Neues Zinsabzugsverbot für Inbound-Strukturen?

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Im Rahmen der Finanzierung einer Inbound-Akquisition kann es zu einem doppelten steuerlichen Abzug von Zinsaufwand kommen. Ursache eines solchen „double dip“ ist die deutsche Technik der Besteuerung von Personengesellschaften bzw. ihrer Mitunternehmer. Eine solche doppelte steuerliche Berücksichtigung von Zinsaufwand wollte der Bundesrat bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Zollkodexanpassungsgesetz beseitigen (vgl. dazu Hick, Steuerboard vom 05.11.2014). Umgesetzt wurde der Vorschlag des Bundesrats letztlich nicht. Nunmehr scheint die Länderkammer erneut einen Anlauf zur Einführung eines neuen „Zinsabzugsverbots“ zu nehmen. Worum geht es?

Steuerlicher Zinsabzug nach ausländischem und inländischem Steuerrecht

Ein ausländischer Investor (z.B. ausländische [Erwerber-]Kapitalgesellschaft) erwirbt die Beteiligung an einer inländischen (Ziel-)Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) häufig „über“ eine inländische (Zwischen-)Personengesellschaft (z.B. GmbH & Co. KG). Dabei finanziert die ausländische Erwerbergesellschaft den Erwerb der Zielbeteiligung in der Regel (ggf. anteilig) mit einem verzinslichen Darlehen, dass die Gesellschaft bei z.B. einer Bank aufnimmt. Der Erlös aus der Darlehensaufnahme wird der Zwischen-GmbH & Co. KG als Eigenkapital zur Verfügung gestellt, die Zwischen-GmbH & Co. KG erwirbt die Beteiligung an der Zielgesellschaft. Der Zinsaufwand kann nach ausländischem Steuerrecht eine (steuerlich abzugsfähige) Betriebsausgabe der Erwerbergesellschaft sein, nach deutschem (Personengesellschafts-)Steuerrecht handelt es sich um eine steuerlich abzugsfähige Sonderbetriebsausgabe. Im Ergebnis kann es in Folge der Zinszahlung somit zu einer Minderung der ausländischen Bemessungsgrundlage der Erwerbergesellschaft und zu einer Minderung ihrer inländischen Bemessungsgrundlage (freigestellte Betriebsstätteneinkünfte im DBA-Fall) kommen.

Hervorzuheben ist, dass dieser belastungsmindernde „Steuereffekt“ nicht Folge einer modellhaften Steuergestaltung ist. Ursache ist vielmehr die deutsche Technik zur Besteuerung von Personengesellschaften und ihrer Mitunternehmer. Der Zinsaufwand der Erwerbergesellschaft ist unstreitig eine Sonderbetriebsausgabe, die den Gewinnanteil der Erwerbergesellschaft aus der GmbH & Co. KG mindert.

Vorschlag des Finanzausschusses: Aufnahme eines neuen § 4i EStG

Der Finanzausschuss empfiehlt der Länderkammer mit Hinweis auf das BEPS-Projekt (Aktionspunkt 2: Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen), u.a. den skizzierten doppelten Zinsabzug durch Aufnahme eines neuen § 4i in das EStG auszuschließen (BR-Drucks. 406/1/16 vom 09.09.2016; Bundesratssitzung ist am 23.09.2016). Danach dürfen Aufwendungen eines Mitunternehmers (hier: Zinsaufwand der ausländischen Erwerbergesellschaft) nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden, soweit diese Aufwendungen auch die Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat (hier: Bemessungsgrundlage der Erwerbergesellschaft im ausländischer Staat) mindern (§ 4i Satz 1 EStG-E). Dabei soll ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf eine zeitliche Übereinstimmung hinsichtlich des Doppelabzugs keine Anwendungsvoraussetzung für die Regelung sein. Das Abzugsverbot soll auch greifen, wenn der Abzug im anderen Staat in einem vorhergehend oder einem nachfolgenden Veranlagungszeitraum, Steuerjahr, Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr geltend gemacht wird.

Das Abzugsverbot soll nicht gelten, soweit die Aufwendungen Erträge desselben Steuerpflichtigen mindern, die bei ihm sowohl der inländischen Besteuerung unterliegen als auch nachweislich der tatsächlichen Besteuerung in dem anderen Staat (§ 4i Satz 2 EStG-E). Der Finanzausschuss will durch die Ausnahmeregelung eine überschießende Wirkung der Vorschrift ausschließen. In der Begründung zum Entwurf werden als Ausnahme-Fallgruppen die Steueranrechnung und ein fehlendes DBA genannt.

Stellungnahme

Aus steuerpolitischer Sicht könnte man die Frage stellen, ob die skizzierte Struktur tatsächlich eine „Hybrid-Gestaltung“ ist, die nach BEPS-Sichtweise nicht gewollt ist. Der Finanzausschuss lässt in seiner Begründung selbst Zweifel daran erkennen, dass die geplante Maßnahme „BEPS-konform“ ist. Die Ähnlichkeit mit Hybrid-Strukturen rechtfertige jedoch eine Sofortmaßnahme.

Für Steuerpraktiker in Unternehmen und Beratung gilt es im Fall einer Umsetzung des Vorschlags zu prüfen, ob sich Auswirkungen auf bestehende Strukturen ergeben (oder ob ggf. eine Ausnahme nach Satz 2 vorliegt). Ein faktischer „Keinmal-Zinsabzug“ könnte sich m.E. ergeben, wenn die Erwerbergesellschaft im Ausland steuerliche Verluste erleidet, die einen steuermindernden Zinsabzug im Ausland (faktisch) ausschließen. In diesem Fall dürfte ein Zinsabzug im Inland dennoch ausgeschlossen sein, da die ausländische Bemessungsgrundlage auch im Verlustfall gemindert wird.

Sollte die Neuregelung vom Gesetzgeber umgesetzt werden, läge m.E. erstmalig eine Spezialvorschrift vor, die einen doppelten Zinsabzug in der skizzierten Personengesellschaftsstruktur ausschließen würde. Dies gilt m.E. auch für den Fall, dass es sich bei der Personengesellschaft um einen Organträger handelt. Denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG erfasst diese Fallgruppe nicht (vgl. dazu z.B. von Freeden/Liekenbrock, DB 2013 S. 1690).

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