Ausscheiden von Gesellschaftern durch Anteilsveräußerung an die Gesellschaft

RA Dipl.-Fw. (FH) Tobias Völkel, Associate bei P+P Pöllath + Partners, München

Scheiden Gesellschafter aus einer Gesellschaft aus, ergeben sich diverse steuerliche Folgen und Risiken. Von der ertragsteuerlichen Realisierung beim Gesellschafter, über einen möglichen Untergang von Verlustvorträgen bis zu schenkungsteuerlichen Konsequenzen. Zivilrechtlich kann das Ausscheiden sehr unterschiedlich gestaltet werden, mit ganz verschiedenen steuerlichen Folgen. In einer interessanten Entscheidung (BFH vom 06.12.2016 – IX R 7/16, RS1235938 = DStR 2017 S. 1315) bezüglich des Ausscheidens eines Gesellschafters durch Veräußerung seiner Anteile an die Gesellschaft diskutierte der BFH die Rechtsfolgen einer verdeckten Einlage eigener Anteile. Die Ausführungen zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns des Gesellschafters erscheinen kritikwürdig und bieten Anlass, die weiteren steuerlichen Folgen einer verdeckten Einlage eigener Anteile darzustellen.

Sachverhalt (stark vereinfacht)

In dem entschiedenen Fall hatte eine GmbH von einem Gesellschafter sämtliche seiner § 17 EStG-Anteile zu einem unter dem gemeinen Wert liegenden Kaufpreis erworben. Nach der Übertragung waren lediglich noch nahe Angehörige des Verkäufers an der GmbH beteiligt. Zwischen dem Kläger und dem Finanzamt bestand Streit über die Höhe des anzusetzenden Veräußerungsgewinns i.S.d. § 17 EStG.

Entscheidung des BFH

Der BFH sah in der verbilligten Veräußerung der (eigenen) Anteile an die GmbH eine fiktive Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG infolge einer gemischt verdeckten Einlage. In diesem Zusammenhang sah der IX. Senat die fehlende Aktivierbarkeit der eigenen Anteile (§ 272 Abs. 1a HGB) sowie den Umstand, dass der einlegende Gesellschafter mit der Einlage aus der Gesellschaft ausschied als unschädlich an, da an der Gesellschaft weiterhin eine nahestehende Person beteiligt war. Den Veräußerungsgewinn ermittelte das Gericht – ohne nähere Begründung – durch Abzug der Veräußerungskosten sowie der (historischen) Anschaffungskosten vom gemeinen Wert der eingelegten Anteile.

Kritik

§ 6 Abs. 6 Satz 2 EStG bestimmt, dass sich durch verdeckte Einlagen die Anschaffungskosten der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts erhöhen (nachträgliche Anschaffungskosten). Diese Regelung gilt direkt zwar lediglich für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens. Allerdings ist anerkannt, dass dieselben Rechtsfolgen auch eintreten, wenn – wie vorliegend – eine verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in eine zum Privatvermögen gehörende Kapitalgesellschaft erfolgt. Diese Rechtsfolge lässt der BFH in der vorliegenden Entscheidung bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns unverständlicherweise unberücksichtigt. Eine Begründung hierzu bleibt der BFH schuldig. Durch die Nichtberücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten erhöht sich die steuerliche Bemessungsgrundlage.

Dass dieses Ergebnis nicht richtig erscheint, zeigt folgende Vergleichsüberlegung: Hätte der Gesellschafter nicht zeitgleich sämtliche seiner Anteile in einem Rechtsakt in die Gesellschaft eingelegt, sondern die Einlage zeitlich gestreckt in mehreren Schritten vorgenommen, hätten die jeweils eingelegten Anteile die Anschaffungskosten der zurückbehaltenen Anteile erhöht. In der Gesamtschau wäre dadurch ein geringerer Gesamtgewinn entstanden. Vor diesem Hintergrund ist es schwer verständlich, weshalb die zeitlich zusammenfallende Einlage zu einem anderen Ergebnis führen soll und einen „Verlust“ der nachträglichen Anschaffungskosten rechtfertigt. Zwar ist dem BFH insoweit zuzustimmen, dass es auf den ersten Blick fraglich erscheint, welche Anschaffungskosten sich erhöhen sollen, wenn der (verdeckt) einlegende Gesellschafter nach der Einlage nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt ist. Indes enthält der Wortlaut des § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG keine Vorgaben, hinsichtlich welcher Anteile die Anschaffungskosten sich erhöhen. Insofern ist es vertretbar, die aufgrund der verdeckten Einlage entstehenden Anschaffungskosten den verdeckt eingelegten Anteilen selbst zuzurechnen (so auch Schmid, DStR 2017 S. 1306).

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Neben den ertragsteuerlichen Auswirkungen verdeckter Einlagen dürfen etwaige schenkungsteuerliche Folgen nicht außer Betracht gelassen werden. Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 7 ErbStG ist allerdings nicht eröffnet, da die Vorschrift einen derivativen Erwerb nicht erfasst. Die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft beteiligte Person durch die Leistung einer anderen Person erlangt, stellt jedoch nach § 7 Abs. 8 ErbStG einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang dar. Auf einen Willen zur Unentgeltlichkeit kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Insoweit kann es zu einer Doppelbelastung mit Einkommen- und Schenkungsteuer kommen.

Fazit

In der BFH-Entscheidung vermisst man eine Auseinandersetzung mit der Frage der nachträglichen Anschaffungskosten.

In der Praxis ist bei Geschäften zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft stets auf eine fremdübliche Gestaltung zu achten. Gerade in Bewertungsfragen droht immer wieder Streit mit der Finanzverwaltung, die zu einer latenten Rechtsunsicherheit führt. Man tut gut daran, derartige Geschäfte – soweit möglich – zu vermeiden. Beim Ausscheiden von Gesellschaftern bietet sich insofern stattdessen eine Veräußerung der Anteile an die Mitgesellschafter an, ggf. unter Fremdfinanzierung durch die Gesellschaft.

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