Neben den aktuellen Entwicklungen zum Share Deal (vgl. Fischer, Steuerboard vom 28.09.2018) gibt es im Grunderwerbsteuerrecht auch zwei neue Urteile des BFH und eines des FG Köln zur Bestimmung der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Diese neuen Entscheidungen widmen sich der Qualifikation von Bauerrichtungskosten als Teil der Bemessungsgrundlage (BFH vom 25.04.2018 – II R 50/15, DB 2018 S. 2480) und dem Abzug des auf bewegliche Gegenstände entfallenden Kaufpreisanteils (FG Köln vom 08.11.2017 – 5 K 2938/16) jeweils beim direkten Immobilienerwerb („Asset Deal“) sowie dem Nachweis eines im Vergleich zum Grundbesitzwert niedrigeren gemeinen Werts der Immobilie beim Erwerb von Anteilen an einer grundstückshaltenden Gesellschaft („Share Deal“; BFH vom 25.04.2018 – II R 47/15, DB 2018 S. 2349).
Ausgangslage
Anknüpfungspunkt für die Höhe der Bemessungsgrundlage ist beim Asset Deal grundsätzlich der Kaufpreis zzgl. etwaiger vom Käufer übernommener sonstiger Leistungen. Sofern eine rechtliche oder objektiv sachliche Verknüpfung zwischen einem Grundstückskaufvertag und einem Vertrag über die Bebauung eines Grundstücks vorliegt, wird dabei fingiert, dass das Grundstück schon in bebautem Zustand Gegenstand des Grundstückskaufvertrags ist (sog. einheitlicher Erwerbsgegenstand). Infolgedessen fällt sowohl auf den Grundstückskaufpreis als auch auf die Bebauungskosten Grunderwerbsteuer an.
Ausgenommen von der Bemessungsgrundlage beim Asset Deal wird dagegen der Teil des Kaufpreises, der auf bewegliche Wirtschaftsgüter und Inventar entfällt, sofern dieser separat ausgewiesen werden kann.
Beim Share Deal finden die Verfahren zur Bestimmung des Grundbesitzwertes gemäß Bewertungsgesetz (BewG) Anwendung. Hierbei erfolgt die Ermittlung je nach Sachverhalt durch das Ertrags-, Vergleichs- oder Sachwertverfahren. Das Gesetz (§ 198 Satz 1 BewG) eröffnet dem Steuerpflichtigen jedoch die Möglichkeit nachzuweisen, dass der gemeine Wert (Verkehrswert) des Objektes geringer ist als der nach den vorgenannten Verfahren ermittelte Grundbesitzwert.
Neues zum einheitlichen Erwerbsgegenstand
Der BFH hatte zu entscheiden, ob die vom Erwerber entrichteten Bauerrichtungskosten die Grunderwerbsteuer für den Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks erhöhen. Die Klage des Erwerbers hatte Erfolg. Ein einheitlicher Erwerbsgegenstand liegt vor, wenn der Erwerber gegenüber dem Veräußerer keinen Einfluss mehr über das „Ob“ und „Wie“ der Baumaßnahmen habe. Handelt es sich bei dem Erwerber hingegen um eine zur Veräußererseite gehörende Person – im entschiedenen Fall ein Makler, der auf Verkäuferseite die Errichtung und Vermarktung von sechs Eigentumswohnungen betrieb und dann selbst eine davon erwarb –, mit Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung, erhöhen die Bauerrichtungskosten die Bemessungsgrundlage nicht. Dazu genüge, wenn dieser Erwerber das Bauvorhaben bzw. die Vermarktung des Grundstücks dadurch fördere, dass er Leistungen des Veräußerers und des Bauunternehmers zu einer einheitlichen Gesamtleistung – dem Verkauf eines bebauten Grundstücks – zusammenführe. Im Fall hatte der Makler maßgeblich mit der Gesellschaft zusammengearbeitet, welche die Planungsunterlagen erstellte, das Bauvorhaben ausführte und die Bauvorbescheide beantragte. Des Weiteren bot er in einem selbst erstellten Exposé den Erwerb von Eigentumswohnungen aus einer Hand an.
Auf bewegliche Wirtschaftsgüter entfallender Kaufpreisanteil
Im dem Urteil des FG Köln zugrundeliegenden Fall setzte das Finanzamt nicht nur auf den Kaufpreisanteil für das Grundstück Grunderwerbsteuer fest, sondern auch teilweise auf den Anteil der mitverkauften beweglichen Gegenstände (Einbauküche und Markise). Ein separater Ausweis desselben war im Kaufvertrag erfolgt. Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Kaufpreisanteil zu hoch ausgewiesen worden sei. Das Gericht gab der Klage des Steuerpflichtigen statt. Zwar seien die Einzelpreise dann nicht zu berücksichtigen, wenn Anhaltspunkte für eine Scheinabrede bestehen oder ein Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO vorliegt. Die Beweislast hierfür obliege jedoch der Finanzverwaltung. Den Beweis für die Unangemessenheit des Kaufpreises für die Markise und die Einbauküche konnte der Beklagte nach Ansicht des Senats nicht erbringen. Insbesondere könne auch ein nach ertragsteuerlichen Grundsätzen abgeschriebenes Wirtschaftsgut noch einen Wert haben. Mit Verweis auf niedrigere Verkaufspreise auf einschlägigen Verkaufsplattformen im Internet für gebrauchte Güter ließe sich nicht der angesetzte Kaufpreis widerlegen.
(Kein) Nachweis des geringeren gemeinen Werts
Der BFH setzt klare Grenzen für den Ansatz eines niedrigeren gemeinen Wertes im Vergleich zum nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Grundbesitzwert. Als Nachweis eines niedrigeren Werts genüge demnach der Bilanzwert des betreffenden Grundstücks nicht. Dies gelte auch dann, wenn der Anteilskaufpreis auf dem Bilanzwert basierte. Denn dieser liege regelmäßig deutlich unter dem gemeinen Wert (Verkehrswert).
Bedeutung für die Praxis
Die vorgestellten Urteile bringen allesamt mehr Sicherheit für die Praxis und sind inhaltlich nachvollziehbar und gut begründet. Der auf bewegliche Wirtschaftsgüter und Scheinbestandteile entfallende Kaufpreisanteil sollte stets im Kaufvertag separat ausgewiesen werden. Auch ein Wertausweis am oberen Rand der marktüblichen Preise ist dabei zulässig, solange er nicht willkürlich bzw. zum Schein erfolgt. Das genannte Urteil des BFH zu den Bauerrichtungskosten wird nach jüngster Ankündigung der Finanzverwaltung im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht und von ihr künftig allgemein angewendet werden. Es entspricht der aktuellen Tendenz des BFH, den durch die Finanzverwaltung immer weiter gefassten Anwendungsbereich des sog. einheitlichen Erwerbsgegenstands zu begrenzen.
Hinsichtlich der Share Deals hat der BFH offen gelassen, ob sich ein niedrigerer gemeiner Wert eines Grundstücks dann aus dem Kaufpreis der Gesellschaftsanteile bzw. dem Anteilskaufvertrag eines Verkaufs unter fremden Dritten ableiten lässt, wenn das Grundstück einziger relevanter Bilanzposten der Gesellschaft ist. Dies wäre beim Erwerb von reinen Immobilienzweckgesellschaften absolut sinnvoll, wenn die Kaufpreisableitung der Anteile von einem konkret bestimmten Wert der Immobilie ausgeht. Extrakosten für den Nachweis, z.B. Sachverständigengutachten, könnten so vermieden werden.