Downstream merger: Steuerneutralität trotz ausländischer Anteilseigner?!

StB Dr. Thomas Loose, Partner, PwC New York

StB Dr. Thomas Loose, Partner, PwC New York

Ziel des UmwStG ist, dass betriebswirtschaftlich erwünschte Umstrukturierungen nicht durch steuerrechtliche Folgen behindert werden, die ohne die Regelungen des Umwandlungssteuerrechts eintreten würden. Zu begrüßen ist daher, dass gleich zwei FG-Urteile die Abwärtsverschmelzung von Kapitalgesellschaften – abweichend von der Sicht der Finanzverwaltung – auch dann als steuerneutral möglich einstufen, wenn der Anteilseigner der Überträgerin im Ausland ansässig ist (vgl. dazu auch Philipp, DB 2016 S. 2022).

Urteil des FG Düsseldorf

Im Streitjahr 2009 wurde eine in Deutschland ansässige GmbH grenzüberschreitend auf ihre 100%-ige Tochtergesellschaft, eine in Luxemburg ansässige Kapitalgesellschaft, verschmolzen. Der Gesellschafter der GmbH war in den USA ansässig. Streitgegenständlich war, ob die Anteile an der Luxemburger Gesellschaft in der steuerlichen Schlussbilanz der inländischen GmbH mit dem Buchwert angesetzt werden können oder ob eine Aufdeckung der in den Anteilen der Übertragerin an der Übernehmerin enthaltenen stillen Reserven zu erfolgen hat, die effektiv i.H.v. 5% steuerpflichtig wären (§ 8b Abs. 2, 3 KStG).

Entgegen der in Tz. 11.19 UmwStE 2011 dokumentierten Auffassung der Finanzverwaltung kommt das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 22.04.2016 (6 K 1947/14 K, G, RS1206802; vgl. dazu Graw, StR kompakt, DB1206842) zu dem Ergebnis, dass im Rahmen des cross-border mergers die Anteile an der Übernehmerin mit dem steuerlichen Buchwert anzusetzen sind. Die Anteile klassifizierten weder tatsächlich noch in analoger Anwendung als übergehende Wirtschaftsgüter i.S.d. § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 UmwStG. Vielmehr sehe die eigenständige und abschließende Bewertungsregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG den Buchwertansatz vor – unstreitig waren die zwecks Erfassung eines etwaigen Beteiligungskorrekturgewinns erforderlichen Korrekturen um in der Vergangenheit vorgenommene steuerwirksame Abschreibungen und Abzüge sachverhaltsseitig nicht einschlägig.

Urteil des FG Rheinland-Pfalz

Nahezu zeitgleich und zudem im Einklang mit der o.g. Rechtsprechung urteilte das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.04.2016 – 1 K 1001/14, RS1212564). Im Streitjahr 2006 wurde eine in Deutschland ansässige GmbH auf eine inländische Tochterkapitalgesellschaft verschmolzen. Auch in diesem Fall war bereits das UmwStG i.d.F. des SEStEG (UmwStG 2006) anwendbar, da die Verschmelzung erst nach dem 12.12.2006 in das Handelsregister eingetragen wurde. Die steuerliche Ansässigkeit der Übernehmerin im In- statt im Ausland entfaltet für Streitfrage keine Relevanz.

Eine Buchwertfortführung hinsichtlich der Anteile an der Übernehmerin sei nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz geboten, obwohl der Anteilseigner der Überträgerin im Ausland ansässig ist. Denn die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG stelle eine abschließende Bewertungsregelung dar. Darüber hinaus greife die Entstrickungsvorschrift des § 12 KStG nicht, da die Verschmelzung als Umstrukturierungsvorgang unter die Spezialregelung des UmwStG zu subsumieren sei.

Praxiseffekte

Die Urteile überraschen auf Basis einer genauen Analyse des Wortlauts und der Systematik des § 11 UmwStG nicht: So gehen die Anteile an der Übernehmerin mangels Durchgangserwerbs zu keinem Zeitpunkt auf die Übernehmerin über, sondern werden vielmehr direkt an die Anteilseigner ausgekehrt, mithin ist der zivilrechtliche Direkterwerb steuerlich nachzuvollziehen. Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG liefe andernfalls vollumfänglich ins Leere und für die Anwendung der Entstrickungsnorm des § 12 KStG verbleibt bereits aufgrund des Charakters des UmwStG als lex specialis kein Raum. Darüber hinaus würde eine Besteuerung der stillen Reserven m.E. sowohl gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit als auch gegen das jeweils einschlägige abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot verstoßen, z.B. gegen Art. 24 Abs. 4 DBA-USA in Bezug auf die in den Urteilsfällen in den USA ansässigen Gesellschafter.

Zu vermuten ist daher, dass der BFH im bereits anhängigen Revisionsverfahren (anhängig unter: I R 31/16) das Urteil des FG Düsseldorf bestätigen wird; die Revision wurde auch für das Urteil des FG Rheinland-Pfalz zugelassen, ein anhängiges BFH-Verfahren ist insoweit allerdings (noch) nicht ersichtlich. Steuerpflichtige mit vergleichbaren Fällen sollten ihre Veranlagungen offen halten bzw. ein Ruhen des Verfahrens sicherstellen.

Schließlich wäre eine Bestätigung der erstinstanzlichen Rechtsprechung durch den BFH auch aus steuerpolitischer Sicht zu begrüßen. Denn der downstream merger ist eine in der Praxis wichtige Umstrukturierungstechnik. So kann dieser im Rahmen von konzerninternen Reorganisationen bei sorgfältiger Planung dazu dienen, die oftmals nachteiligen Effekte eines upstream mergers zu vermeiden (Stichwort: 5%-steuerpflichtiger Übernahmegewinn bzw. steuerlich nicht abzugsfähiger Übernahmeverlust mit handelsrechtlich gemindertem Step-up-Volumen aufgrund des Ausweises passiver Latenzen). Weitere Aspekte für die Wahl der Umwandlungsrichtung nach unten statt nach oben können etwa der Anfall von Grunderwerbsteuer sowie der Untergang von Verlustattributen sein. Eine Abwärtsverschmelzung mit 5%-steuerpflichtigem Übertragungsgewinn führte hingegen zu der Problematik des sog. dry income, es müssten demnach Steuern bezahlt werden, obwohl kein Liquiditätszufluss erfolgte; alternativ würden Steuerpflichtige (mitunter operativ z.B. aufgrund längerer Umsetzungsdauern nicht präferierte) Ausweichgestaltungen vornehmen. Dies bedeutete für den Standort Deutschland einen Nachteil im Wettbewerb um ausländische Direktinvestitionen, der zumindest mittelfristig auch negative fiskalische Effekte nach sich zöge.

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