In zwei aktuellen Entscheidungen (BFH vom 01.12.2020 – VIII R 21/17, DB 2021 S. 1305 und VIII R 40/18, DB 2021 S. 1172) hat der BFH nach 2016 (BFH vom 04.10.2016 – IX R 43/15, DB 2017 S. 522) erneut bestätigt, dass Erlöse aus Managementbeteiligungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind und nicht als Tätigkeitsvergütung. In den entschiedenen Sachverhalten lag der Fokus insbesondere auf der für Managementbeteiligungen typischen disproportionalen Zeichnung von Kapitalinstrumenten (sog. „Sweet Equity“, siehe dazu Koch-Schulte, HB-Steuerboard vom 29.05.2019). Damit hätte nun für viele Sachverhalte Rechtssicherheit einkehren können. Unter den Aktenzeichen VI R 1/21 und VI R 2/21 hat der VI. Senat nun jedoch erneut zwei vom FG Baden-Württemberg entschiedene Sachverhalte (vom 26.02.2020, nur 2 K 1774/17 ist veröffentlicht) zur Entscheidung angenommen.
VIII. Senat bestätigt das Urteil des IX. Senats vom 04.10.2016
Den BFH-Urteilen lagen zwei für Managementbeteiligungen typische, aber im Detail doch wieder verschiedene Sachverhalte zugrunde: So betraf das Urteil VIII R 40/18 einen angestellten Manager, während die Beteiligung im Urteil VIII R 21/17 von einem freiberuflich tätigen Berater verkauft wurde.
In beiden Fällen konnten der Manager bzw. der Beirat nachrangige Kapitalinstrumente erwerben, die aber im Verhältnis zu den vom Finanzinvestor zusätzlich gezeichneten vorrangigen Kapitalinstrumenten die volle Beteiligung an den stillen Reserven vermittelten. Durch diese disproportionale Zeichnung der Kapitalinstrumente erzielten beide Revisionsbeklagte im Rahmen des Exits eine (verglichen mit den Finanzinvestoren) wesentlich höhere Rendite, waren aber ursprünglich auch einem höheren Verlustrisiko ausgesetzt.
Trotz der von den Finanzgerichten herausgearbeiteten Details zur Sweet Equity-Struktur bestätigte der BFH seine im Urteil vom 04.10.2016 (IX R 43/15) aufgestellten Kriterien für die Qualifikation einer Managementbeteiligung als unabhängiges Sonderrechtsverhältnis und damit für die Besteuerung als Kapitalvermögen:
- Das Arbeitsverhältnis (oder die freiberufliche Tätigkeit) begründen keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung.
- Die Beteiligung wird zum Marktpreis erworben und veräußert.
- Der Manager trägt das volle Verlustrisiko aus der Beteiligung, unabhängig von der Höhe des eingesetzten Kapitals.
- Es ergeben sich aus der Tätigkeit des Managers keine besonderen Umstände, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen.
Und obwohl es im Fall des selbstständigen Beraters zunächst um die Frage ging, ob die Kapitalbeteiligung dem Betriebsvermögen zuzuordnen sei, wandte der VIII. Senat aber auch hier dieselben Kriterien für die Abgrenzung von Tätigkeitsvergütung und Kapitalbeteiligung an.
„Sweet Equity“ rechtfertigt keine andere Rechtsprechung
In Bezug auf die Sweet Equity-Struktur sieht der VIII. Senat eine höhere Besteuerung der Veräußerungserlöse nicht allein deshalb als gerechtfertigt an, weil mit der Beteiligung eine „erhöhte Gewinnchance“ verbunden ist. Die Veranlassung durch eine (nicht-)selbstständige Tätigkeit scheide aus, wenn der Manager seine Beteiligung zum Marktpreis erworben habe. Eine „erhöhte Gewinnchance“ wohnt nach Auffassung des BFH grundsätzlich jeder Kapitalbeteiligung inne.
Keine Aussage zur Einstiegsbewertung
Offen lässt der BFH die Frage zur Einstiegsbewertung von Sweet Equity-Beteiligungen. Insofern hatte sich die Revisionsbeklagte im Verfahren VIII R 21/17 zwar in der mündlichen Verhandlung dazu eingelassen, dass die Beteiligung zu günstig erworben worden sei. Da es sich insofern aber um einen neuen Tatsachenvortrag handelte, der im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann, konnte der BFH hierzu keine Stellung beziehen. Der Senat sah aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Tatsachenwürdigung des FG fehlerhaft zustande gekommen sei.
BFH neu zu FG Baden-Württemberg vom 26.02.2020 – 2 K 1774/17
Obwohl der VIII. Senat des BFH (zuständig für die Besteuerung von Kapitaleinkünften) nun in zwei wegweisenden Urteilen zur Besteuerung von Managementbeteiligungen ausführlich Stellung genommen hat, sieht sich der VI. Senat (zuständig für die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit) nicht gehindert, im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde (!) wiederum zwei ähnliche Sachverhalte zur Entscheidung anzunehmen. Auch hier hat erstinstanzlich das FG Baden-Württemberg entschieden.
Es lässt sich nur spekulieren, worin der VI. Senat die Rechtsfrage sieht, die es noch zu entscheiden gilt. Im Sachverhalt fällt vor allem auf, dass bei Erwerb der Beteiligung ein geldwerter Vorteil versteuert worden war, die Anteile also verbilligt erworben worden waren. Darin weicht der neue Sachverhalt von den bereits entschiedenen Sachverhalten ab. Das FG hat dies nicht als ein Indiz für die Besteuerung als Arbeitslohn gesehen, sondern maßgeblich auf das mit der Beteiligung verbundene unbeschränkte Verlustrisiko abgestellt. Denn der VI. Senat hat in seinem Urteil vom 17.06.2009 (VI R 69/06, DB 2009 S. 433) darauf hingewiesen, dass es keinen Grundsatz gibt, wonach Gewinne aus einer verbilligt überlassenen Mitarbeiterbeteiligung immer zu Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit führen. Allerdings hat er sich nicht mit der Rechtsprechung des VIII. und IX. Senats auseinandergesetzt, die den verbilligten Erwerb als Indiz für eine Besteuerung als Tätigkeitsvergütung wertet.
Ob ein verbilligter Erwerb der Beteiligung tatsächlich ein Indiz für eine Besteuerung der Veräußerungserlöse als Tätigkeitsvergütung sein kann, ist in der Tat unklar und faktisch nur schwer vorstellbar. Denn letztlich sind Erwerb und Verkauf unterschiedliche Besteuerungsereignisse, die grundsätzlich für sich steuerlich gewertet werden müssen. Insofern spricht viel dafür, dass es für die Abgrenzung vorrangig auf das Verlustrisiko aus der Beteiligung und auf den Verkauf zum Verkehrswert ankommen muss. Inwieweit der VI. Senat nun also in die bisherige Rechtsprechung eingreift, wird sich erst in einiger Zeit zeigen.