Das Betriebsvermögen einer GmbH & Co. KG umfasst generell Wirtschaftsgüter im Gesamthandvermögen der Gesellschaft. Darüber hinaus können auch Wirtschaftsgüter im Eigentum der Gesellschafter Betriebsvermögen darstellen (sog. Sonderbetriebsvermögen – „SBV“). Konkret trifft dies auf Wirtschaftsgüter zu, die entweder dazu bestimmt sind, dem Betrieb der Gesellschaft zu dienen (SBV I), oder solche, die unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters eingesetzt werden (SBV II). Zum SBV II gehören ggf. auch die Anteile des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH, wenn diese die Gesellschafterstellung des Kommanditisten dadurch stärken, dass sie für die KG wirtschaftlich vorteilhaft sind (z.B.: der Vertrieb erfolgt durch die Komplementär-GmbH) oder dadurch, dass sie den Einfluss des Kommanditisten auf die KG steigern (typischerweise durch einen beherrschenden Einfluss auf die Geschäftsführung der KG). Hat die GmbH & Co. KG einen eigenen Geschäftsbetrieb, muss entschieden werden, aus welchen Gründen die Anteile vorwiegend gehalten werden. Der BFH urteilte jetzt (Urteil vom 21.12.2021 – IV R 15/19, DB 2022 S. 574), dass hierfür – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – die Sicht des Kommanditisten entscheidend ist. Auch für den Fall, dass eine GmbH & Co. KG ausschließlich aus Komplementär-GmbH und Kommanditist besteht, seien die Komplementär-Anteile nicht zwingend SBV II.
Sachverhalt
Die Klägerin war eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG. Deren alleiniger Kommanditist war eine natürliche Person, die zugleich die Mehrheit der Anteile an der (nicht vermögensmäßig beteiligten) Komplementär-GmbH hielt. Weitere Gesellschafter gab es nicht (sog. zweigliedrige GmbH & Co. KG).
Die Klägerin vermietete einige wenige Wohnungen. Sie verfügte aber weder über eigene Geschäftsräume noch beschäftigte sie eigene Arbeitnehmer. Die Hausverwaltung und Buchführung erledigten vielmehr die Arbeitnehmer ihrer Komplementär-GmbH. Die Komplementär-GmbH hatte aber daneben eigene Immobilien und war an zahlreichen Immobiliengesellschaften beteiligt. Sie erzielte erhebliche Umsatzerlöse. Ihre Funktion als Komplementärin und ihre Tätigkeiten für die GmbH & Co. KG waren im Vergleich hierzu wirtschaftlich von geringerer Bedeutung.
Der Kommanditist schenkte einen Teil seiner Komplementär-Anteile seinen Kindern. Die Betriebsprüfung qualifizierte die Komplementär-Anteile als SBV II des Kommanditisten bei der GmbH & Co. KG und ging somit von einer steuerpflichtigen Entnahme der Anteile und ihrer Überführung ins Privatvermögen aus. Sie setzte einen Entnahmegewinn in zweistelliger Millionenhöhe an.
Betriebsprüfung: Sicht der GmbH & Co. KG ist entscheidend
Die Betriebsprüfung begründete die Zuordnung zum SBV II zum einen damit, dass die Komplementär-GmbH die Hausverwaltung und die Buchführung für die GmbH & Co. KG erledigte und sie somit mit der GmbH & Co. KG wirtschaftlich eng verflochten sei. Zum anderen führte die Betriebsprüfung an, dass die Komplementär-Anteile des Kommanditisten bei einer zweigliedrigen GmbH & Co. KG stets dem SBV II zuzuordnen seien.
Die Betriebsprüfung lag damit ganz auf Linie der veröffentlichten Ansicht der Finanzverwaltung zur Zuordnung eines Anteils an einer Komplementär-GmbH zum SBV (vgl. z.B. OFD Frankfurt/M. vom 03.12.2015 – S 2134 A-14-St 213, Tz. 13 und 17):
- Hiernach ordnet die Finanzverwaltung die von einem Kommanditisten gehaltenen Komplementär-Anteile – trotz eigenem Geschäftsbetrieb der Komplementär-GmbH – dem SBV II zu, wenn zwischen der GmbH & Co. KG und ihrer Komplementär-GmbH nicht unbedeutende Geschäftsbeziehungen Zu beurteilen sei dies aus der Sicht der GmbH & Co. KG.
