Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (kurz: KöMoG, vgl. BT-Drucks. 19/28656), das am 03.05.2021 Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses war, hat die Bundesregierung sich große Ziele gesteckt. So soll neben der ebenfalls bedeutenden Einführung eines Optionsmodells für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften (§ 1a KStG-E) das Umwandlungssteuergesetz globalisiert werden. Bereits mit dem SEStEG vom 07.12.2006 wurde der Anwendungsbereich im Wesentlichen auf das Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums ausgedehnt – obschon damals eine Globalisierung diskutiert wurde. Nunmehr sollen bestimmte Umwandlungen mit Drittstaatenbezug auch den Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes unterworfen werden. Damit einhergehend müssen auch die bislang geltenden, teils umstrittenen Regelungen zur Drittstaatenverschmelzung (§ 12 Abs. 2 KStG) und zur Auflösung einer Gesellschaft bei Verlegung des Sitzes oder der Geschäftsleitung in einen Drittstaat bzw. der Ansässigkeit in einem Drittstaat (§ 12 Abs. 3 KStG) restlos gestrichen werden. Aber der Reihe nach …
Globalisierung des Umwandlungssteuergesetzes
Das deutsche Umwandlungssteuergesetz soll einerseits steuerliche Hemmnisse u.a. bei grenzüberschreitenden und rein ausländischen Reorganisationen von Unternehmen beseitigen und die Möglichkeiten der freien Wahl der Rechtsform verbessern. Dies wird grundsätzlich durch die Möglichkeit zur antragsgebundenen Fortführung von Buchwerten in den (Steuer-)Bilanzen der an Umwandlungen beteiligten Gesellschaften bzw. der Fortführung der Anschaffungskosten bei bestimmten Anteilseignern erreicht.
Andererseits wird jedoch auch – insbesondere bei grenzüberschreitenden Umwandlungen – (manchmal zu) konsequent das deutsche Besteuerungssubstrat gesichert. So ist die Möglichkeit zur Fortführung der Buchwerte bzw. Anschaffungskosten an teils strenge Voraussetzungen gekoppelt oder es wird bei einer späteren tatsächlichen Veräußerung ungeachtet eines Doppelbesteuerungsabkommens ein deutsches Besteuerungsrecht gesichert.
An all dem ändert auch das KöMoG nichts. Die auf den ersten Blick nach wenig Auswirkung anmutende Änderung des Anwendungsbereichs des Umwandlungssteuergesetzes ist jedoch durchaus beachtlich.
Verschmelzungen, Spaltungen, Formwechsel …
Bislang sind insbesondere die Verschmelzung sowie die Aufspaltung und Abspaltung von Körperschaften bzw. deren Formwechsel in Personengesellschaften nach dem Umwandlungssteuergesetz nur in bestimmten Fällen möglich.
So muss der übertragende und übernehmende bzw. umwandelnde Rechtsträger eine EU- / EWR-Gesellschaft sein, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb der EU/des EWR befinden. Alternativ kann der übernehmende Rechtsträger auch eine natürliche Person sein. Allerdings muss auch deren Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt sich innerhalb der EU / des EWR befinden und sie darf nicht aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens mit einem dritten Staat als außerhalb der EU / des EWR ansässig angesehen werden. Europäische Gesellschaften (SE) und Europäische Genossenschaften (SCE) gelten dabei als entsprechende Gesellschaften.
Aber: Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die z.B. außerhalb der EU / des EWR, d.h. in Drittstaaten, gegründet wurden und weder Geschäftsleitung noch Sitz in Deutschland haben, werden vom Umwandlungssteuergesetz bislang nicht erfasst. Lediglich bei
- ausländischen (d.h. nicht grenzüberschreitenden) Verschmelzungen dieser Gesellschaften
- auf eine (beschränkt steuerpflichtige) Körperschaft (d.h. nicht auf Personenvereinigungen und Vermögensmassen),
- die in demselben Staat ihren Satzungssitz hat,
- im Rahmen einer Übertragung des gesamten Vermögens durch einen verschmelzungsähnlichen Vorgang (i.S.d. § 2 UmwG) und
- bei der insbesondere die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt sind, d.h. Besteuerung mit Körperschaftsteuer, keine Beschränkung (nicht Ausschluss!) des deutschen Besteuerungsrechts, sowie bei der
- eine ggf. vorliegende Gegenleistung nur in Gesellschaftsrechten besteht,
wird in der deutschen (Steuer-)Bilanz der übernehmenden Körperschaft, z.B. im Fall einer deutschen Betriebsstätte, eine Fortführung der Buchwerte (zwingend) angeordnet. Im Ergebnis ist damit insbesondere kein Ansatz eines Zwischenwertes oder des gemeinen Wertes möglich. Etwaige steuerliche Verlustvorträge der inländischen Betriebsstätte gehen damit unter!
Hinsichtlich der Auswirkungen einer solchen Drittstaatenverschmelzung auf den (in Deutschland steuerpflichtigen) Anteilseigner der übertragenden Körperschaft wird bereits jetzt auf das Umwandlungssteuergesetz verwiesen. Danach ist eine Fortführung von Buchwerten bzw. Anschaffungskosten in den meisten Fällen nunmehr möglich. Nach deutlicher Kritik aus Literatur und Praxis folgt die Finanzverwaltung nun auch dem Ansatz, dass es dabei nicht auf die beschränkte Steuerpflicht der übertragenden oder übernehmenden Körperschaft ankomme (vgl. Rn. 13.04 des UmwSt-Erlasses = DB0464115 nach Änderung durch BMF-Schreiben vom 10.11.2016, BStBl. I 2016 S. 1252). Darüber hinaus ist die Steuerneutralität des Vorgangs beim Anteilseigner auch bei grenzüberschreitenden Drittstaatenverschmelzungen zu ermöglichen, wenn das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich der Anteile an der übernehmenden Körperschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird!
