Der Bundestag hat am 2. Dezember 2022 das JStG 2022 entsprechend der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses beschlossen. Am 16.12. wurde es im Bundesrat verabschiedet und am 20.12. im Bundesgesetzblatt veröffentlich (BGBl I 2022 S. 2294). Dabei enthält dieses Gesetz im Vergleich zum Regierungsentwurf immerhin noch mal 39 Änderungen. Auch die Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen wurde nochmals angepasst. So tritt die vorgesehene Steuerbefreiung von der Einkommensteuer nun schon rückwirkend zum 1. Januar 2022 und nicht wie geplant, erst zum 1. Januar 2023 in Kraft. Zudem unterfallen dieser Steuerbefreiung nun auch Photovoltaikanlagen auf Gebäuden, die nicht überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden, also auch für gewerblich genutzte oder sonstige Gebäude. Die Einführung des Nullsteuersatzes mit Vorsteuerabzug bei der Umsatzsteuer wird dagegen, wie vorgesehen, erst 2023 umgesetzt. Damit gelten für den Betrieb kleiner Photovoltaikanlagen nach dem JStG 2022 die folgenden Grundsätze.
Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen – ab 2022 (§ 3 Nr. 72 EStG)
3 Nr. 72 EStG befreit Einnahmen aus bestimmten Photovoltaikanlagen für Veranlagungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2021 enden, von der Einkommensteuer. Im Ergebnis wird die Steuerbefreiung damit bereits rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 2022 gewährt. Auch bereits angeschaffte und in Betrieb genommene Anlagen fallen damit unter diese Neuregelung.
Unter diese Steuerbefreiungen fallen Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Gesamtbruttoleistung (lt. Marktstammdatenregister) von 30kW auf Einfamilienhäuser bzw. 15kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, wie z.B. Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Häusern. Die zunächst vorgesehene Beschränkung auf zu überwiegend Wohnzwecken dienender Gebäude wurde nicht umgesetzt. Dabei gilt diese Steuerbefreiung für den Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis max. 100kW (peak) (sog. „100-kW-(peak)Grenze“).
Die Steuerbefreiung gilt unabhängig von der Verwendung des Stroms, d. h. z. B. auch bei vollständiger Einspeisung in das öffentliche Netz. Soweit danach in einem Betrieb lediglich steuerfreie Einnahmen erzielt werden, muss zukünftig kein Gewinn ermittelt werden. Bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt der Betrieb einer solchen Photovoltaikanlage zu keiner gewerblichen Infektion mehr, wenn die begünstigten Anlagegrenzen nicht überschritten werden.
3 Nr. 72 EStG findet nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für Körperschaften Anwendung. So sind die entsprechenden Einkünfte auch bei vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaften, Stiftungen und Genossenschaften freizustellen. Die sog. „100-kW-(peak)Grenze“ gilt dabei je Steuerpflichtiger (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) bzw. Mitunternehmerschaft.
Unklar bleibt vorerst, welche Rolle diese steuerfreien Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 72 EStG dann sowohl bei der gewerbesteuerlichen Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz Nr. 3 b GewStG als auch bei der Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 Satz 3 KStG spielen werden. In der Gesetzesbegründung wird zwar explizit betont, dass durch die neuen steuerfreien Einnahmen keine gewerbliche Infektion (mehr) stattfinde. Zu den genannten Regelungen enthalten der Gesetzbeschluss und die dazu vorliegende Gesetzesbegründung aber keine Aussagen, auch steht – soweit ersichtlich – eine Anpassung der bei-den Paragrafen noch nicht zur Debatte.
Sollten nach der Neuregelung steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 72 EStG vorliegen, müssten gerade Steuerpflichtige, welche die betreffenden Anlagen auf Gebäuden installiert haben, die selbst für weitere Einkünfte genutzt werden (Gebäude im Betriebsvermögen oder Vermietungsobjekte) eine genaue Kostenaufteilung vornehmen. Denn die Kosten, die im Zusammenhang mit einer solchen -nunmehr steuerbefreiten- Anlage stehen, dürfen zukünftig gemäß § 3c Abs. 1 EStG nicht (mehr) als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Davon betroffen wären insbesondere die Abschreibung sowie die Instandhaltungs- und Finanzierungskosten der Anlage.
Erweiterung der Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen
Da durch die Freistellung der Einkünfte aus den Photovoltaikanlagen die Pflicht zur Gewinnermittlung wegfällt, spielen diese Einkünfte für die Einkommensteuererklärungen von natürlichen Personen keine Rolle mehr. Daher werden nun Steuerpflichtige, die neben den Einkünften nach § 3 Nr. 72 EStG keine weiteren Gewinneinkünfte erzielen, die Möglichkeit erhalten, einem Lohnsteuerhilfeverein beizutreten und seine Einkommensteuererklärung von ihm vorbereiten zu lassen. § 4 Nr. 11 Satz 1 Buchst. b StBerG wurde um die neuen steuerfreien Einnahmen erweitert.
