Vorschlag einer GKKB-Richtlinie

Der von der neuen EU-Kommission für das Ende des I. Quartals 2011 angekündigte Vorschlag einer Richtlinie für eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) ist am 16. März veröffentlicht worden. Damit hat eine mehr als zehnjährige fachliche Diskussion einen vorläufigen Abschluss gefunden, der allerdings nur den Auftakt für eine umfassende Debatte bildet, die stärker politisch akzentuiert sein wird.Zunächst ist ausdrücklich zu begrüßen, dass es der Kommission gelungen ist, mit dem Richtlinienvorschlag ein umfassendes Konzept für die GKKB in geschlossener Form zu präsentieren. Damit ist eine wichtige Basis für die weitere Diskussion und ein möglicher Orientierungspunkt für die Mitgliedstaaten geschaffen worden. Schon der Umfang von 136 Artikeln, geordnet in 18 Kapiteln zeigt, dass es sich um ein sehr ehrgeiziges Vorhaben handelt, mit dem außerordentlich ambitionierte Ziele verfolgt werden. Denn mit einer Verabschiedung dieser Richtlinie würden im Bereich der direkten Steuern auf einen Schlag eine Vielzahl von Einzelproblemen einer Lösung zugeführt, deren isolierte Bewältigung bisher nicht gelungen ist. Genannt seinen nur die Vereinheitlichung der steuerlichen Gewinnermittlung, die grenzüberschreitende Verlustverrechnung, konzerninterne Umstrukturierungen und die Vermeidung von Verrechnungspreisproblemen innerhalb einer GKKB-Gruppe. Aber das erreichte Zwischenergebnis darf nicht darüber hinweg täuschen, dass der Weg zur Verwirklichung dieser Ziele noch sehr weit ist und die Bewältigung vielfältiger politischer und fachlicher Probleme erfordert.

Der Vorschlag stellt auf die Optionalität der GKKB ab, womit die Finanzverwaltung zwei Systeme parallel administrieren müsste und die Unternehmen vor einer Besteuerung nach Wahl ständen. Die GKKB richtet sich nur an Subjekte des Körperschaftsteuerrechts und schließt natürliche Personen und Personengesellschaften aus, was ebenso wenig unproblematisch ist wie ein Verzicht auf die Angleichung der (Mindest-)Steuersätze.

Im Einzelnen enthält der Entwurf originär steuerliche Regelungen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage, die keine formale Verknüpfung zum Handelsbilanzrecht aufweisen. Ausgehend von den isoliert ermittelten Bemessungsgrundlagen der Mitglieder einer Gruppe wird in einem nächsten Schritt durch Zusammenrechnung (Konsolidierung) das Gruppenergebnis ermittelt, das in einem letzten Schritt formelmäßig auf die Mitglieder der Gruppe aufgeteilt wird. In die Aufteilungsformel gehen die Faktoren Umsatz, Arbeit und Vermögenswerte jeweils mit der gleichen Gewichtung (1/3) ein. Die Besteuerung dieser Anteile erfolgt dann in dem jeweiligen Mitgliedstaat. Eine Option für die GKKB bindet für fünf Steuerjahre. Besteht eine Gruppe, so ist zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens vorgesehen, dass ein Hauptsteuerpflichtiger im Namen der Gruppe mit einer Hauptsteuerbehörde in Verbindung tritt.

Führt man sich vor Augen, dass die Zielsetzung der GKKB nicht nur darin besteht, die Gewinnermittlung, sondern vielmehr die Bemessungsgrundlage zu harmonisieren, so erschließt sich die notwendige Reichweite der vorgesehenen Regelungen. Die „außerbilanziellen Korrekturen“ müssen ebenso in die Harmonisierung einbezogen werden, wie allgemeine und spezielle Missbrauchsregeln, die Behandlung von Verlusten innerhalb und außerhalb der Gruppenphase sowie der Gruppenein- und -austritt in die Gruppe einschließlich der Behandlung von Umstrukturierungen. Angesichts dieser Komplexität stellen die Regelungen im Richtlinienentwurf ein Gerüst dar, das in der weiteren Diskussion noch der Ausgestaltung bedarf.

Da es auf absehbare Zeit wegen der fachlichen und politischen Probleme kaum möglich sein dürfte, einen Konsens bei der Konsolidierung und formelmäßigen Aufteilung zu erreichen, dürfte es zweckmäßig sein, das GKKB-Paket aufzuschnüren und die Aufmerksamkeit zunächst auf die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage zu richten. Diese könnte dann von den einzelnen Mitgliedstaaten möglicherweise sogar für alle Steuerpflichtigen obligatorisch eingeführt werden. Im Bereich der Gewinnermittlung ist aus deutscher Sicht die GuV-Orientierung von besonderem Interesse. Im Vordergrund steht damit die Abgrenzung der Erträge, der steuerfreien Erträge, der abziehbaren Aufwendungen, sonstiger abziehbarer Posten und der nicht abziehbaren Aufwendungen. Innovativ sind die Abschreibungsregeln, die für langlebige und abnutzbare Wirtschaftsgüter zwingend eine lineare Abschreibung mit gesetzlich normierten Nutzungsdauern vorsehen. Für die übrigen Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens ist dagegen eine Poolabschreibung mit 25% vorgesehen. Daneben finden sich Regeln zum wirtschaftlichen Eigentum, zur Behandlung von Verträgen mit langer Laufzeit, zur Bewertung von Rückstellungen, der Behandlung uneinbringlicher Forderungen und von Sicherungsgeschäften. Die besondere Herausforderung dieser Regelungen besteht darin, dass sie ein eigenständiges System darstellen und nicht den Rückgriff auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zur Füllung von Lücken ermöglichen. Die Konzentration auf die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage entspricht auch der bereits angekündigten steuerpolitischen Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich, die bilateral oder unter Mitwirkung von sieben weiteren Staaten im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit erfolgen könnte, und ist auch mit dem Fortbestand der Gewerbesteuer in Deutschland vereinbar, deren Schicksal im Rahmen einer GKKB schwierigste Probleme heraufbeschwören würde.

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