Wie deutsche Unternehmen von der US-Steuerreform profitieren können

StB/Dipl.-Kfm. Dr. Hans Weggenmann, Geschäfts-führender Partner bei Rödl & Partner

US-Unternehmen erfreuen sich seit Anfang 2018 unter anderem an der Senkung des US-Körperschaftsteuersatzes von 35 auf 21 Prozent und an der US-Steuerbefreiung von Dividenden aus ihren Tochtergesellschaften im US-Ausland. Die USA, größte Volkswirtschaft der Welt, ist nach den Wertungen des deutschen Außensteuerrechts nun ein potentielles Niedrigsteuerland. Dagegen kann dem ersten Anschein nach ein deutsches Unternehmen nicht mithalten. Denn die deutsche Ertragsteuerbelastung einer AG oder GmbH liegt inklusive der Gewerbesteuer bei circa 30 Prozent und bei einem mittelständischen Unternehmen – zum Beispiel in der Rechtsform der GmbH & Co. KG – werden im Spitzentarifbereich je nach Gewerbesteuerhebesatz sogar circa 55 Prozent erreicht. Die weiteren Unwägbarkeiten bei der Besteuerung von Zinsen, Mieten und Pachten im Bereich der Gewerbesteuer noch nicht einmal mit einbezogen.

Besteuerung von US-Unternehmen nach der Steuerreform

Beim Vergleich der Steuerbelastungen muss zusätzlich zur US-Bundessteuer auch die Ertragsteuerbelastung der US-Bundesstaaten bzw. der US-Gebietskörperschaften, in denen die operative Tätigkeit stattfindet, berücksichtigt werden; sie betragen im Mittel 6 Prozent. Damit kann von einer Gesamtbelastung von circa 25 Prozent für US-Kapitalgesellschaften (etwa Corporation) ausgegangen werden.

Eine große Masse von mittelständischen Unternehmen in den USA wird in sogenannten transparenten Rechtsformen („Pass-through Entities“) geführt, um die Mehrfachsteuerbelastung im Fall der Gewinnausschüttung auf die Gesellschafter zu vermeiden. Bei diesen „Pass-through Entities“ beträgt die Steuerbelastungsziffer circa 40 Prozent. Sie kann im Einzelfall durch die neu eingeführte Freibetragsregelung für solche Beteiligungen („Pass-through Deduction“) auch auf bis zu circa 35 Prozent verringert sein. Die Vergleichsbasis liegt also bei 25 Prozent für Corporations bzw. 35 bis 40 Prozent für Individuen.

Besteuerung von deutschen Unternehmen in den USA

Deutsche Unternehmen, die in den USA investieren bzw. ihr US-Geschäft ausbauen möchten, können ihre Steuerbelastung massiv drücken und den Steuernachteil (und damit den Wettbewerbsnachteil) gegenüber US-Unternehmen verringern. Sie profitieren damit gleichermaßen von der Trump‘schen Steuerreform. Dazu ist es notwendig, eine in den USA operative (Tochter- bzw. Gruppen-) Gesellschaft zu gründen oder diese bereits zu haben. Ferner sollte sowohl die Rechtsform der US-Gesellschaft als auch der daran beteiligten deutschen Gesellschaft so gestaltet sein, dass die Vorteile der US-Steuerreform genutzt werden können.

Im Einzelnen dazu: Im Fall von Investments deutscher Konzerne in den USA (gerechnet bis zur deutschen Kapitalgesellschaft) bewegt sich die Steuerbelastung bei circa 27 Prozent, also auf etwa gleichem Niveau wie bei den US-Konzernen.

Bei mittelständischen Investments kommt es sehr darauf an, in welcher Rechtsformkombination das US-Geschäft aufgesetzt wird. Am vorteilhaftesten erscheint generell betrachtet eine (haftungsbeschränkt ausgestaltete) Limited Partnership (LP). Sofern die deutsche Gesellschaft dann noch das Wahlrecht ausgeübt hat, für US-Steuerzwecke als Kapitalgesellschaft besteuert zu werden („Check-the-box Election“), resultiert daraus eine Gesamtsteuerbelastung (USA und Deutschland) von gerade noch circa 26 Prozent. Diese Ziffer ist nahezu identisch mit derjenigen von US-Konzernen und günstiger als die oben genannten 35 bis 40 Prozent. Aber selbst bei den Rechtsformkombinationen Corporation/GmbH und LP/GmbH stellt sich eine Gesamtsteuerbelastung von nur circa 26 bis 27 Prozent ein, sofern Gewinne thesauriert werden.

