Sale- und Lease-Back-Gestaltungen auf dem Prüfstand

RA/StB Dr. Hardy Fischer, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Bei der Zurechnung des steuerlichen (wirtschaftlichen) Eigentums ist im Ertragsteuerrecht die zivilrechtliche Situation zwar die Ausgangslage, im Ergebnis aber unerheblich. Ob und wem ein Vermögensgegenstand ertragsteuerlich zugerechnet wird, bemisst sich nach den Kriterien des § 39 AO und damit unabhängig davon, wer z.B. für eine Immobilie im Grundbuch als Eigentümer oder bei GmbH-Anteilen in der Gesellschafterliste als Gesellschafter eingetragen ist. Relevant wird diese Thematik bei Sale- und Lease-Back-Szenarien, wenn also z.B. der bisherige Eigentümer eine Immobilie zivilrechtlich veräußert und zugleich vom Neueigentümer für einen bestimmten Zeitraum wieder anmietet. Mit gleich vier jüngeren Urteilen hat sich der BFH mit diesem für die Praxis äußerst relevanten Thema beschäftigt und die jahrelang geübte Praxis zur Bilanzierung von wirtschaftlichem Eigentum in Sale- und Lease-Back-Situationen auf den Prüfstand gestellt.

Leasingerlasse und Teilamortisation

Die Finanzverwaltung und ihr folgend die Praxis orientieren sich seit jeher an den Leasingerlassen, welche auf der Grundlage der Leasingentscheidung des BFH vom 26.01.1970 (IV R 144/66, BStBl. II 1970 S. 264 = RS0742788) ergangen sind: Der Vollamortisationserlass vom 19.04.1971 (BStBl. I 1971 S. 264), der Immobilien-Leasingerlass vom 21.03.1972 (BStBl. I 1972 S. 188), der Teilamortisationserlass vom 22.12.1975 (BB 1976 S. 72 f.) und schließlich der Teilamortisationserlass für Immobilien vom 23.12.1991 (BStBl. I 1992 S. 13) setzen einen anerkannten und praktikablen Rahmen.

Maßgebend ist dabei vorrangig die Frage, ob eine Voll- oder Teilamortisation vorliegt, d.h. ob der zivilrechtliche Eigentümer durch die während der Grundmietzeit erhaltenen Mieten seine Aufwendungen für Erwerb und Halten der Immobilie vollständig oder nur teilweise amortisiert. Regelmäßig befindet man sich im Bereich der Teilamortisation, insbesondere dann, wenn Fremdfinanzierungsaufwendungen zu tragen sind.

Handelt es sich um eine solche Teilamortisation, kommt nach Ansicht der Finanzverwaltung – sofern wie regelmäßig nach Ablauf der Grundmietzeit eine Kauf-/Mietvertragsverlängerungsoption vereinbart ist – die Zurechnung wirtschaftlichen Eigentums zum Leasingnehmer in Betracht, sofern bestimmte Kriterien hierfür erfüllt sind. Die Finanzverwaltung macht die Bilanzierung u.a. davon abhängig, ob

  • die Grundmietzeit 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer übersteigt,
  • der Kaufpreis bei Ausübung einer Kaufoption niedriger ist als der verbleibende steuerliche Buchwert des Leasinggegenstands und/oder
  • der Leasingnehmer bestimmte Verpflichtungen und Gefahren übernimmt.

BFH kassiert Ansicht der Finanzverwaltung

Der BFH hat nun in jüngeren Urteilen einen neuen Rahmen gesetzt.

Mit Urteil vom 02.06.2016 (IV R 23/13, RS1211958 = BFH/NV 2016 S. 1433) wurde über ein Teilamortisationsleasing bei Immobilien entschieden. Grundsätzlich sei – so der BFH – der Leasinggegenstand dem Leasinggeber als Eigentümer zuzurechnen, es sei denn, der Leasingnehmer trage statt des Leasinggebers die Anschaffungskosten des von ihm selbst genutzten Wirtschaftsguts und dem Leasingnehmer stehen auf Dauer – nämlich für die voraussichtliche Nutzungsdauer – Substanz und Ertrag des Gegenstands wirtschaftlich zu. Dies sei anhand einer Gesamtbetrachtung zu entscheiden. Bei Teilamortisationsleasing sei regelmäßig der Leasingnehmer wirtschaftlicher Eigentümer, wenn ihm eine Kaufoption zu so günstigen Konditionen zustehe, dass bei wirtschaftlicher Vernunft mit dem Kauf zu rechnen ist. Interessant ist hierbei, dass der BFH die Übernahme bestimmter Risiken durch den Leasingnehmer, die nach den Leasingerlassen der Finanzverwaltung zu wirtschaftlichem Eigentum des Leasingnehmers hätten führen müssen, nicht als zwingendes Kriterium ansah. Außerdem sei nach Ansicht des BFH die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Zwecke der Zuordnung des Leasinggegenstands nicht nach den gesetzlichen Vorgaben, sondern individuell zu bestimmen – abweichend von dem bisherigen Ansatz der Finanzverwaltung.

