3, 2, 1 – meins… – Umsatzsteuer bei „Privatverkäufen“ über eBay

StB Dr. Thomas Töben, Partner bei Pöllath + Partners, Berlin

3, 2, 1 – meins. Das mag sich ein Ehepaar gedacht haben, das von November 2001 bis Juni 2005 erkleckliche Einnahmen aus dem Verkauf von mehr als 1200 Gebrauchtgegenständen über die Internetplattform ‚eBay‘ erzielte. Es handelte sich im Wesentlichen um in vielen Jahren gesammelte Puppen und Teddybären, die bei den jeweiligen Käufern ein neues zu Hause fanden. Das lukrative „Hobby“ führte über die Jahre zu steigenden Erlösen je Verkaufsvorgang. Die Gesamterlöse stiegen von zunächst gut 1000 € (2001), über 25.000 € (2002), dann 28.000 € (2003), 21.000 € (2004) auf knapp 35.000 € im ersten Halbjahr 2005. Nicht schlecht für Puppen und Teddybären!   Die Eheleute zahlten keine Umsatzsteuer. Auch bei der Einkommensteuer wurde das lukrative Geschäft nicht erklärt. Die 1939 und 1941 geborenen Eheleute, in den Streitjahren also bereits im pensionsfähigen Alter, hätten, so ihre Argumentation, diese und andere gebrauchte Haushaltsgegenstände nicht mehr benötigt. Das mag angesichts des Alters der Eheleute einleuchtend erscheinen: was sollen über 60-jährige Eheleute mit so vielen Puppen und Teddybären anfangen?

3, 2, 1 – meins. Das meinte wohl auch das Finanzamt. Dieses wurde von einem „eifrigen“ Auktionsteilnehmer auf den Sachverhalt hingewiesen und übergab den Fall der Steuerfahndung. Am Ende wurde Umsatzsteuer von rd. 11.500 € festgesetzt. Das FG Baden-Württemberg hat diese Steuerfestsetzung im Urteil vom 22. 9. 2010 (1 K 3016/08, DB0403089) bestätigt. Es beurteilte die Verkäufe als eine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit. Entscheidend war dabei das „nachhaltige“ Tätigwerden der Eheleute über einen Zeitraum von immerhin dreieinhalb Jahren, das einen nicht unerheblichen Organisationsaufwandes der eigenen Arbeitsabläufe erfordere (tägliche Überwachung der Onlineauktionen, Überwachung der Zahlungsvorgänge und der Abwicklung des Versands). Das Gericht kam – nach einer „vorsichtigen Schätzung“ – auf eine durchschnittliche mindestens einstündige Arbeitszeit täglich. Bei solchen Umständen sei auch unter Berücksichtigung der erheblichen Erlöse von einer Nachhaltigkeit der Betätigung auszugehen. Die Verkaufstätigkeit sei nicht nur auf eine hohe Zahl von einzelnen Verkaufsfällen und  auf die Erzielung erheblicher Einnahmen oberhalb der Grenze für die Betätigung als Kleinunternehmer (16.620 € in 2002; aktuell 17.500 €) angelegt gewesen, sondern sogar auf „unbestimmte Zeit“. Denn die Verkaufstätigkeit sei im Sommer 2005 offenkundig nur unter dem Eindruck des seinerzeit schwebenden Besteuerungsverfahrens eingestellt worden. 2005 waren die Eheleute bereits 65 Jahre. Wie viele Puppen und Teddybären zu diesem Zeitpunkt noch in ihrem Besitz waren, ist nicht bekannt. Der Hinweis der Eheleute, dass die Plattform „eBay“ doch nur eine für den Verkauf von Privatvermögen moderne Alternative zu Flohmärkten darstelle, beeindruckte das Gericht nicht.

Keine Frage, die beachtlichen Erlöse rechtfertigen die Frage nach der zutreffenden Besteuerung. Dabei geht es nicht nur um Umsatzsteuer, sondern  auch darum, ob einkommensteuerlich gewerbliche oder sonstige Einkünfte zu erfassen sind. Das Thema ist indes nicht neu. Die OFD Hannover hat sich ausführlich damit bereits 2004 befasst (Verfügung vom 3. 6. 2004 – S 1620 – 7 – TF 695d; sh. auch Urban, INF 2005 S. 777).

Das FG Baden-Württemberg hat die Revision zugelassen, weil von grundsätzlicher Bedeutung ist, inwieweit an den Maßstäben von zwei BFH-Urteilen aus dem Jahr 1987 auch für Verkäufe unter Nutzung der Interauktionsplattform ‚eBay‘ festgehalten werden kann. In diesen beiden Urteilen, dem sog. Briefmarken-  und dem Münzsammlerurteil, hat der BFH ausgeführt, dass das Veräußern in Form des Wegtauschens einer Sammlung in einer oder auch in mehreren gleichartigen Handlungen als deren letzter Akt zu der privaten Sammlertätigkeit gehört und keine Umsatzbesteuerung auslöst (obwohl in beiden Fällen die erzielten Einnahmen von rd. 200.000 € bzw. knapp 100.000 € ebenfalls beachtlich waren). Eine solche Veräußerung bilde den Abschluss der aus privaten Neigungen aufgebauten Sammlungen und sei mit der Tätigkeit eines Händlers nicht vergleichbar, weil der Händler die Veräußerung von langer Hand plant und eine Veräußerungsabsicht regelmäßig schon zum Zeitpunkt des Erwerbs der Sammlungsgegenstände habe. Das FG Baden-Württemberg sah sich darin gehindert, den Streitfall in gleicher Weise zu beurteilen. Denn eine Unternehmereigenschaft könne nicht allein mit dem Hinweis darauf verneint werden, dass es an den für Annahme einer Händlertätigkeit entscheidenden Einkäufen in (wenigstens bedingter) Wiederverkaufsabsicht gefehlt habe.

Das Thema hat Bedeutung weit über den entschiedenen Fall hinaus. Weltweit soll das Handelsvolumen von „eBay“, dem wohl umsatzstärksten Anbieter von Internetauktionen, in 2008 knapp 60 Mrd. $ betragen haben. Im Mai 2009 vermeldete allein „eBay“ Deutschland über 14,5 Mio. aktive Mitglieder. Durchschnittlich sollen über eBay Deutschland ständig mehr als 30 Mio. Artikel im Angebot sein. Der Anteil verkaufter Artikel von gewerblichen und privaten Verkäufern soll jeweils ca. 50% betragen. Allein die gewerblichen Händler bei „eBay Deutschland“ (knapp 160.000) sollen im April 2008 bis März 2009 ein Handelsvolumen von 3,1 Mrd. € erzielt haben. Schon im Jahr 2005 sollen mehr als 64.000 Menschen in Deutschland einen maßgeblichen Teil ihres Lebensunterhalts mittels „eBay“ verdient haben.

Angesichts dieser Zahlen darf man auf die Revisionsentscheidung des BFH gespannt sein.

Kommentare sind geschlossen.