Auf der Zielgeraden der aktuellen Legislaturperiode will die Bundesregierung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG-E; vgl. BT-Drucks. 19/28656) noch einmal einen Beitrag zur rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung leisten. Nach dem Gesetzesentwurf sollen bestimmte Personengesellschaften ab dem Vz. 2022 beantragen können, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden (vgl. § 1a KStG-E). Mit diesem sog. Optionsmodell sollen insbesondere Nachteile der Besteuerung von Personengesellschaften gegenüber Kapitalgesellschaften beseitigt werden.
Bisherige Regelungen für eine rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung
Um die unterschiedliche steuerliche Belastung von Kapitalgesellschaften einerseits und Personengesellschaften andererseits anzugleichen, steht Personengesellschaften nach aktueller Rechtslage die Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu, wonach die Gewerbesteuer in pauschalierter Höhe die tarifliche Einkommensteuer ermäßigt. Darüber hinaus können Personengesellschaften seit der Unternehmensteuerreform 2008 thesaurierte Gewinne auf Antrag einem begünstigten Steuersatz unterwerfen (§ 34a EStG). Die Thesaurierungsbegünstigung wird seit jeher dafür kritisiert, zu komplex und nicht praxistauglich zu sein. Eine dringend notwendige Vereinfachung der Vorschrift ist im KöMoG-E leider nicht vorgesehen. In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum KöMoG am 03.05.2021 wurde der Reformbedarf der Thesaurierungsbegünstigung noch einmal klargestellt. Einen entsprechenden Änderungsantrag zum Gesetzesentwurf hat die FDP-Fraktion bereits gestellt.
Wesentlicher Inhalt des Optionsmodells
Die geplante Neuregelung sieht vor, dass eine Personengesellschaft auf Antrag für ertragsteuerliche Zwecke (KStG, EStG, UmwStG und AStG) wie eine Kapitalgesellschaft behandelt wird. Im Ergebnis unterliegt die optierende Personengesellschaft damit der Körperschaftsteuer und (unverändert) der Gewerbesteuer. Die Option soll nach dem aktuellen Stand des Gesetzesentwurfs für Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG, insb. GmbH & Co. KG) und Partnerschaftsgesellschaften gelten. Außerdem soll die Vorschrift auch auf ausländische Personenhandelsgesellschaften anwendbar sein, wenn sie in ihrer Rechtsordnung ebenfalls als Körperschaftsteuersubjekt behandelt werden.
Der Übergang von der Besteuerung als Personengesellschaft zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft wird steuerlich durch einen fiktiven Formwechsel (§§ 25, 20 UmwStG) umgesetzt. Neben dem Antrag auf Besteuerung als Kapitalgesellschaft ist also auch ein Antrag auf Buchwertfortführung erforderlich, um die Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden.
Im aktuellen Gesetzesentwurf ist keine zeitliche Bindung an den Antrag vorgesehen. Ein Antrag auf Rückkehr zur Besteuerung als Personengesellschaft (sog. Rückoption) ist damit bereits im nächsten Vz. theoretisch wieder möglich. Tatsächlich dürfte aber die siebenjährige Behaltefrist nach § 22 UmwStG einem ständigen Wechsel der Besteuerungsregime entgegenstehen.
Auswirkungen für die Besteuerung der Gesellschafter
Der Antrag auf Besteuerung als Kapitalgesellschaft wirkt sich auch auf die Besteuerung der Gesellschafter aus. Ausschüttungen der Personengesellschaft gelten dann als Dividenden und etwaige Leistungen zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft sind nicht als Sondervergütungen anzusehen, sondern als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen. Werden Gewinne der Gesellschaft nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet, sondern in der Gesellschaft belassen, findet auf Ebene der Gesellschafter auch keine Besteuerung statt. Hierin ist wohl der deutlichste Vorteil des geplanten Optionsmodells zu sehen, denn auf die komplizierte Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG kommt es dann nicht mehr an.
Für wen ist das geplante Optionsmodell interessant?
