Lebenszyklus einer Gewerbeimmobilie im Steuerrecht – vom Erwerb über die Vermietung bis zum Verkauf

StB Dr. Anders Kraft, Partner, und StBin Dr. Susanne Knoch, Counsel bei Ashurst in Frankfurt/M.

Der Markt für Gewerbeimmobilien boomt seit geraumer Zeit. Die Motive zum Erwerb einer Gewerbeimmobilie sind unterschiedlich. Investoren sind entweder an einer stabilen langfristigen Investition interessiert, die laufende und nahezu gleichbleibende Erträge abwirft, oder aber setzen auf die Wertsteigerung, die bei einem späteren Verkauf, dem sogenannten Exit, realisiert werden kann. Eine wesentliche Rolle spielen unabhängig davon die steuerlichen Rahmenbedingungen, die bereits beim Erwerb, aber auch über die Haltedauer bis zum Verkauf maßgeblich auf die Wirtschaftlichkeit des Investment Einfluss nehmen.

Erwerb

Grunderwerbsteuer: Zunächst gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, eine Gewerbeimmobilie zu erwerben. Entweder wird die Immobilie selbst erworben (Asset Deal) oder aber die Gesellschaft, die Eigentümerin der Immobilie ist (Share Deal). In der Vergangenheit war die Grunderwerbsteuer ein wesentlicher Treiber für einen Share Deal. Im Gegensatz zum Share Deal entsteht beim Asset Deal stets Grunderwerbsteuer in Höhe von (je nach Bundesland) 3,5 % bis 6,5% des Kaufpreises. Beim Share Deal konnte die Grunderwerbsteuer in der Vergangenheit dadurch vermieden werden, dass die Gesellschaft durch mehrere Erwerber erworben wurde, von denen keiner die maßgebliche Beteiligungsschwelle (damals 95%) erreichte. Dieser, zum Teil gegenüber privaten Grundstückserwerbern als ungerecht empfundenen Möglichkeit ist der Gesetzgeber im vergangenen Jahr begegnet, so dass es nunmehr schwerer ist, durch gezielte Strukturen die Grunderwerbsteuer beim Share Deal zu vermeiden. Der Frage, ob die Gewerbeimmobilie im Rahmen eines Share oder Asset Deals erworben werden soll, kommt für grunderwerbsteuerliche Zwecke daher nunmehr weitaus geringere Bedeutung zu als in der Vergangenheit.

Umsatzsteuer: Der Erwerb einer Immobilie ist für den Erwerber in der Regel in umsatzsteuerlicher Hinsicht ein Nullsummenspiel. Entweder entsteht keine Umsatzsteuer, weil es sich um eine sog. Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt, weil der Erwerber die Vermietung durch den Veräußerer fortführt (was z.B. beim sale and lease back nicht der Fall ist), oder der Erwerber, der die Umsatzsteuer selbst direkt an das Finanzamt zu begleichen hat, kann diese direkt mit der (i.d.R. gleich hohen) Vorsteuer verrechnen (sog.Reverse-Charge-Verfahren), so dass keine Zahllast entsteht.

Laufende Besteuerung

Umsatzsteuer: Gewerbeimmobilien werden in der Regel umsatzsteuerpflichtig vermietet. Der Vermieter stellt die Miete zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung und kann im Gegenzug für sämtliche Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Immobile entstehen, die Vorsteuer abziehen. Dies betrifft sowohl die laufenden Kosten als auch den Erwerb, die Instandhaltung, die Renovierung oder den Ausbau.

Dieses System gerät ins Wanken, wenn die entsprechende Gewerbeimmobilie zum Teil nicht umsatzsteuerpflichtig vermietet ist, weil die Mieter ihrerseits nicht umsatzsteuerpflichtig sind, wie z.B. Banken, Versicherungen, Ärzte oder öffentliche Einrichtungen. In diesem Fall entstehen dem Erwerber durch die nicht-abziehbare Vorsteuer echte Kosten, was im Business Plan entsprechend zu berücksichtigen ist.

