Die Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 und ihre Auswirkungen

RA/FAStR Elke Volland, Rödl & Partner, Nürnberg

Das BMF hat am 20.12.2018 den lang erwarteten Entwurf der neuen Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 (ErbStRE 2019) veröffentlicht. Mit einem Inkrafttreten der Richtlinien wird im Frühsommer 2019 gerechnet. Der ErbStRE 2019 erläutert auf 98 Seiten die Auffassung der Finanzverwaltung zur einheitlichen Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts und der dazu notwendigen Regelungen des Bewertungsrechts. Für die Unternehmensnachfolge sind insbesondere die Ausführungen zur Besteuerung von Unternehmensvermögen nach den §§ 13a, 13b, 13c und 28a ErbStG relevant. Eine Mehrzahl der Änderungen ist zu Lasten der Steuerpflichtigen ausgefallen. Einige der für die Praxis wesentliche Änderungen werden nachfolgend aufgegriffen.

Maßgebender Zeitpunkt für Behaltensfristverstoß

Die Inanspruchnahme der Verschonung für Unternehmensvermögen ist an bestimmte Behaltensfristen gebunden. Wird innerhalb der Behaltensfristen beispielsweise der geschenkte Geschäftsanteil von dem Beschenkten veräußert, wird rückwirkend Schenkungsteuer festgesetzt. Im Regelmodell beträgt die Behaltensfrist fünf Jahre; im Optionsmodell, das eine bis zu 100%ige Steuerbefreiung gewähren kann, beträgt die Behaltensfrist sieben Jahre. Erstmals äußert sich die Finanzverwaltung im ErbStRE 2019 dazu, auf welchen Zeitpunkt bei einer schädlichen Veräußerung gem. § 13a Abs. 6 Nr. 1, 2 und 4 ErbStG abzustellen ist. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist das obligatorische Rechtsgeschäft maßgeblich und nicht erst die zivilrechtliche Wirksamkeit der Veräußerung. Damit entscheidet sich die Finanzverwaltung zulasten des Steuerpflichtigen für den frühest möglichen Zeitpunkt. In der Praxis kann zwischen dem obligatorischen Rechtsgeschäft und dem dinglichen Vollzug, etwa bei einem Unternehmensverkauf, ein Zeitraum von mehreren Monaten liegen und es kommt auch vor, dass die dingliche Übertragung nicht stattfindet, z.B. weil eine behördliche Genehmigung versagt wird. Hat der Übernehmer, der im Rahmen der Optionsverschonung Betriebsvermögen zu 100% schenkungsteuerfrei erworben hat z.B. nach Ablauf von sechs Jahren nach der Schenkung den Kaufvertrag über den begünstigten Betrieb unterzeichnet und tritt die dingliche und wirtschaftliche Wirkung des Verkaufs erst nach Ablauf des siebten Jahres ein, verliert er nach Auffassung der Finanzverwaltung 1/7 des Verschonungsabschlags.

Konzerninterne Einlagen und Umschichtungen

Am Sinn und Zweck des Gesetzes vorbei gehen die Ausführungen der Finanzverwaltung im ErbStRE 2019 zur Qualifikation von sog. jungen Finanzmitteln und jungem Verwaltungsvermögen bei konzerninternen Vorgängen. Junge Finanzmittel sind der positive Saldo der innerhalb von zwei Jahren vor dem Erbfall / der Schenkung eingelegten und der entnommenen Finanzmittel. Junge Finanzmittel nehmen insbesondere an der Verschonung für Betriebsvermögen nicht teil, erhöhen verfügbares Vermögen im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung, Schulden und der 15%ige Sockelbetrag dürfen im Rahmen des Finanzmitteltests nicht abgezogen werden. Die Finanzverwaltung will Einlagen von Finanzmitteln der Obergesellschaft in eine Tochtergesellschaft (z.B. eine Einzahlung in die Kaptalrücklage) als junge Finanzmittel qualifizieren, die als solche im Rahmen der Verbundvermögensaufstellung gem. § 13b Abs. 9 ErbStG auch bei der Obergesellschaft anzusetzen sind. Aber es geht noch skurriler: Die weitere Einlage derselben Mittel durch die Tochtergesellschaft in eine Enkelgesellschaft soll zu einer mehrfachen Erfassung der jungen Finanzmittel bei der Obergesellschaft führen. Das ist sinnwidrig. Schon der ursprüngliche Ansatz, dass rein konzerninterne Einlagen zu jungen Finanzmitteln führen sollen, ist nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen der Verbundvermögensaufstellung auf den „Gesamtbetrieb“ abzustellen ist.

Zu einer zusätzlichen Steuerbelastung kann es auch bei einem konzerninternen Verkauf von Wirtschaftsgütern des Verwaltungsvermögens (z.B. ein an Dritte vermietetes Grundstück, das in der verkaufenden Gesellschaft bereits seit 10 Jahren gehalten wird) kommen. Nach der gesellschaftsbezogenen Sichtweise der Finanzverwaltung führt ein solcher Verkauf zu jungem Verwaltungsvermögen bei der erwerbenden Gesellschaft. Als Junges Verwaltungsvermögen gilt Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Steuerentstehung weniger als zwei Jahre vor dem Schenkungsstichtag zuzurechnen war. Ob auch durch konzerninterne Umwandlungen und Einbringungen junge Finanzmittel oder junges Verwaltungsvermögen entstehen können, stellt der ErbStRE 2019 nicht klar, so dass hier weiterhin Rechtsunsicherheit besteht.

Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten im Verbund

Im Rahmen der Verbundvermögensaufstellung durften schon bisher Forderungen und Verbindlichkeiten des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters einer Personengesellschaft nicht mit Forderungen bzw. Verbindlichkeiten des Gesamthandsvermögens saldiert werden. Dies ist insbesondere nachteilig für Gesellschafter, die über ein hohes positives Darlehenskonto verfügen. Im ErbStRE 2019 verschärft die Finanzverwaltung ihre Ansicht dahingehend, dass Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaften im Gesamthandsvermögen und im Sonderbetriebsvermögen nicht zu kürzen sind, ebenso wie zwischen Gesellschaften im Sonderbetriebsvermögen untereinander. Diese Auffassung wird dazu führen, dass beim Vererben oder Verschenken von Mitunternehmeranteilen bereits die erste Hürde der Verschonung, nämlich der 90%-Test, nicht bestanden wird – mit fatalen steuerlichen Folgen für das Unternehmen und den Unternehmensnachfolger.

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