Nachdem ich Ihnen letzte Woche die dogmatischen Brüche der deutschen Ent- und Verstrickungsbesteuerung beschrieben habe, möchte ich heute die ebenfalls aufgezeigten Asymmetrien wieder aufgreifen. Welche Konsequenzen sich dabei für die Beratungspraxis ergeben und welche Ansätze sich für eine Steuerplanung ergeben können, soll an einem kleinen Praxisfall deutlich gemacht werden.
Folgender Sachverhalt ist gegeben: eine österreichische Forschungs-Betriebsstätte entwickelt eine Maschine, welche nach Fertigstellung in das deutsche Stammhaus überführt wird und dort dauerhaft verwendet wird. Durch die Überführung ist das Wirtschaftsgut nun zwingend dem deutschen Stammhaus zuzurechnen. Für die österreichische Betriebsstätte hat dies zur Folge, dass nach § 6 Z 6 EStG (Österreich) das Wirtschaftsgut mit dem Fremdvergleichswert ausscheidet. Nach § 6 Z 6 lit. b Nr. 2 EStG (Österreich) entfällt auf Antrag die Festsetzung der hierdurch entstehenden Steuerschuld. Erst zu dem Zeitpunkt, indem die Maschine aus dem deutschen Stammhaus durch eine Realisation am Markt ausscheidet, wird die österreichische Betriebsstätte durch Aufdeckung der dort angewachsenen stillen Reserven steuerlich belastet. Somit erfährt das Unternehmen erst in dem Moment einen Liquiditätsnachteil, in welchem es auch durch den Vertrieb am Markt einen entsprechenden Vorteil erfahren hat.
In dem deutschen Stammhaus wird dagegen nach § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG das Wirtschaftsgut steuerverstrickt. Die Aktivierung erfolgt nach § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG mit dem gemeinen Wert, der als solches auch die Bemessungsgrundlage für die künftige Abschreibung darstellt. Das steuerliche Schicksal des Wirtschaftsguts bestimmt sich fortan somit ausschließlich nach nationalem Recht. Wird die Maschine zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Unternehmen heraus verkauft, werden so auch nur diejenigen stillen Reserven aufgedeckt, welche während der Zugehörigkeit zu dem deutschen Stammhaus entstanden sind. Selbst bei einer vorgenommenen Teilwertabschreibung ändert sich hieran nichts.
Bereits dieses kurze Beispiel zeigt, dass durch das Zusammenwirken der verschiedenen nationalen Systeme der Ent- und Verstrickung sich auch positive Steuereffekte ergeben können. Ob die sich bietenden Chancen jedoch die bestehenden Risiken aufwiegen, ist zu bezweifeln. An dem Umstand, dass der nationale Gesetzgeber in diesem Bereich auch nach den Änderungen im JStG 2010 vor großen Aufgaben steht, besteht jedoch nach wie vor kein Zweifel.