Als Bestandteil eines E-Government ist die E-Bilanz für die Finanzverwaltung ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer Digitalisierung der Steuerverwaltung und der medienbruchfreien Kommunikation mit den Steuerpflichtigen und ihren Beratern. Diese fortschreitende Digitalisierung hat Rückwirkungen auf die Ausgestaltung des Besteuerungsverfahrens und kann ohne Übertreibung als Zeitenwende qualifiziert werden.Bei dem Stellenwert, den das E-Bilanz-Projekt für die Finanzverwaltung besitzt, überrascht es nicht, dass zunächst alle Bestrebungen darauf gerichtet sind, den Start dieses Projektes zu erleichtern. Ansatzpunkte für Erleichterungen bieten sich insbesondere auf der Zeitschiene und bei der Gliederungstiefe der Taxonomie. Zu diesen Punkten äußert sich der überarbeitete Entwurf des Anwendungsschreibens zu § 5b EStG vom Juli 2011.
In Tz. 27 enthält der Entwurf zwar keine weitere Verschiebung der Anwendung um ein weiteres Jahr, wozu eine Verordnung erforderlich gewesen wäre. Aber die umfassende Nichtbeanstandungsregelung für 2012 nimmt erheblichen Druck von vielen Steuerpflichtigen und einigen Software-Anbietern. Nach dieser Textziffer können Steuerpflichtige, die dazu in der Lage sind, für das Jahr 2012 eine E-Bilanz einreichen. Es wird aber auch nicht beanstandet, wenn für das Jahr 2012 eine Bilanz in Papierform eingereicht wird. Diese Erleichterung dürfte insbesondere für zwei Gruppen von Unternehmen besonders hilfreich sein, nämlich für Klein- und Kleinstunternehmen auf der einen Seite und Großunternehmen auf der anderen Seite. Bei Klein- und Kleinstunternehmen liegt das Problem regelmäßig in der notwendigen Vorbereitung der Buchhaltung, während Großunternehmen mit ihren IT-Systemen zu kämpfen haben. Unbeschadet dieser Verschiebung der Anwendung nach Bedarf haben viele Steuerpflichtige ihre Vorbereitungen auf die E-Bilanz schon soweit vorangetrieben, dass für das Jahr 2012 ein beachtlicher Anteil der eingereichten Bilanzen als E-Bilanz eingereicht werden dürfte und damit der Start dieses wichtigen Projekts beginnen kann.
Umfassende Übergangsregelungen sieht der angesprochene Entwurf für die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe von steuerbegünstigten Körperschaften und die Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts vor, die erst für die Wirtschaftsjahre, die ab dem 01.01.2015 beginnen, verpflichtet sind, E-Bilanzen zu übermitteln. Eine punktuelle Erleichterung ist für inländische Unternehmen mit ausländischen Betriebsstätten vorgesehen. Zwar wird in Tz. 3 ausgeführt, dass die E-Bilanz für das Unternehmen als ganzes einzureichen ist und damit auch die ausländischen Betriebsstätten zu umfassen hat. Die Übergangsregelung wird in der Weise verstanden werden müssen, dass es mit Blick auf die ausländische Betriebsstätte nicht beanstandet wird, wenn diese erst ab dem Wirtschaftsjahr 2015 in die E-Bilanz einbezogen wird, auf das Spannungsverhältnis mit § 146 Abs. 2 Satz 2-4 AO sollte hingewiesen werden. Für die Kapitalkontenentwicklung bei Personenhandelsgesellschaften und anderen Mitunternehmerschaften bleibt es bei der bereits angekündigten Verschiebung auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 2013 beginnen.
Mit Blick auf die häufig kritisierte Gliederungstiefe der Taxonomie verweist der Entwurf in Tz. 19 insbesondere auf die Verwendung von Auffangpositionen, mit deren Hilfe Eingriffe in das Buchungsverhalten vermieden werden sollen. Dabei ist einzuräumen, dass die Auffangpositionen eine wirkliche Erleichterung bieten, aber nicht auf allen Ebenen Auffangpositionen vorgesehen sind. Daneben darf nicht verkannt werden, dass die Auffangpositionen vermutlich nur für eine Übergangszeit akzeptiert werden. Denn die Existenz von Auffangpositionen ist mit einem zentralen Ziel der E-Bilanz nicht zu vereinbaren, nämlich ein wirksames Risikomanagementsystem aufzubauen. Denn der Zielkonflikt zwischen der erwünschten Standardisierung und der Vermeidung von Eingriffen in das Buchungsverhalten kann nicht negiert werden.
Die vorgesehenen Erleichterungen in dem 2. Entwurf des BMF-Schreibens sind ausdrücklich zu begrüßen. Die weitere Diskussion wird sich in diesem Bereich insbesondere auf zwei Felder erstrecken, nämlich ob größenabhängige Erleichterungen für Klein- und Kleinstunternehmen geboten sind und ob anschlussgeprüfte Großunternehmen zwingend E-Bilanzen einreichen müssen.
Trotz der angesprochenen Einstiegshilfen, die den Start der E-Bilanz zweifellos begünstigen, kommt man an zwei Geburtsfehlern des Gesamtprojekts nicht vorbei, nämlich der Positionierung einer Verfahrensvorschrift in § 5b EStG, obgleich eine Verankerung in der Abgabenordnung sachgerecht gewesen wäre. Daneben bleibt die offene Frage bestehen, ob die Ermächtigungsregelung in § 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG die vorgesehene Gliederungstiefe der Taxonomie wirklich trägt.