Optionen auf den Bezug von Aktien können Mitarbeitern auf „betrieblicher Ebene“ durch Überlassung bereits bestehender (§ 71 Absatz 1 AktG) oder auf gesellschaftsrechtlicher Ebene durch Überlassung neu geschaffener, so genannter junger Aktien (§ 192 Absatz 2 Nummer 3 AktG) gewährt werden. Für die Besteuerung des Vorteils aus der Optionsausübung bei den Mitarbeitern ergibt sich daraus kein Unterschied. Bei beiden Szenarien ist der Unterschied zwischen dem (niedrigsten) Kurs der Aktien am Tag der Überlassung und dem vereinbarten Bezugspreis als Arbeitslohn zu versteuern.
Nun entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 25. 8. 2010 (Az. I R 103/09), dass die Gewährung von Optionen auf den Bezug junger Aktien beim Unternehmen nicht zu einem gewinnmindernden Personalaufwand führt. Der BFH führte aus, dass über den Betriebsvermögensvergleich für die steuerrechtliche Ermittlung des Einkommens des Unternehmens die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gelten. Die International Accounting Standards (IAS) bzw. die International Financial Reporting Standards (IFRS) sind dagegen unmaßgeblich.
Die handelsbilanzielle Abbildung der Gewährung von Optionen auf Bezug junger Aktien ist jedoch in der einschlägigen Literatur mangels expliziter Regelungen seit langem umstritten und bis heute Gegenstand der Diskussion. Dabei stehen sich im Wesentlichen drei Meinungen gegenüber:
- Buchung eines Personalaufwands gegen Kapitalrücklage im Zeitpunkt der Einräumung der Optionen, weil die Optionsgewährung einen Austausch von Optionsrechten und Arbeitsleistung darstellt, der auf Gesellschaftsebene veranlasst und begründet ist.
- Keine Buchung bei Einräumung der Optionen, weil aufgrund des Verwässerungseffekts bei den Alt-Aktionären sich für das Unternehmen kein zukünftiger Aufwand ergibt, der die Bildung einer Rückstellung in der Bilanz rechtfertigen würde. Bei Überlassung der Aktien wird lediglich die Kapitalerhöhung gebucht.
- Buchung des Personalaufwands gegen eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten, weil ein Erfüllungsrückstand für bereits erbrachte Arbeitsleistung besteht.
Insbesondere die Meinungen unter Punkt 1. und Punkt 2. werden in wesentlichen Teilen der handelsrechtlichen Literatur für sachgerecht erachtet, so dass sie als anerkannte „handelsrechtliche Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung“ bezeichnet werden können.
Der BFH setzt sich im Urteil vom 25.8.2010 mit diesen Meinungen im Rahmen der Konkretisierung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung unter dogmatischen Gesichtspunkten auseinander und schließt sich der unter Punkt 2. genannten Meinung an, wonach die Gewährung von Mitarbeiteraktienoptionen im Jahresabschluss – mit Wirkungen für die Besteuerung – nicht erfolgswirksam berücksichtigt werden kann.
Mit dieser Entscheidung des BFH wird sich künftig eine steuerlich aufwandswirksame Erfassung der Gewährung von Optionen auf den Bezug junger Aktien nicht mehr darstellen lassen, wenn ein in Deutschland ansässiges Unternehmen seinen Mitarbeitern Optionen gewährt.
Personalaufwand ist jedoch auch nach der Entscheidung des BFH vom 25.8.2010 zu erfassen, wenn die Optionen von einem ausländischen Konzernunternehmen, in der Regel der Muttergesellschaft, Mitarbeitern des inländischen Tochterunternehmens gewährt werden, die die Optionen für ihre Tätigkeit beim Tochterunternehmen erhalten.
Bei isolierter Betrachtungsweise führt die Gewährung von Optionen beim Tochterunternehmen zwar weder zur Überlassung junger Anteile – diese werden von der Muttergesellschaft überlassen – noch ist das Tochterunternehmen unmittelbar aus der Optionsgewährung verpflichtet. Damit ist die Optionsgewährung beim Tochterunternehmen, für sich betrachtet, bilanziell nicht zu erfassen. Gleichwohl muss das Tochterunternehmen bei diesem Szenario Aufwand erfassen. Die OECD geht davon aus, dass die Muttergesellschaft durch die Bereitstellung des Optionsplans gegenüber dem Tochterunternehmen eine Finanzdienstleistung erbringt, für die bei Einführung des Optionsplans und spätestens bei Optionsgewährung eine dem Grundsatz des Fremdverhaltens entsprechende Vergütung zu vereinbaren ist. Für die Gewinnabgrenzung kommen die Zeitwertmethode, die Kostenmethode und die Verrechnungspreisermittlung aus Sicht des begünstigten Tochterunternehmens in Betracht.
Bei Bedienung der Optionen mit jungen Aktien kommen für die zwischenstaatliche Gewinnabgrenzung insbesondere Zeitwertmethode und Verrechnungspreisermittlung aus Sicht des Tochterunternehmens in Betracht. Aber selbst wenn die Gesellschaft ihre Vergütung auf der Grundlage der Kostenmethode berechnet, sind die – dogmatischen – Gesichtspunkte, die nach handelsbilanziellen Grundsätzen und über den Maßgeblichkeitsgrundsatz auch steuerlich gegen eine aufwandswirksame Erfassung der Gewährung von Optionen auf den Bezug junger Aktien mangels Aufwand bei der (Mutter)Gesellschaft angeführt werden, unter Verrechnungspreisgesichtspunkten nicht maßgeblich. Für die zwischenstaatliche Gewinnabgrenzung auf der Grundlage des Art. 9 OECD MA ist nicht erforderlich, dass bei der Muttergesellschaft tatsächlich Kosten entstehen. Für die Kostenmethode können wirtschaftliche Kosten zugrundegelegt werden.
Zudem ergibt sich weder aus den nationalen Vorschriften zum Betriebsausgabenabzug noch unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Gewinnausschüttung ein Abzugsverbot; die bei dem Tochterunternehmen eintretende Vermögensminderung ist nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
Somit kann ein inländisches Tochterunternehmen ungeachtet des BFH-Urteils vom 25. 8.2010 – grundsätzlich – die Vergütung, die eine ausländische Muttergesellschaft diesem für die Gewährung von Optionen an Mitarbeiter des Tochterunternehmens berechnet, als Personalaufwand gewinnmindernd geltend machen, sofern es auf der Grundlage einer Vereinbarung mit der ausländischen Muttergesellschaft indirekt aus der Optionsgewährung mit Kosten belastet wird.