Deutsche Unternehmen profitieren von der US-Steuerreform freilich nur dann, wenn sie ihre Gewinne über ihre Tochtergesellschaften auch in den USA erwirtschaften. Bei der US-Steuerreform wurde Wert darauf gelegt, Steuervorteile nur den Unternehmen zuteil werden zu lassen, die ihre Wertschöpfung überwiegend in den USA vorhalten.

Downsides

Nachteilig auf deutsche Investments in den USA könnte sich daher die neu eingeführte Base Erosion & Anti-abuse Tax (BEAT) auswirken. Sie greift unter Umständen, wenn die US-(Tochter-)Gesellschaft an (zu mindestens 25 Prozent) beteiligte ausländische Gruppenmitglieder Zahlungen vornimmt, die US-steuerlich als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Dazu gehören zum Beispiel Management- und Lizenzgebühren, ausdrücklich aber nicht die Kosten für bezogene Waren, Betriebsstoffe, Rohstoffe und dergleichen. Die vieldiskutierte „Border Adjustment Tax“ ist also ausgeblieben. Die BEAT (mit einem Steuersatz von 5 Prozent für 2018, 10 Prozent für 2019 bis 2025 und 12,5 Prozent ab 2026) wird nur erhoben, soweit sie die reguläre US-Körperschaftsteuer von 21 Prozent übersteigt. Sie betrifft Unternehmen mit einem den USA zugerechneten Umsatz von mehr als 500 Millionen US-Dollar.

Ein weiteres Downside ist die veränderte US-Zinsschranke von 30 Prozent des EBITDA (2018 bis 2021) bzw. des EBIT (ab 2022). Sie ist anwendbar auf reine US-Gesellschaften aber auch auf US-Gesellschaften ausländischer Unternehmen.

Weitere Incentives

Neben der Steuersatzsenkung ist als weiterer positiver Impuls die Sofortabschreibung auf bewegliche Wirtschaftsgüter (prinzipiell wirksam zwischen 27.09.2017 und 31.12.2026) zu nennen sowie die Streichung der „Alternative Minimum Tax“ für Kapitalgesellschaften, die unter bestimmten Voraussetzungen unter anderem die Nutzung des „Research & Development Credit“ verhinderte. Letzterer wurde im Rahmen der Steuerreform nicht gestrichen, sondern erfährt sogar eine Aufwertung: Sofern die US-Tochtergesellschaft des deutschen Unternehmens ihrerseits wiederum Beteiligungen an Gesellschaften im US-Ausland hält, gilt auch für sie die US-Steuerbefreiung für Auslandsdividenden.

Fazit

Abschließend kann festgehalten werden, dass deutsche Konzernunternehmen sowie mittelständische Familienunternehmen aus rein steuerlicher Sicht durchaus von der US-Steuerreform profitieren werden. Voraussetzung dafür ist, dass sie ihr Gewinnstreben bzw. ihre Investitionen in den USA beibehalten oder ausbauen, so dass das Trump‘sche Kalkül, den Produktionsstandort USA zu stärken, durchaus aufgehen wird. Es ist jedenfalls auch aus deutscher Sicht als deutliches Anreizsystem des US-Präsidenten zu werten. Der Malus im Steuerbelastungsvergleich durch die neu eingeführte BEAT hängt von den individuellen Gegebenheiten im Inter-Company Verrechnungssystem ab und kann gegebenenfalls durch Anpassungen im Verrechnungspreissystem vermieden oder reduziert werden. Am meisten dürfte zudem gefallen, dass zur Gegenfinanzierung der Steuersenkungen überwiegend die US-Unternehmen beitragen, indem sie ihre bis 31.12.2017 im Ausland deponierten Gewinnrücklagen pauschal mit 5 Prozent (2018), 10 Prozent (2019 bis 2025) bzw. 12,5 Prozent (ab 2026) versteuern müssen. Dies hat aufgrund der im vierten Quartal notwendig gewordenen Steuerrückstellungen bereits zu ad-hoc-Mitteilungen an der New Yorker Börse (NYSE) geführt.

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