Besonders interessant dürfte die geplante Neuregelung für ertragreiche Unternehmen sein, die ihre Erträge vorwiegend thesaurieren wollen. Sie könnten in Zukunft einerseits die flexiblen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften für Personengesellschaften nutzen und zugleich steuerlich die vergleichsweise günstige Thesaurierungsbelastung für Kapitalgesellschaften in Anspruch nehmen. Das Beste aus zwei Welten – zumindest in der Theorie. Bisher konnte ein solches Ergebnis nur erreicht werden, wenn die Gesellschafter ihre Anteile an der Personengesellschaft mittelbar über eine Kapitalgesellschaft gehalten haben. Das geplante Optionsmodell könnte daher der Verkomplizierung von Unternehmensstrukturen entgegenwirken.
Sollte das Optionsmodell tatsächlich eingeführt werden, ist Unternehmen bzw. deren Gesellschaftern zu raten, einen spezifischen Belastungsvergleich der beiden Besteuerungsregime durchzuführen. Dabei müssen aber individuelle Umstände berücksichtigt werden (z.B. Zuordnung der Anteile zum Betriebs- oder Privatvermögen, Umfang des Sonderbetriebsvermögens oder Ausschüttungsverhalten des Unternehmens). Zudem gibt es einige Hindernisse zu beachten, die beim Wechsel des Besteuerungsregimes aus dem fingierten Formwechsel resultieren:
- Bei Personengesellschaften mit umfangreichem Sonderbetriebsvermögen kann es durch den fingierten Formwechsel notwendig sein, wesentliche Wirtschaftsgüter vorab an die Gesellschaft zu übertragen, um die Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden. Ist eine Übertragung der Wirtschaftsgüter von den betreffenden Gesellschaftern nicht gewollt, scheidet das Optionsmodell sinnvollerweise aus.
- Wurde die Begünstigung nach § 34a EStG beansprucht, führt der fingierte Formwechsel zur Nachversteuerung der Thesaurierungsbeträge. Dies kann Personengesellschaften mit hohen Thesaurierungsbeträgen von der Ausübung der Option abhalten. Um dieses Hindernis zu beseitigen, schlägt das IDW seinem Positionspapier vor, dass der Nachversteuerungsbetrag auf die fingierte Kapitalgesellschaft übergehen und dort den ausschüttbaren Gewinn gemäß § 27 KStG erhöhen sollte. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber diese Anregung im Laufe des Gesetzgebungsverfahren noch berücksichtigt.
Erste Einschätzung
Insgesamt ist der Vorstoß der Bundesregierung zu begrüßen, denn das geplante Optionsmodell gibt Unternehmen einen größeren Gestaltungsspielraum. Vor allem neugegründete Unternehmen, die nur geringe oder noch gar keine stillen Reserven aufgebaut haben, können von dem Optionsmodell profitieren. Zudem können mit dem Optionsmodell aufwendige gesellschaftsrechtliche Restrukturierungen vermieden werden.
Im internationalen Kontext sind mit dem Optionsmodell Vereinfachungen zu erwarten, da die deutsche Dogmatik der Besteuerung von Personengesellschaften (insb. partielle Steuerrechtsfähigkeit, Sonderbetriebsvermögen) in ausländischen Steuerrechtsordnungen eher unbekannt ist. Unternehmen sollten jedoch aufpassen, dass durch die Ausübung der Option nicht eine hybride Gestaltung entsteht, die nach dem aktuellen Entwurf des ATADUmsG (hier der neue § 4k EStG-E) zu steuerlichen Nachteilen führen kann.
Es bleibt zunächst abzuwarten, welche Änderungen die vorgeschlagene Neuregelung zum Optionsmodell im parlamentarischen Prozess erfährt. Realistischerweise kann noch vor der Sommerpause des Bundestages mehr Klarheit erwarten werden, da ansonsten mit dem Ende der Legislaturperiode der Untergang des Gesetzgebungsverfahrens droht.