Neues BMF-Schreiben zur Anwendung der sog. 1%-Regelung bei Firmenwagengestellungen

StB Dipl.-Kfm. Dr. Christian Hick, Partner bei FGS Flick Gocke Schaumburg, Bonn

StB Dipl.-Kfm. Dr. Christian Hick, Partner bei FGS Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Am 15.12.2016 hat die Finanzverwaltung das Anwendungsschreiben zu der BFH-Entscheidung vom 18.12.2014 (VI R 75/13, BStBl. II 2015 S. 670 = DB 2015 S. 1082) veröffentlicht (BMF vom 12.12.2016, DB 2016 S. 3011). Die BFH-Entscheidung ist zur lohnsteuerlichen Zurechnung eines von einem Arbeitgeber geleasten Kraftfahrzeugs beim Arbeitnehmer ergangen. Das Schreiben beseitigt die nach der BFH-Entscheidung entstandene Rechtsunsicherheit, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung des lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteils im Rahmen von Fahrzeugüberlassungen durch den Arbeitgeber (sog. Dienst- bzw. Firmenwagengestellung) nach der sog. 1%-Regelung erfolgen kann. Die zutreffende lohnsteuerliche Behandlung der Überlassungsverhältnisse (regelmäßig handelt es sich um von dem Arbeitgeber geleaste Fahrzeuge) ist im Hinblick auf die in Unternehmen anzutreffende hohe Anzahl der Überlassungsverhältnisse und vor dem Hintergrund, dass es sich um Dauersachverhalte handelt, zur Vermeidung von Lohnsteuerhaftungstatbeständen von erheblicher praktischer Relevanz.

Firmenwagengestellung im Rahmen einer Gehaltsumwandlung

Die Attraktivität von Firmenwagengestellungen im Rahmen einer Barlohnumwandlung ist vor allem dadurch begründet, dass an Stelle von (in voller Höhe steuerpflichtigem) Bruttolohn (= Höhe der Leasingraten) ein geldwerter Vorteil (Sachbezug) zu versteuern ist. Dabei unterschreitet der nach Maßgabe der 1%-Regelung ermittelte lohnsteuerpflichtige (und auch sozialversicherungspflichtige) Sachbezug regelmäßig den umgewandelten Bruttolohn. Die Anwendung der 1%-Regelung setzt allerdings gemäß § 8 Abs. 2 Sätze 2-5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein „betriebliches Kraftfahrzeug zur Nutzung überlässt“. Fehlt es an der Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur Nutzung, hat die Ermittlung des geldwerten Vorteils des Sachbezugs gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu erfolgen: Für den Fall einer Fahrzeugüberlassung im Rahmen einer Gehaltsumwandlung hat dies zur Folge, dass der umgewandelte Bruttolohn (= Höhe der Leasingraten) in voller Höhe der Lohnversteuerung unterliegt. Zusätzlich unterliegt eine etwaige Differenz zwischen den für dritte Privatpersonen üblichen und den von dem Arbeitnehmer tatsächlich gezahlten Leasingraten der Besteuerung. Hierdurch verliert die Kraftfahrzeugüberlassung durch den Arbeitgeber ihre steuerliche Vorteilhaftigkeit.

BFH versagt die 1%-Regelung, wenn das Leasingfahrzeug dem Arbeitnehmer aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung zuzurechnen ist

Nach der BFH-Entscheidung fehlt es an der in § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG geforderten „Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs“, wenn der Arbeitnehmer wie ein „wirtschaftlicher Eigentümer“ oder als „Leasingnehmer“ über das Fahrzeug verfügen kann. Die Entscheidung ist zu einem Fall ergangen, in dem ein Arbeitnehmer (Klägerin) aufgrund seiner Stellung als Bürgermeisterin einer Gemeinde (mit Genehmigung des Gemeinderates) einen Leasingvertrag zu den vergünstigten Konditionen des Arbeitgebers (Behörde) abgeschlossen hat. Die Gemeinde reichte die von dem Leasinggeber gewährten Bezugskonditionen ungeschmälert an den Arbeitnehmer weiter. Im Streitfall bestand zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Gemeinde) die klare Vereinbarung, dass die Gemeinde nur im Außenverhältnis gegenüber dem Leasinggeber als Leasingnehmer auftritt; die Leasingabrechnungen wurden zur Begleichung an die Klägerin weitergeleitet. Im Innenverhältnis kam diese Stellung – mit Wissen und Wollen der Gemeinde – hingegen der Klägerin zu. Die Entrichtung der Leasingraten erfolgte aus dem versteuerten Einkommen der Klägerin. Die Struktur war damit darauf ausgerichtet, dass die Klägerin von den Leasingkonditionen ihres Arbeitgebers profitiert, und den Arbeitgeber von sämtlichen aus dem Leasingvertrag resultierenden wirtschaftlichen Belastungen freistellt. Der BFH ist zu dem Ergebnis gelangt, dass einer Bewertung des Nutzungsvorteils auf der Grundlage der 1%-Regelung entgegensteht, dass der Arbeitnehmer in der Struktur die Stellung eines „wirtschaftlichen Leasingnehmers“ einnimmt. Dies hat der BFH vor allem damit begründet, dass die Fahrzeugüberlassung auf der Grundlage eines von dem Arbeitsvertrag unabhängigen Sonderrechtsverhältnisses erfolge. In einem solchen Fall sei als geldwerter Vorteil die Differenz zwischen den für Dritte üblichen und den tatsächlich gezahlten Leasingraten zu versteuern.

