1 AO dürften derartige Feststellungen nicht abdecken. Dass dies zu einer massiven Unsicherheit und Unregelmäßigkeit bei der Rechtsanwendung führt, liegt auf der Hand.
Es bleibt daher zu hoffen, dass diese Regelungen im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wieder fallen gelassen, zumindest aber für die Praxis handhabbar gemacht werden.