Diese Neuerung führt jedoch nicht zur Erweiterung der Kompetenzen für Lohnsteuerhilfevereine. So dürfen diese in Zukunft nur Steuerpflichtige unterstützen, die Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) betreiben. Damit wären Hilfeleistungen bei Anlagen auf Vermietungsobjekten, bei denen eine Anlage bis zu 100 kW (peak) möglich wäre, ausgeschlossen. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahreserklärungen durch Lohnsteuerhilfevereine weiterhin unzulässig bleibt. § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG bleibt insoweit bestehen. Der Steuerpflichtige kann die Voranmeldungen und Erklärungen weiterhin selbst abgeben oder eine zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugte Person oder Gesellschaft beauftragen. Insoweit kommt es nicht zu Wechselwirkungen.
Besteuerung mit Umsatzsteuer
Für die Besteuerung mit Umsatzsteuer gilt seit 1.1.2023 ein sog. „Nullsteuersatz“ mit Vorsteuerabzug. Dieser bezieht sich auf die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern, soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Photovoltaikanlage handelt und die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für das Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Dabei gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn die Leistung der Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt. Dagegen müssen Betreiber größerer Anlagen die Voraussetzungen nachweisen, allerdings ist noch nicht klar, wie diese Nachweise zu erbringen sind. Es bleibt abzuwarten, ob der Umsatzsteueranwendungserlass angepasst wird.
Entsprechendes gilt auch für die Lieferung der einzelnen Komponenten an den Betreiber der Anlage, die unter den Nullsteuersatz fallen. So besteht auch die Möglichkeit, die Anlage selbst zu installieren.
Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass sich Photovoltaikanlagenbetreiber umsatzsteuerlich nicht mehr allein wegen des begehrten Vorsteuerabzugs registrieren und auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) verzichten müssen, weil sie bei der Anschaffung der Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden. Zugleich wird dadurch die Notwendigkeit der Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG vermieden. Es bleibt jedoch dabei, dass die Umsätze aus dem Betrieb dieser Anlagen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind. Sofern die Betreiber der Anlage jedoch unter die Kleinunternehmerregelung fallen, wirkt dies sich auf sie nicht aus.
Im Zusammenhang mit der Neuregelung sei auch auf § 29 UStG hingewiesen. Wurde eine Photovoltaikanlage im Jahr 2022 bestellt, aber erst nach dem 1. Januar 2023 geliefert, steht dem Käufer hieraus unter Umständen ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch in Höhe der Umsatzsteuer gegen den Lieferanten zu. Dieser Anspruch besteht jedoch nur, sofern der Kaufvertrag für die Photovoltaikanlage spätestens bis vier Monate vor Inkrafttreten der Neuregelung abgeschlossen wurde (vor dem 1. September 2022) und die Vertragsparteien nichts Abweichendes vereinbart haben.
Fazit
Die Neuregelung zur steuerlichen Behandlung von kleinen Photovoltaikanlagen durch das JStG 2022 sind ausdrücklich zu begrüßen. Gerade die ertragsteuerliche Freistellung der Einnahmen aus den entsprechenden Anlagen in § 3 Nr. 72 EStG sollte zu einer erheblichen Vereinfachung und Entlastung beitragen. Es ist auch zu begrüßen, dass die vom Bundesministerium für Finanzen bisher nur im BMF-Schreiben vom 02.06.2022 geregelte Erleichterung für kleine Anlagen nun in eine gesetzliche Reglung überführt und ausgeweitet wurde. Dass diese Steuerbefreiung jedoch rückwirkend zur Anwendung kommt, dürfte einige Anlagenbetreiber überraschen, vielleicht auch nicht positiv. Denn mit der Steuerbefreiung entfällt auch die Möglichkeit, für die bereits angeschafften und in Betrieb genommenen Anlagen eine Sonderabschreibung vorzunehmen und die Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags. Diese Aspekte dürfte jedoch bei der Entscheidung für eine Anschaffung eine Rolle gespielt haben. Ob die Voraussetzungen hierfür, gerade die Betriebsvermögenszugehörigkeit im Rahmen des § 7g Abs. 4 S. 1 EStG, weiterhin erfüllt sind, ist ungeklärt. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Gesetzgeber hier positioniert. Zudem entfällt mit der Gesetzesänderung die Möglichkeit, einen Verlust ertragsteuerlich geltend zu machen.
Zu beachten ist zudem, dass die umsatzsteuerliche Regelung („Nullsteuersatz mit Vorsteuerabzug“) und die Steuerbefreiung von der Einkommensteuer nicht gleichlaufend sind. Während in der Ertragsteuer Einnahmen aus Anlagen bis zu 100 kW (peak) von der Besteuerung ausgenommen werden und auch eine Begünstigung von Anlagen auf betrieblichen oder gemischt genutzten Gebäuden möglich wäre, findet der Nullsteuersatz nur bei Lieferung von Anlagen für Privatwohnungen, Wohnungen und dem Gemeinwohl dienenden Gebäuden Anwendung. Dies kann dazu führen, dass sich Betreiber von kleineren Anlagen auf Gewerbeimmobilien und gemischt genutzten Immobilien sich aktiv für oder gegen die Kleinunternehmerregelung entscheiden müssen, weil für die Lieferungen dieser Anlagen kein Nullsteuersatz gewährt wird.