Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise sah und sieht sich der deutsche Gesetzgeber enormen Herausforderungen gegenübergestellt. Auf einer ersten Stufe verlangten diese nach einer raschen und effektiven Bewältigung und Kontrolle der Verwerfungen innerhalb des Bankensektors. Nachgekommen ist dem der Gesetzgeber etwa durch das Finanzmarkstabilisierungsgesetz (kurz FMStG) vom 17. 10. 2008, das Grundlage für die Errichtung eines sogenannten Finanzmarkstabilisierungsfonds (SoFFin) war.
Nach einer Zeit der Reaktionen, hat sich der Gesetzgeber nun der Rolle des antizipativen Gestalters verschrieben und mit dem Restrukturierungsgesetz vom 9. 12. 2010 (BGBl. I 2010 S. 1900) ein umfangreiches Artikelgesetz geschaffen. Dieses beinhaltet in Art. 1 das Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz (KreditReorgG), mit dem ein zweistufiges Sanierungs- und Reorganisationsverfahren eingeführt wird. Im Rahmen des Reorganisationsverfahrens kann festgelegt werden, dass ein Kreditinstitut sein Vermögen ganz oder in Teilen ausgliedert und auf einen bestehenden oder zu gründenden Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen überträgt.
Fraglich ist indes, ob die Ausgliederung nach § 11 KredReorgG eine solche i. S. des § 123 Abs. 3 UmwG ist oder sich gemäß den nachfolgend beschriebenen Regelungen zur Ausgliederung auf Grundlage einer Übertragungsanordnung der BaFin vollzieht. Diese Qualifikationsfrage entscheidet nicht zuletzt über die Anwendbarkeit der umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen der §§ 20 ff. UmwStG und damit ggf. über die Möglichkeit zur (steuerneutralen) Buchwertfortführung.
Art. 2 des Restrukturierungsgesetzes umfasst zahlreiche Änderungen des KWG, durch die der BaFin neue Befugnisse eingeräumt werden. Im Zentrum steht dabei die Übertragungsanordnung, mit der die BaFin Vermögen oder Teile des Vermögens einer systemrelevanten Bank (vgl. § 48b KWG) vorübergehend auf eine staatliche oder private Brückenbank übertragen kann. Die in § 48f KWG enthaltenen Regelungen zur Durchführung der Ausgliederung sind dabei zwar an die umwandlungsrechtliche Vorschrift des § 123 Abs. 3 UmwG angelehnt und sehen wie diese eine Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich des von der Ausgliederung erfassten Vermögens vor.
Nachweislich der Gesetzesbegründung vollzieht sich die aufsichtsrechtliche Ausgliederung aber nicht nach den entsprechenden Vorschriften des UmwG, sondern alleine nach den Bestimmungen der §§ 48f bis 48k KWG. Aus diesem Grund stellt sich auch insoweit die Frage nach dem sachlichen Anwendungsbereich des UmwStG (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG). Sollte der sachliche Anwendungsbereich abgelehnt werden, könnten sich ertragsteuerliche Folgen beim übertragenden Rechtsträger nach den Regelungen zum Tausch i. S. des § 6 Abs. 6 EStG richten.
Allerdings ist diese Einordnung insoweit fraglich, als die Ausgliederung nach den §§ 48a ff. KWG auf die Übertragung einer Sachgesamtheit im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gerichtet ist, § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG aber expressis verbis lediglich die Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsgutes erfasst. Denkbar wäre daher auch eine sich auf den Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) stützende Übernahme des handelsrechtlichen Ansatzes für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung.
Fazit: Durch das Restrukturierungsgesetz ergeben sich insbesondere im Rahmen der Umstrukturierung von Kreditinstituten zahlreiche und neuartige steuerrechtliche Fragestellungen. Gerade in Krisensituationen gilt es dabei mehr denn je eine Aufdeckung und Besteuerung etwaig vorhandener stiller Reserven zu vermeiden. Das Fehlen expliziter gesetzlicher Regelungen zur steuerlichen Behandlung von Ausgliederungen nach § 11 KredReorgG bzw. nach den §§ 48a ff. KWG ist vor diesem Hintergrund umso bedauerlicher.