- Zudem seien die Komplementär-Anteile in jedem Fall dem SBV II zuzuordnen, wenn die GmbH & Co. KG neben dem betreffenden Kommanditisten und der Komplementär-GmbH keine weiteren Gesellschafter hat (zweigliedrige GmbH & Co. KG). Begründet wird dies damit, dass die GmbH & Co. KG ohne die Komplementär-GmbH nicht existieren könne.
Im Urteilsfall wären die Komplementär-Anteile hiernach dem SBV II zuzuordnen gewesen. Denn die Hausverwaltung und Buchführung waren aus der Sicht der GmbH & Co. KG unstrittig bedeutende Tätigkeiten, weil sie ihre Vermietungstätigkeit ohne diese nicht hätte ausüben können. Zudem handelte es sich um eine zweigliedrige GmbH & Co. KG.
BFH: Sicht des Kommanditisten ist entscheidend
Der BFH hat dagegen auf die Sicht des Kommanditisten abgestellt und ist der Betriebsprüfung somit nicht gefolgt. Es sei aus der Sicht des Kommanditisten zu entscheiden, ob er die Komplementär-Anteile vorwiegend mit Rücksicht auf die Belange der GmbH & Co. KG oder aus anderen Gründen hält. Folgerichtig hat der BFH die Komplementär-Anteile nicht dem SBV II zugeordnet. Denn die Komplementär-GmbH unterhielt den wirtschaftlich bedeutenderen Geschäftsbetrieb, sodass die Annahme nahe lag, dass der Kommanditist sie vorwiegend mit Rücksicht auf ihren eigenen Geschäftsbetrieb gehalten hat.
Vor diesem Hintergrund war für den BFH auch nicht entscheidend, dass es sich um eine zweigliedrige GmbH & Co. KG handelte. Denn die Tatsache, dass die GmbH & Co. KG ohne die Komplementär-GmbH nicht existieren kann (keine Einmann-KG), bedeute nicht, dass der Kommanditist die Anteile vorwiegend aus diesem Grund halte. Unter Veranlassungsgesichtspunkten stehe diese Tatsache vielmehr allenfalls gleichrangig zum eigenen Geschäftsbetrieb der Komplementär-GmbH. Für eine Zuordnung zum SBV II sei das nicht ausreichend.
Bewertung
Dem BFH ist zuzustimmen. Die Prüfung, aus welchen Gründen der Kommanditist seine Anteile an der Komplementär-GmbH hält, kann der Sache nach nur aus der Sicht des Kommanditisten selbst beurteilt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er die betreffende Komplementär-GmbH jederzeit gegen eine andere GmbH hätte austauschen können. Aus diesem Grund greift das Argument der Finanzverwaltung, wonach die Komplementär-GmbH unverzichtbar sei, m.E. letztlich ins Leere. Denn unverzichtbar ist lediglich irgendein Komplementär.
Die Schenkung des Kommanditisten an seine Kinder ist ertragsteuerlich also nochmal gut gegangen. Es entspricht sicherlich nicht dem Prototyp einer Komplementär-GmbH, dass diese einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält, weil dies im Widerspruch zu ihrer haftungsabschirmenden Funktion steht. Gleichwohl zeigt dieser Fall, dass unbedingt geprüft werden sollte, ob Wirtschaftsgüter SBV darstellen, bevor sie übertragen oder auf sonstige Weise bewegt werden. Über den Fall der Schenkung von Wirtschaftsgütern hinaus gilt dies zum Beispiel auch bei Umwandlungen (z.B. Formwechsel, Ausgliederungen von (Teil-)Betrieben, etc.) oder der Optierung zur Körperschaftbesteuerung (§ 1a KStG). Speziell für die Anteile an einer Komplementär-GmbH gilt dies umso mehr, weil die Finanzverwaltung für den hier besprochenen Fall bislang gleichfalls davon ausgeht, dass die Komplementär-Anteile eine wesentliche Betriebsgrundlage der GmbH & Co. KG darstellen (vgl. z.B. OFD Frankfurt/M. vom 03.12.2015 – S 2134 A-14-St 213, Tz. 13 und 17) und Umwandlungen in der Regel nur dann ertragsteuerlich neutral erfolgen können, wenn zumindest die wesentlichen Betriebsgrundlagen mitübertragen werden.