In 32 verschiedenen Artikeln enthält der Entwurf zum Jahressteuergesetz 2010 rund 180 Veränderungen zu verschiedenen Abgabenarten. Eine der Neuregelung betrifft die Erweiterung der Umsätze bei der Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei der Umsatzsteuer ab 2011. Durch diese gesetzliche Sonderregelung sollen Umsatzsteuerausfälle beim Fiskus verhindert werden.
Gemäß § 13b Abs. 2 Nr. 1 bis 3 UStG geht die Steuerschuld vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger über, wenn es sich bei dem Umsatz um eine Werklieferung oder sonstige Leistung eines ausländischen Unternehmers, um die Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände außerhalb des Insolvenzverfahrens oder um Umsätze handelt, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. Dabei schulden auch Kleinunternehmer und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen, die Umsatzsteuer. Die Schuldnerschaft erstreckt sich sowohl auf die Umsätze für den nichtunternehmerischen als auch auf die Umsätze für den unternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers.
Bei diesem sog. Reverse-Charge-Verfahren wird grundsätzlich nur die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt überwiesen, der leistende Unternehmer erhält vom Empfänger nur den Nettobetrag ausbezahlt. Da der die Leistung empfangende Unternehmer den Betrag aber gleichzeitig wieder als Vorsteuer abziehen kann, fließen aus diesem Geschäft insgesamt in der Regel keine Gelder an das Finanzamt. Dies verhindert, dass der Fiskus auf der einen Seite Vorsteuer erstattet, die er auf der anderen Seite nicht als Umsatzsteuer kassiert. Mithin soll das vereinfachte Verfahren hier den Staat vor Steuerausfällen schützen.
Bei Umsätzen ab 2011 gilt das Reverse-Charge-Verfahren jetzt für weitere Umsätze, nachdem es jüngst bereits auf den Handel mit CO2-Emmissionszertifikaten ausgeweitet wurde. Hinzu kommen ab dem Jahreswechsel die Lieferung von Industrieschrott, Altmetall, sonstigen Abfallstoffen sowie Gold. Darüber hinaus wird auch die Reinigung von Gebäuden durch Subunternehmer einbezogen. Das Reverge-Charge-Verfahren führt als Vereinfachungsmodell de facto zu einem erheblichen steuerlichen Mehraufkommen.
Die Diskussion über Steuervereinfachung muss also nicht zwingend mit einem „Tunnelblick“ auf steuerliche Vergünstigungen geführt werden. Vielmehr sollte die Politik – wenn sie schon Aufkommenspotenziale hebt – Steuerleichterungen zugunsten des Steuerpflichtigen sich nicht per se aufgrund der Haushaltslage verschließen.