Gewerbesteuer: In steuerlicher Hinsicht ist vor allem die Gewerbesteuer ein entscheidender Kostenfaktor. Sie beträgt bis zu 15% und ist sowohl bei der laufenden Vermietung als auch beim Verkauf der Immobilie von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Werden Gewerbeimmobilien durch inländische Gesellschaften gehalten, sind sämtliche Gewinne in der Regel gewerbesteuerpflichtig und nur dann im Ergebnis gewerbesteuerfrei, wenn die sogenannte erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung greift, wenn die Gesellschaft also ausschließlich eigene Immobilien hält und verwaltet. Bei einer reinen Immobiliengesellschaft dürfte das auf den ersten Blick zutreffen. Allerdings kann auch hier die Mitvermietung von Gegenständen, die dem Betrieb des speziellen Mieters dienen (z.B. Lastenaufzüge, Laderampen aber auch besonders ausgestaltete Räumlichkeiten, wie z.B. Tresorräume) die Gewerbesteuerfreiheit gefährden. Diesem Risiko ist der Gesetzgeber kürzlich zwar begegnet, indem er eine Bagatellgrenze eingeführt hat. Nichts desto trotz bedarf es weiterhin der Identifizierung von Betriebsvorrichtung beim Ankauf einer Gewerbeimmobilie und ggf. deren Separierung in einer eigenen Gesellschaft. Schädlich für die erweiterte Kürzung können darüber hinaus auch Dienstleistungen sein, die der Vermieter im Rahmen der Vermietung erbringt und die das Maß der üblichen Vermieterleistungen übersteigen sowie der gewerbliche Grundstückshandel (siehe dazu unten).

Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten erwerben Investoren oftmals Immobilien durch ausländische Gesellschaften oder verlegen deutsche Gesellschaften, die sie erworben haben, ins Ausland. Ausländische Gesellschaften sind grundsätzlich nicht gewerbesteuerpflichtig. Zwar kann auch diese unter bestimmten Umständen eine Gewerbesteuerpflicht treffen, allerdings ist das Risiko geringer als bei inländischen Gesellschaften.

Exit

Die vorstehend genannten Themen beim Erwerb einer Gewerbeimmobilie spielen gleichermaßen eine Rolle für den sogenannten Exit, also den Verkauf. Besonderes Augenmerk ist, soweit Grundstücke verkauft werden, auf das Thema des Grundstückshandels zu richten. Werden innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Immobilien verkauft, so vermutet die Finanzverwaltung einen Grundstückshandel mit der Folge der Gewerbesteuerpflicht der laufenden Gewinne sowie des Veräußerungsgewinns. Diese sogenannte „Drei-Objekt-Grenze“ kann auch dann überschritten werden, wenn nicht Grundstücke selbst sondern Beteiligungen an Grundstückspersonengesellschaften veräußert werden; sie ist zudem nicht starr, auch bei ihrem Unterschreiten kann bei entsprechender Verkaufsabsicht bereits bei Erwerb ein Grundstückshandel angenommen werden. Der Grundstückshandel infiziert die gesamte Immobiliengesellschaft dann rückwirkend und führt zur Gewerbesteuerpflicht und der Versagung der laufenden Abschreibungen auf die Immobilien.

Haftung

Selbst wenn nicht eine Immobiliengesellschaft erworben wird, deren sämtliche Risiken der Erwerber ohnehin mittelbar übernimmt, kann auch den Erwerber einer Immobilie eine Haftung für bestimmte Steuern des Verkäufers treffen. Dies betrifft Betriebssteuern, insbesondere Gewerbe- und Umsatzsteuer sowie die Bauabzugssteuern und die Grundsteuern. Der Erwerber muss daher auch beim Asset Deal prüfen, inwieweit der Verkäufer seinen steuerlichen Pflichten in der Vergangenheit nachgekommen ist, um eine solche Haftung auszuschließen. Auch hier kommt der Gewerbesteuer eine besondere Bedeutung zu. Besteht eines der vorstehend beschriebenen gewerbesteuerlichen Risiken, haftet der Erwerber für etwaige auch später noch festgesetzte Gewerbesteuern des Verkäufers. Bzgl. der Umsatzsteuer stellt sich zudem für den Erwerber das Problem, dass er für unzutreffende Vorsteuerabzüge in der Vergangenheit haften kann.

Fazit

Während des gesamten Lebenszyklus einer Immobilie spielen steuerliche Themen eine erhebliche Rolle und können die Wirtschaftlichkeit einer Immobilieninvestition maßgeblich beeinflussen. Dies beginnt beim Erwerb mit der Grunderwerbsteuer und geht über die Umsatzsteuer bis hin zu den erheblichen Auswirkungen der Gewerbesteuer. Ein bedeutender Teil der steuerlichen Risiken aus der Vergangenheit und dem Verkauf selbst sind für den Erwerber einer Gewerbeimmobilie auch bei einem Erwerb des Grundstücks selbst von Bedeutung, da er gegebenenfalls für diese haftet. Daher beinhalten auch reine Grundstückskaufverträge komplexe Regelungen, die die Verteilung der steuerlichen Risiken zwischen den Parteien zum Inhalt haben und den Käufer im Falle der Inanspruchnahme vor einer Haftung für die Steuern des Veräußerers schützen sollen.

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