… sollen künftig – über die EU- / EWR-Grenzen hinaus – den Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes unterworfen werden!
Durch die geplante Erweiterung des Anwendungsbereiches des Umwandlungssteuergesetzes infolge des KöMoG
- kommen auf Drittstaatenverschmelzungen (unabhängig von einer beschränkten Steuerpflicht oder der Ansässigkeit der übernehmenden Körperschaft) dieselben Regelungen zur Anwendung wie auf nationale, grenzüberschreitende oder ausländische EU-/EWR-Verschmelzungen!
- werden nunmehr auch Drittstaatenspaltungen sowie Drittstaatenformwechsel und die an der Umwandlung beteiligten Anteilseigner grundsätzlich die Möglichkeit einer steuerneutralen Umwandlung (unter den Einschränkungen des UmwStG!) haben.
- wird die zwingende Anordnung einer Schlussbesteuerung aufgrund (angenommener) Liquidation bei einer Verlegung des Verwaltungs- oder des Satzungssitzes einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in einen Drittstaat – in diesem Fall sogar unabhängig von der Sicherung deutscher Besteuerungsrechte! – ersatzlos gestrichen!
Die (anspruchsvolle) Voraussetzung für eine Steuerneutralität bleibt jedoch, dass die jeweilige Umwandlung insbesondere die Strukturmerkmale einer inländischen Umwandlung aufweist und auch künftig keine deutschen Besteuerungsrechte beschränkt oder ausgeschlossen werden.
Keine Änderungen bei Einbringungen und Anteilstausch!
Der Anwendungsbereich von Einbringungen und Anteilstausch, der bereits gegenwärtig Umwandlungsbeteiligte mit Ansässigkeit in Drittstaaten nicht generell ausschließt, bleibt hingegen unverändert. Ausweislich der Gesetzesbegründung wird von einer vollständigen Globalisierung des Umwandlungssteuerrechts abgesehen, da eine aufkommensneutrale einheitliche Regelung mit Einschränkungen für Einbringende aus der EU / des EWR gegenüber der geltenden Rechtslage verbunden wäre.
Auswirkung auf die Praxis
Die (teilweise) Globalisierung des Umwandlungssteuergesetzes ist durchaus begrüßenswert, da sie nunmehr eine gleichmäßige Anwendung der Normen des Umwandlungssteuerrechts auf grundsätzlich vergleichbare Sachverhalte ermöglicht. Auch entfallen hierdurch zahlreiche Zweifelsfragen bei Drittstaatenverschmelzungen und Sitzverlegungen von Körperschaften – wenngleich das Umwandlungssteuergesetz (immer noch!) viele Zweifelsfragen bereithält.
Vor dem Hintergrund des Ziels des Gesetzgebers, ein angesichts der fortschreitenden Globalisierung nicht mehr zeitgemäßes Regelwerk nunmehr umfassend globalisieren zu wollen, ist der gegenwärtige Entwurf jedoch eher zurückhaltend ausgefallen. So bleibt z.B. das (doppelte) Teilbetriebserfordernis bei Spaltungen in vielen Fällen weiterhin problematisch – und damit auch die Steuerneutralität. Dies insbesondere deshalb, weil auf Drittstaatenumwandlungen die Spezifika des deutschen Steuerrechts anzuwenden sein und sich diese Staaten nicht nach den deutschen Voraussetzungen richten werden. Daran ändert auch der hierbei einschlägige europäische Teilbetriebsbegriff nicht viel. Angesichts dessen, dass bereits der rein innerdeutsche Fall einer Auf- oder Abspaltung die Frage der Erfüllung des (doppelten) Teilbetriebserfordernisses zu deutlicher Rechtsunsicherheit führt, wird dies im Drittstaatenfall noch deutlich schwerer umzusetzen sein. Auch wird der Nachweis, dass eine Umwandlung nach ausländischem Recht insbesondere auch die Strukturmerkmale einer inländischen Umwandlung aufweisen muss, durch die Erweiterung auf Drittstaaten zu weiteren Schwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten führen. Dennoch: Die Tür ist aufgestoßen für Umwandlungen mit steuerlichem Übertragungsstichtag nach dem 31.12.2021.
Hilfreich – zumindest bei grenzüberschreitenden Spaltungen (leider nur zur Neugründung!) und Formwechseln von EU-Kapitalgesellschaften auf dem Gebiet der EU – erscheint, dass am 01.01.2020 nunmehr die Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen („MobilRL“) in Kraft getreten ist. Diese wird – ebenfalls teilweise – die Europäisierung (und ggf. auch die Globalisierung) des deutschen Gesellschaftsrechts (leider nur bei EU-Kapitalgesellschaften) voranbringen. Sollte sich der deutsche Gesetzgeber aufmachen und über die Richtlinie hinaus auch Personengesellschaften und die Spaltung zur Aufnahme regeln, wäre dies auch mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung ein großer Schritt in die richtige Richtung! Eine Umsetzung der komplexen Richtlinienvorgaben in den Mitgliedstaaten soll bis zum 31.01.2023 erfolgen.
Es bleibt – wie immer – abzuwarten, ob mit der stetig wachsenden Globalisierung auch der Mut des Gesetzgebers wächst, dem Ziel, betriebswirtschaftlich sinnvolle Umwandlungen steuerneutral (und global) einfacher zu ermöglichen, einen (noch) höheren Stellenwert einzuräumen ohne dabei das Ziel der Sicherung des Besteuerungsrechts aus den Augen zu verlieren. Ergänzungsbilanzen auch für Körperschaften könnten ein Ansatz sein.