Wer in Berlin in bestimmten Vierteln durch die Straße fährt, sieht zuweilen an jeder Ecke ein Wettbüro, durchaus mehr als Lebensmittel- oder Bekleidungsgeschäfte. Das Spiel mit dem Glück ist heute überall erhältlich, an Kiosken, in Wettlokalen, im Internet. Der Staat verdient bekanntlich mit, indem er öffentliche Glücksspiele monopolisiert hat, die Gewinne weitgehend abschöpft und nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz besteuert. Aber er kann die privaten Anbieter, die meist ohne Erlaubnis tätig sind, immer weniger vom Markt verdrängen. Zwar ist das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet verboten, dies hindert aber ausländische Anbieter nicht, online hierzulande ihre Dienste anzubieten. Dem Staat geht zunehmend Steuervolumen verloren, denn der ausländische Wettanbieter zahlt im Inland regelmäßig keine Wettsteuer und erlangt so einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.
Die häufigste Form der Sportwetten sind die sog. Oddsetwetten. Oddsetwetten sind Sportwetten mit vorgegebenen Sportbegegnungen, vornehmlich Fußballwetten, zu festen Quoten. Tritt das vom Spieler vorhergesagte Ergebnis ein, so erhält dieser als Wettgewinn seinen Einsatz multipliziert mit einer vom Veranstalter vor dem Abschluss der Wette festgelegten Quote („odd“). Die Spieler sind jenseits eines Mindesteinsatzes frei, die Höhe des Einsatzes zu bestimmen. Die branchentypische Gewinnauszahlungsquote liegt zwischen 50% (im legalen Wettbereich) und 90% (im illegalen Wettbereich).
Oddsetwetten unterfallen der Lotteriesteuer (§ 17 Abs. 1 RennwLottG), wenn sie im Inland veranstaltet werden. Veranstalten heißt – wie die Rechtsprechung so schön sagt – „Ins-Werk-Setzen“, also „planmäßig ausführen“. Die Steuer beträgt 20% des planmäßigen Preises ausschließlich der Steuer. Umsatzsteuer fällt daneben nicht an (§ 4 Nr. 9b UStG). Der Steueranspruch lässt sich aber schwerlich durchsetzen, da der Markt staatlicherseits kaum kontrollierbar ist. Der ausländische Wettanbieter kann sich eines inländischen Wettbüros oder eines Vermittlers bedienen oder über das Internet problemlos in den deutschen Markt eindringen. Veranstalten oder Vermitteln von Sportwetten ohne Erlaubnis ist nach dem Glücksspielstaatsvertrag verboten, aber Sanktionen gibt es kaum. Illegalität schützt zwar nicht vor der Steuerbelastung (§ 40 AO), aber es hapert am Steuervollzug. Dazu kommt, dass das bloße Vermitteln nach geltendem Recht keine Wettsteuer auslöst. Nun hat das FG Bremen jüngst angenommen, dass eine inländische Veranstaltung selbst dann vorliegt, wenn der ausländische Wettanbieter im Inland (etwa im Büro eines bloßen Vermittlers) einen Computer zur Verfügung stellt und dort die Daten eingelesen werden. Aber selbst wenn man dieser recht weiten Auffassung folgt, so ist doch offensichtlich, dass durch entsprechende Gestaltung die Steuer vermieden werden kann. Dies führt zu einem gespalteten Markt für Sportwetten und zu einem ständigen Rückgang legaler „Inlandswetten“ und illegaler „Auslandswetten“, also zu einem steuerlich Verdrängungswettbewerb.
Unter dem Eindruck des illegalen Sportwettenmarkts aber auch unter dem Druck der Rechtsprechung des BVerfG und des EuGH haben die Ministerpräsidenten der Länder neuerdings beschlossen, das Monopol zu lockern, in begrenztem Maße Konzessionen zu vergeben und möglicherweise an die Konzessionsvergabe eine Abgabe zu knüpfen. Würde eine Konzessionsabgabe helfen? Man wird das bezweifeln müssen, einmal weil die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu derartigen Sonderabgaben streng ist, zum anderen weil damit das Problem der illegalen Internetveranstalter nicht gelöst wird.
Welche Möglichkeiten bleiben? Der Staat könnte den inländischen Spieler in den Fällen des Internetgebrauchs zum Steuerpflichtigen „für den ausländischen Veranstalter“, also zum Entrichtungspflichtigen (§ 33 Abs. 1 AO) machen und die Steuer beim Überweisungsvorgang einbehalten oder in sonstiger Weise an Datentransfer anknüpfen.
Zwar verfügt der Veranstalter in diesen Fällen nicht über eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Inland, die im Ertragsteuerrecht stets die beschränkte Steuerpflicht auslösen (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG). Der Gebrauch des Internets durch einen im Inland ansässigen Spieler muss jedoch in diesen Fällen als inländische Anknüpfung genügen, da sonst der größte Teil des den inländischen Markt beherrschenden Wettgeschehens dem Steuerzugriff entgeht. Natürlich wirft diese Lösung eine Reihe datenschutzrechtlicher Fragen auf, die nicht einfach zu lösen sind. Aber man sollte sich Gedanken machen und nach Lösungen suchen, da die gegenwärtige Besteuerungssituation aus gleichheitsrechtlichen Gründen nicht mehr aufrechterhalten werden kann und die beabsichtige Lockerung des Sportwettenmonopols das illegale Internetangebot kaum berühren wird.