„Sweet“ oder „Sweat“: Zur disproportionalen Zeichnung von Kapitalinstrumenten bei Managementbeteiligungen

Dr. Barbara Koch-Schulte, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Partnerin, P+P Pöllath + Partners, München

Gibt ein Gesellschafter seinem Unternehmen ein Gesellschafterdarlehen, ein anderer Gesellschafter jedoch nicht, ist die steuerliche Behandlung unproblematisch – die Zinsen stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Ist dieser Gesellschafter aber gleichzeitig Manager des Unternehmens, so soll das disproportionale Zeichnen von Kapitalinstrumenten nach Meinung des FG Baden-Württemberg (Urteil vom 26.06.2017 – 8 K 4018/14, anhängig beim BFH unter VIII R 21/17) ein Indiz für die Qualifizierung sämtlicher Beteiligungserlöse in Arbeitslohn sein. Das ist so nicht richtig.

 

Vollbesteuerung von Managementbeteiligungen in der Kritik

Die Frage der richtigen Abgrenzung von Arbeitslohn und Kapitalvermögen bei Mitarbeiter- und Managementbeteiligungen entwickelt sich zum Dauerbrenner der Besteuerungspraxis und mittlerweile auch der Rechtsprechung (siehe dazu hier bereits Koch-Schulte, DB 2015 S. 2166). Nachdem der BFH mit seiner Entscheidung vom 04.10.2016 (IX R 43/15, DB 2017 S. 522) für die Besteuerung von Managementbeteiligungen klargestellt hat, dass es für die Anerkennung der Kapitalbeteiligung als Sonderrechtsverhältnis vor allem darauf ankommt, ob

  • die Managementbeteiligung zum Verkehrswert gekauft und veräußert wird und
  • der Manager ein effektives Verlustrisiko aus der Beteiligung trägt,

schien es zunächst so, als seien wesentliche Grundfragen der Abgrenzung geklärt. Faktisch ist jedoch festzustellen, dass die Finanzverwaltung die Grundsätze dieses Urteils nur sehr widerstrebend anwendet und auch die Rechtsprechung uneinheitlich agiert. Insofern verwundert es auch nicht weiter, dass die Finanzämter in der Praxis weiterhin nach Argumenten für eine Vollbesteuerung von Managementbeteiligungen als Arbeitslohn suchen.

Sachverhalt

Ein nun aufgegriffenes Thema betrifft die disproportionale Zeichnung von Kapitalinstrumenten durch Manager im Vergleich zu den Mehrheitsgesellschaftern, dem sog. „Sweet“ oder auch „Sweat Equity“. In dem vom FG Baden-Württemberg entschiedenen Fall hatte ein Berater eine Beteiligung am Stammkapital sowie an einer sogenannten Kapitalrücklage I erworben. Die anderen Investoren erbrachten außerdem noch Einzahlungen in die Kapitalrücklage II und III und leisteten einen erheblichen Betrag als Gesellschafterdarlehen. Die Erlösverteilung sollte so stattfinden, dass zunächst die Gesellschafterdarlehen einschließlich der Zinsen in Höhe von 1,25% p.a. zu tilgen waren, dann die Kapitalrücklage II nebst Zinsen in Höhe von 22,6% p.a. und dann, gleichberechtigt, die Kapitalrücklage I und das Stammkapital einschließlich der Kapitalrücklage III. Der überschießende Betrag war gemäß den Beteiligungen am Stammkapital und an der Kapitalrücklage III auszuzahlen. Bei dem späteren Verkauf des Unternehmens erzielte der Berater auf sein eingesetztes Kapital eine Rendite von 1.935%, während die Investoren „nur“ eine Rendite von etwa 245% realisierten.

Diesen Sachverhalt nahm das Finanzamt zum Anlass, den Veräußerungsgewinn als erfolgsabhängige Tätigkeitsvergütung bei den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit mit dem vollen Steuersatz zu besteuern, da es sich um eine disproportionale Erlösverteilung handele, die durch die Tätigkeit des Beraters für das Unternehmen veranlasst sei.

Der 8. Senat des FG Baden-Württemberg hat sich dieser Auffassung dem Grunde nach angeschlossen. Auch wenn der Ertrag auf die einzelnen Kapitalinstrumente für sich genommen bei Berater und Investor identisch sei, müsse das Gesamtinvestment des Investors ins Verhältnis zum Investment des Beraters gesetzt werden, um zu einer zutreffenden Beurteilung zu kommen. Aufgrund der disproportionalen Zeichnung von Kapitalinstrumenten in diesem Fall (der Berater hatte weder Gesellschafterdarlehen gegeben, noch die vorrangige Kapitalrücklage II gezeichnet) konnte der Berater auf sein Investment einen erheblich höheren Ertrag realisieren als der Finanzinvestor.

