Die Freude über eine steuerneutrale Umwandlung im Rahmen der §§ 20 oder 21 UmwStG ist oft groß. Allerdings lauert nicht weit entfernt die Gefahr, durch eine entsprechende Handlung einen der Tatbestände des § 22 UmwStG zu erfüllen und dadurch einen rückwirkenden Einbringungsgewinn I oder II auszulösen. So erging es auch den Steuerpflichtigen in dem Fall, über den das FG Münster (Urteil vom 30.12.2021 – 4 K 1512/15 F) zu entscheiden hatte. Hierbei führte ein heterogener Formwechsel einer GmbH in eine GmbH & Co. KG, der auf einen steuerneutralen Anteilstausch gefolgt ist, zu einem rückwirkend zu besteuernden Einbringungsgewinn II.
Verkürzter Sachverhalt
Zwei natürliche Personen (X und Y) hielten jeweils Anteile an der UB GmbH und der U GmbH. X und Y brachten ihre Anteile an der UB GmbH durch eine Kapitalerhöhung auf Ebene der U GmbH im Wege eines Anteilstauschs in diese ein. Noch am gleichen Tag wurde der Formwechsel der UB GmbH in eine Personengesellschaft (UB GmbH & Co. KG) beschlossen.
Die Einbringung der Anteile an der UB GmbH in die U GmbH sollte zu Buchwerten erfolgen, sodass die U GmbH beim zuständigen Finanzamt den Buchwertansatz der Anteile an der UB GmbH nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG beantragte.
Das Finanzamt vertrat in einer darauffolgenden Betriebsprüfung die Auffassung, dass der Formwechsel der UB GmbH gem. Tz. 00.02 des Umwandlungssteuererlasses einer Veräußerung gleichgestellt wird und somit eine Sperrfristverletzung gem. § 22 Abs. 2 UmwStG darstellt. Dies löse einen rückwirkend zu besteuernden Einbringungsgewinn II auf Ebene des X und Y aus.
X und Y legten daraufhin Einspruch ein und beantragen eine abweichende Feststellung aus Billigkeitsgründen mit Verweis auf die Tz. 22.23 des Umwandlungssteuererlasses, welcher jedoch vom Finanzamt nicht stattgegeben wurde. Daraufhin erhoben die Beteiligten Klage beim FG.
Entscheidung des FG Münster
Das FG urteilte, dass der nachgelagerte Formwechsel als Veräußerung qualifiziert und daher einen Einbringungsgewinn II ausgelöst hat. Dies aus folgenden Gründen:
Der Einbringungsgewinn II wird grds. gem. § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG dann ausgelöst, wenn die im Wege eines Anteilstauschs unter dem gemeinen Wert eingebrachten Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar veräußert werden.
Grundsätzlich ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH unter einer Veräußerung die Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf einen anderen Rechtsträger zu verstehen. Zusätzlich soll, aufgrund der – wenn auch negativen – Bezugnahme zu § 8b Abs. 2 KStG, die Veräußerung entgeltlich, d.h. gegen eine Gegenleistung erfolgen. Allerdings sind laut BFH-Rechtsprechung tauschähnliche Vorgänge einer Veräußerung gleichzustellen und müssen lediglich eine „Ähnlichkeit“ vorweisen und nicht sämtliche Merkmale eines „vollwertigen“ Austauschs von Leistung und Gegenleistung bei den Transaktionsbeteiligten aufweisen. Der BFH hatte daher auch schon in vergangenen Urteilen den Formwechsel – auch im Zusammenhang mit § 22 Abs. 2 UmwStG – als tauschähnlich und daher als Veräußerungsvorgang qualifiziert (im damaligen Urteil allerdings für einen Formwechsel auf Anteilseignerebene).
Der Anteilseigner (hier U GmbH) ist beteiligter des tauschähnlichen Geschäfts indem er für die (unter Transparenzgesichtspunkten bzw. mittelbar) erhaltenen Wirtschaftsgüter seinen bisherigen, im Zuge des Formwechsels untergehenden Kapitalgesellschaftsanteil „als Gegenleistung“ hingibt. Somit soll der Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft daher auf der Ebene des Anteilseigners der formwechselnden Kapitalgesellschaft ein tauschähnliches, mithin ein Veräußerungsgeschäft („Kapitalgesellschaftsanteil gegen Wirtschaftsgüter“) darstellen, welches zwangsläufig eine Sperrfristverletzung darstellt.
Laut FG kommt auch weder eine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG noch eine abweichende Festsetzung der Steuer aus Billigkeitsgründen in Betracht. Insbesondere das Argument, dass die Wirtschaftsgüter der formgewechselten Gesellschaft weiterhin im Körperschaftsteuerregime verstrickt seien, sieht das FG für eine einschränkende Auslegung nicht als ausreichend an. Einerseits habe der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 Hs. 2, Abs. 2 Satz 6 UmwStG einen Ausnahmetatbestand normiert, der ausschließlich Einbringungsfälle erfasse, sodass bereits für sich betrachtet kein Raum für eine über den Wortlaut hinausgehende Ausdehnung besteht. Andererseits leitet das FG aus dem Ersatzrealisationstatbestand des § 22 Abs. 2 Satz 6 Nr. 3, Abs. 2 Satz 6 UmwStG ab, dass diese Regelung unter Beachtung des Telos von § 22 UmwStG die Wertung zu erkennen gebe, dass der Untergang der Kapitalgesellschaftsbeteiligung samt dem Wegfall einer Besteuerungsebene sperrfristverletzend sei.
Den Billigkeitsantrag der Klägerin lehnte das FG ebenfalls ab, da der Gesetzgeber für einen Formwechsel, anders als für andere Vorgänge, keine Ausnahmeregelung vom Sperrfristverstoß geschaffen habe und der Formwechsel eben nicht mit den kodifizierten Ausnahmen vergleichbar ist.
Fazit
Während ein homogener Formwechsel nicht zu einer Sperrfristverletzung führt, ist bei einem heterogenen Formwechsel Vorsicht geboten.
Während der BFH (BFH vom 18.11.2020 – I R 25/18, DB 2020 S. 1508) bereits für einen heterogenen Formwechsel auf Ebene der Anteilseignerin entschieden hatte, dass dieser als Veräußerung qualifiziert und somit eine Sperrfristverletzung auslöst, hatte nunmehr das FG Münster die Chance dies für einen Formwechsel auf Ebene der Tochtergesellschaft zu entscheiden. Das Urteil erscheint auf Basis der bisherigen Rechtsprechung nicht überraschend und verdeutlicht die konsequente Umsetzung der Veräußerungsgrundsätze. Als Folgeumwandlungen bei einem Anteilstausch, welche nicht zu einem nachträglichen Einbringungsgewinn führen, sind daher nur die in § 22 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UmwStG genannten Vorgänge in der Praxis von Nutzen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Sachverhalts wurde die Revision zum BFH zugelassen, die unter dem Az. I R 10/22 anhängig ist. Dabei bleibt es spannend, wie sich der BFH zu einer etwaigen teleologischen Reduktion des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG äußern wird.