Nach dem Kerngedanken der Verlustuntergangsvorschrift des § 8c KStG führen schädliche Anteilseignerwechsel zu einem Verlustuntergang. So wird das ansonsten grundsätzlich für Kapitalgesellschaften geltende Trennungsprinzip durchbrochen und systematisch eigentlich völlig unbeachtliche Änderungen im Gesellschafterbestand können einen quotalen bzw. vollständigen Verlustuntergang auf Ebene der Kapitalgesellschaft bewirken. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des quotalen Verlustuntergangs nach § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG für schädliche Beteiligungserwerbe im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2015 festgestellt hat, hätte der Gesetzgeber über seinen Schatten springen und eine Neukonzeption der Verlustnutzungsbeschränkungen angehen sollen. Was ein mutiger Schritt hätte werden können, ist eine kümmerliche Mindestreaktion geworden. Der Gesetzgeber repariert im „Jahressteuergesetz 2018 (JStG 2018)“ nämlich nur die Baustellen des § 8c KStG, deren Reparaturnotwendigkeit durch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des EuGH unumgänglich wurde – zumindest aber passt die Richtung.
„Jahressteuergesetz 2018“
Vor dem Hintergrund der bekannten konzeptionellen Schwächen der Vorschrift verwundert es nicht, dass der Gesetzgeber sich nicht anders zu helfen wusste, als den quotalen körperschaftsteuerlichen Verlustuntergang im Zuge des „JStG 2018“ (im Gesetzgebungsverfahren umbenannt in „Gesetz zur Vermeidung von USt-Ausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“, dazu vgl. auch Ortmann-Babel/Bolik, DB 2018 S. 1876) rückwirkend für den Zeitraum vom 2008 bis 2015 komplett entfallen zu lassen. Da § 10a Satz 10 GewStG die entsprechende Anwendung des § 8c KStG im Gewerbesteuerrecht vorsieht, gilt die ersatzlose Aufhebung für den entsprechenden Zeitraum ebenfalls für die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge, auch wenn eine ehemals im Referentenentwurf des JStG 2018 vorgesehene explizite Klarstellung im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ersatzlos entfallen ist.
Der zeitlich über diesen Schritt hinausgehende Nachbesserungsbedarf nicht nur beim quotalen, sondern wahrscheinlich auch beim vollständigen Verlustuntergang, hängt für den Gesetzgeber von der Frage ab, ob der ab 2016 anwendbare § 8d KStG zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag die verfassungsrechtlichen Einwände gegen den § 8c KStG zu heilen vermag. Aus der Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht diese Frage offen gelassen hatte, lässt sich aber keineswegs ableiten, dass der Gesetzgeber für Veranlagungszeiträume nach dem 31.12.2015 bezüglich des quotalen Verlustuntergangs untätig bleiben sollte (bzw. kann). Dies gilt auch im Hinblick auf die ebenfalls beim BVerfG anhängige Einschätzung zum vollständigen Verlustuntergang bei schädlichen Beteiligungserwerben von mehr als 50 Prozent nach § 8c Satz 2 [mittlerweile Abs. 1 Satz 2] KStG (anhängig unter 2 BvL 19/17).
Sanierungsklausel nun rehabilitiert
Zu denken geben sollte dem Gesetzgeber auch, dass der EuGH den Verlustvortrag offensichtlich als Grundprinzip des deutschen Steuersystems ansieht und daher die beihilferechtlichen Zweifel an der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG vom Tisch gewischt hatte. Das „JStG 2018“ rehabilitiert nun erfreulicherweise ohne Vorbehalte die Sanierungsklausel, die den systematisch richtigen Zustand der Verlusterhaltung (zumindest in Sanierungsfällen) wieder herstellt. Diese partielle Einzelmaßnahme sollte auch in der Gesamtschau der Rückausnahmen (Sanierungsklausel, Konzernklausel, Stille-Reserven-Klausel, fortführungsgebundener Verlustvortrag) nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Fiskus, wenn er an Gewinnen teilhaben will, bei Verlusten nicht kneifen darf. Verluste beruhen schließlich auf realen Vermögenseinbußen, die häufig nur durch die Periodenabschnittsbesteuerung in anderen Veranlagungszeiträumen anfallen, als Gewinne.