Am 31.05.2021 veröffentlichte die Türkei den Erlass Nr. 4025 von Staatspräsident Erdogan und danach eine Liste mit Staaten, an die die Türkei Steuerdaten liefert. Dies hat zu Folge, dass die Türkei bis zum 30.09.2021 Steuerdaten nach Deutschland liefern wird. 2020 gehörte Deutschland noch ausdrücklich nicht zu den Ländern, an die die Türkei Finanzdaten meldet. Sind die von der Türkei mitgeteilten Einkünfte nicht bzw. nicht korrekt in deutschen Steuererklärungen enthalten, können Steuernachforderungen und der Vorwurf einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) im Raum stehen.
Inhalt des automatischen Informationsaustauschs
Mit dem Präsidialerlass vom 31.05.2021 setzt die Türkei nunmehr auch gegenüber Deutschland das von ihr am 21.04.2017 unterzeichnete mehrseitige Abkommen über den automatischen Informationsaustausch um und meldet Finanzdaten von in Deutschland ansässigen Personen automatisch in einem international einheitlichen Format, dem Common Reporting Standard, an das Bundeszentralamt für Steuern.
Der Informationsaustausch erfolgt grundsätzlich bis zum 30. September des jeweiligen Folgejahres – die Steuerdaten für 2020 werden also bis zum 30.09.2021 ausgetauscht. Die „Schonfrist“ für Steuersünder mit Konten in der Türkei läuft damit aus.
Die Finanzdaten sind von türkischen Banken und Versicherungen sowie türkischen Niederlassungen ausländischer Finanzinstitute an die türkischen Finanzbehörden zu melden und werden von diesen automatisch ins Ausland gemeldet.
Bei den von natürlichen Personen zu meldenden Finanzdaten handelt es sich u.a. um Kontoinhaber, Steuernummer, Bank, Kontonummer, Kontosalden, Erträge wie Zinsen, Dividenden, Veräußerungsgewinne sowie Auszahlungen aus einigen Versicherungen und Rentenverträgen. Nicht zu erheben sind Informationen über die Quelle des Kontoguthabens, z.B. Einzahlungen, Renten oder Mieteinnahmen. Gleiches gilt unter gewissen Voraussetzungen, wenn ausländische Gesellschafter ein Unternehmen beherrschen, etwa für türkische Unternehmen, die überwiegend keine aktive wirtschaftliche Tätigkeit wie Produktion oder Handel ausüben oder im Ausland ansässige Unternehmen mit Konten in der Türkei.
Ob die Türkei Steuerdaten nach Deutschland meldet, richtet sich nach der Ansässigkeit und nicht nach der Staatsangehörigkeit. Wenn der Kunde neben seinem Wohnsitz auch eine Adresse in der Türkei hat, liefert die Türkei nur dann Daten, wenn der Hauptwohnsitz in Deutschland ist. Ergeben sich aus Bankunterlagen oder den Angaben zum Steuerstatus Hinweise auf einen Wohnsitz außerhalb der Türkei, muss der Kunde einen türkischen Hauptwohnsitz mit geeigneten Dokumenten glaubhaft machen, um einen Datenaustausch zu vermeiden.
Weiterverarbeitung der Steuerdaten in Deutschland?
Nach Erhalt der Steuerdaten prüfen die deutschen Finanzbehörden im ersten Schritt, ob diese richtig und vollständig in den jährlichen Einkommensteuerklärungen erklärt wurden. Bei Unstimmigkeiten können Steuernachzahlungen nebst Zinsen festgesetzt werden, für Zeiträume vor 2019 teils auf Schätzbasis. Zudem steht der Vorwurf einer Steuerhinterziehung im Raum. Diese kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, bestraft werden (§ 370 Abs. 3 AO).
In einem zweiten Schritt prüft das Finanzamt, welche weiteren Schlüsse die gemeldeten Daten zulassen. Kontostand oder Höhe des Vermögens in der Türkei werfen möglicherweise Fragen zur Herkunft des Vermögens auf: Reichen etwa die versteuerten Einkünfte nicht aus, um das gemeldete Vermögen zu erwirtschaften, so stammt es vielleicht aus erwirtschaftetem Schwarzgeld, nicht versteuerten Erbschaften oder Schenkungen. Wer nicht versteuertes Vermögen erbt, steuerliche Verfehlungen des Erblassers fortführt und nicht nachmeldet, macht sich selbst ebenfalls strafbar. Eine schwere Steuerhinterziehung ist bei Schwarzgeld, Schenkungen und insbesondere bei Erbschaften schnell erreicht.
Was kann man tun?
Die Aufnahme der Meldung von Steuerdaten nach Deutschland im Jahr 2021 könnte eine letzte Chance sein, noch rechtzeitig eine strafbefreiende Selbstanzeige einzureichen. Rechtzeitig ist diese jedoch nur, wenn die Steuerstraftat noch nicht entdeckt ist (§ 371 Abs. 2 Nr. 2 AO). Wer sichergehen will, sollte eine von Spezialisten vorbereitete Selbstanzeige unbedingt noch vor dem anstehenden Informationsaustausch einreichen.