Unzulässige Ex-Post-Betrachtung

Der 5. Senat desselben FG (Urteil vom 09.05.2017 – 5 K 3825/14, EFG 2017 S. 1880, rkr.) hatte dies allerdings einen guten Monat früher noch ganz anders gesehen. In einem ähnlichen Sachverhalt hatte der 5.Senat argumentiert, dass die Auffassung des Finanzamts eine unzulässige Ex-Post-Betrachtung darstelle. Denn wegen der im vorliegenden Fall hohen Verzinsung der vorrangigen Anteilsklasse war anfänglich nicht absehbar, dass ein so hoher Veräußerungserlös auf die Stammgeschäftsanteile realisiert werden würde. Wenn nämlich der Gewinn aus dem Verkauf nicht ausgereicht hätte, um die vorrangigen Kapitalinstrumente zu bedienen, hätte zwar der Investor einen Gewinn erzielt, der Manager hätte sein Investment aber vollständig verloren. Dies wäre auch in dem vom 8. Senat entschiedenen Sachverhalt der Fall gewesen.

Außerdem dürften nur die Erlöse der jeweils gleichen Kapitalanteile miteinander verglichen werden. Soweit andere Finanzinstrumente mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestatten sind, sei es selbstverständlich, dass diese sich im Wert unterscheiden.

Fazit

Dem Urteil des 5. Senats lässt sich nur zustimmen. Der 8. Senat hat in seinem Urteil nämlich nicht gewürdigt, dass die gewählte Kapitalstruktur für den Berater im Vergleich zum Investor ein erheblich erhöhtes Verlustrisiko bedingt. „Sweet Equity“ ist immer auch „Sweat Equity“, d.h., mit einem möglichen überproportionalen Erlös korrespondiert ein überproportionales Verlustrisiko, da es aufgrund der absoluten Nachrangigkeit ein gegenüber dem Investorinvestment erheblich höheres Verlustrisiko trägt. Dies hat der 8. Senat mit dem Hinweis zur Seite gewischt, dass der selbstständigen Tätigkeit ein Verlustrisiko immanent sei. Zwar lässt das Einkommensteuerrecht für Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit die Berücksichtigung von Verlusten zu. Dies hat aber vor allem mit der Einbeziehung von Betriebsvermögen in die Besteuerung zu tun. Denn auch ein Berater erhält für seine Tätigkeit eine feste Vergütung und geht nicht davon aus, dass diese gegebenenfalls nicht bezahlt wird. Insofern ist seine Position nicht anders als die eines nichtselbstständig Beschäftigten. Außerdem erhielt der Berater im entschiedenen Fall bereits eine fixe marktübliche Beratervergütung. Der 8. Senat hätte – auch im Hinblick auf sein Ergebnis – also begründen müssen, inwieweit die Unternehmensbeteiligung Betriebsvermögen des Beraters darstellte. Dafür kommt es auf die Disproportionalität der gezeichneten Kapitalinstrumente aber nicht an.

Außerdem verstößt der 8. Senat mit seiner Gesamtbetrachtung des Investments gegen die Grundsätze des Bewertungsgesetzes. Denn die §§ 11, 12 BewG sehen nur eine Einzelbewertung jedes Kapitalinstruments vor.

Letztlich sind die Gesellschafter einer Gesellschaft grundsätzlich frei, die Kapitalverhältnisse der Gesellschaft so zu strukturieren, wie sie es für richtig halten. Der in anderem Zusammenhang entwickelte Grundsatz der Finanzierungsfreiheit überlässt es der Entscheidung der Gesellschafter, ob und in wieweit sie einer Gesellschaft neben Eigenkapital auch Fremdkapital zur Verfügung stellen (vgl. BFH vom 05.02.1992 – I R 127/90, DB 1992 S. 763; vom 20.06.2000 – VIII R 57/98, DB 2000 S. 2098). Dies gilt jedenfalls insoweit, als mit der unterschiedlichen Finanzierung auch unterschiedliche wirtschaftliche Folgen verbunden sind, was ja gerade gewollt ist.

Eine Managementbeteiligung ist eben keine erfolgsabhängige Sondervergütung für eine Tätigkeit, sondern ein Hochrisikoinvestment, das neben überproportionalen Chancen auch überproportionale Risiken birgt. Eine Strafbesteuerung für unternehmensbeteiligte Manager ist steuersystematisch nicht geboten.

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