Urteilsgrundsätze auf Fälle der sog. Firmenwagengestellung übertragbar?

Auch wenn der BFH das Verfahren mangels ausreichender Sachverhaltsaufklärung an das FG zurückverwiesen hat, ist im Nachgang zu der Veröffentlichung der BFH-Entscheidung vom 18.12.2014 im BStBl. in der Praxis die Frage aufgetreten, inwieweit die Entscheidungsgrundsätze auch auf die Fälle der sog. Firmenwagengestellung (im Rahmen der Gehaltsumwandlung oder auf arbeitsvertraglicher Grundlage) übertragbar sind. Für die lohnsteuerliche Behandlung ist dabei entscheidend, ob der Arbeitnehmer in einer solchen Struktur die Stellung eines „wirtschaftlichen Eigentümers“ oder „Leasingnehmers“ erlangt.

BMF nimmt zu den Voraussetzungen der Zurechnung eines geleasten Fahrzeugs für lohnsteuerliche Zwecke Stellung

Das BMF-Schreiben vom 15.12.2016 nimmt für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG dazu Stellung, unter welchen Voraussetzungen ein von dem Arbeitgeber geleastes Fahrzeug dem Arbeitnehmer für lohnsteuerliche Zwecke (im Innenverhältnis) zuzurechnen ist. Nach dem BMF-Schreiben setzt eine solche Zurechnung des Fahrzeugs zu dem Arbeitnehmer voraus, dass der Fahrzeugüberlassung eine von dem Arbeitsverhältnis unabhängige „Sonderrechtsbeziehung“ zugrunde liegt. An einer solchen „Sonderrechtsbeziehung“ fehlt es, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Fahrzeugüberlassung aus einer steuerlich anzuerkennenden Gehaltsumwandlung resultiert (Herabsetzung des Barlohns mit Wirkung für die Zukunft erforderlich) oder arbeitsrechtlicher Vergütungsbestandteil ist. Inhaltlich ist die vom BMF gewählte Abgrenzung vor dem Hintergrund zutreffend, dass die Entscheidung vom 18.12.2014 zu einem Sachverhalt ergangen ist, in dem der „Fahrzeuggestellung“ eine von dem Arbeitsverhältnis losgelöste Sonderrechtsbeziehung (Beschluss des Gemeinderates) zugrunde lag. Durch eine Fahrzeugüberlassung im Rahmen einer Gehaltsumwandlung oder auf arbeitsvertraglicher Grundlage erlangt der Arbeitnehmer allerdings weder die Stellung eines „wirtschaftlichen Eigentümers“ noch die eines „Leasingnehmers“.

Fazit

Firmenwagengestellungen an Arbeitnehmer und die in letzter Zeit häufiger vorkommende Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern sind in der Praxis weit verbreitet. Vor diesem Hintergrund ist die durch das BMF-Schreiben vom 15.12.2016 erfolgte Abgrenzung des Anwendungsbereichs der 1%-Regelung – und die Bestätigung der Anwendbarkeit auf Fälle der Fahrzeugüberlassung im Rahmen von Gehaltsumwandlung sowie auf arbeitsvertraglicher Grundlage – aus Sicht der Praxis zu begrüßen. Das BMF-Schreiben verdeutlicht aber auch, dass für die Inanspruchnahme der 1%-Regelung Überlassungsverhältnisse zu vermeiden sind, die außerhalb einer Gehaltsumwandlung bzw. einer arbeitsvertraglichen Regelung (im vom BFH entschiedenen Fall durch die Genehmigung des Gemeinderates) einen Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Sachbezug begründen. Zweifelsfälle sollten daher durch die Einholung einer Lohnsteueranrufungsauskunft abgesichert werden.

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