Die Kernaussagen des zweiten Urteils des BFH vom 13.10.2016 (IV R 33/13, DB 2017 S. 281) und der ihm nachfolgenden zwei weiteren Urteile vom 21.12.2017 (IV R 55/16, RS1267803 und inhaltsgleich IV R 56/16, RS1267804) zur Anwendung der steuerlichen Zurechnungsnorm (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) in Leasingfällen können wie folgt zusammengefasst werden:

Wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers sei dann gegeben, wenn der nach Ablauf der Mietzeit entstehende Herausgabeanspruch des Leasinggebers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat, d.h. dem Leasingnehmer Substanz und Ertrag des Wirtschaftsguts für die voraussichtliche Nutzungsdauer zustehen.

Wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers komme im Umkehrschluss nicht in Betracht, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasingobjekts länger als die Grundmietzeit ist und nur dem Leasinggeber ein Andienungsrecht zusteht. In einem derartigen Fall fehlt es an einer rechtlich abgesicherten Position des Leasingnehmers (z.B. Kauf- oder Verlängerungsoption), die es ihm ermöglicht, den Leasinggeber für die verbleibende Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Leasingobjekt auszuschließen. Ein lediglich dem Leasinggeber eingeräumtes Andienungsrecht reicht nicht aus (anders aber ggf. bei Spezialleasing). Der Herausgabeanspruch des Leasinggebers sei nur dann wirtschaftlich ohne Wert, wenn ein Dritter dazu in der Lage ist, den zivilrechtlichen Eigentümer vollständig zu verdrängen. Hieran fehlt es bei einem bloßen Andienungsrecht des Leasinggebers, d.h. des zivilrechtlichen Eigentümers. Es sei nach Ansicht des BFH hierbei ausdrücklich nicht erheblich, ob für den zivilrechtlichen Eigentümer die Ausübung des Andienungsrechts ggf. wirtschaftlich vorteilhafter ist als das Behalten oder die anderweitige Verwertung des Leasingobjekts.

Fazit

Die jahrelang geübte Praxis zur Bilanzierung von wirtschaftlichem Eigentum in Sale- und Lease-Back-Situationen wird auf den Prüfstand gestellt. Die Finanzverwaltung wird ihre Erlasse hierzu aktualisieren müssen. Für die Praxis bietet die Rechtsprechung nunmehr eine sichere Handhabe:

Wenn nur der zivilrechtliche Eigentümer (Leasinggeber) ein Andienungsrecht nach Ablauf der Grundmietzeit erhält – und nicht auch der Leasingnehmer eine Kauf-/Mietverlängerungsoption – ist nach Ansicht des BFH der zivilrechtliche auch der wirtschaftliche Eigentümer. Auf diesem Weg kann also Sicherheit für die Bilanzierungsfrage geschaffen werden, freilich zum Preis dafür, dass der Leasingnehmer (Mieter) nicht sicher darauf vertrauen kann, den Gegenstand irgendwann tatsächlich (vollständig) zu erwerben.

Diese Sichtweise gilt jedenfalls dann, wenn die Grundmietzeit kürzer ist als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Vorsicht ist geboten bei der Frage, welcher betriebsgewöhnliche Nutzungszeitraum für diesen Test anzuwenden ist. Der BFH will nicht auf die gesetzlich normierten Zeiträume (bei Immobilien) oder die Typisierungen der Finanzverwaltung (AfA-Tabellen) zurückgreifen. Insofern ist Vorsorge zu treffen und man sollte sich im Zweifelsfall bereits bei Abschluss der Verträge eine unabhängige Bewertung eines Gutachters in die Schublade legen.

Kommentare sind geschlossen.