E-Bilanz und Auslandsbeziehungen

Die in § 5b EStG kodifizierte Verpflichtung zur digitalen Übermittlung von Bilanz- und GuV-Daten wirft sowohl für inländische Unternehmen mit ausländischen Betriebsstätten als auch für ausländische Unternehmen mit inländischen Betriebsstätten zentrale Fragen auf, die auch durch den Entwurf des Anwendungsschreibens zu § 5b EStG vom 1. 7. 2011 noch nicht abschließend geklärt sind. Im Entwurf wird klargestellt, dass Stammhaus und Betriebsstätte ein Unternehmen darstellen, das „als Ganzes“ eine Bilanz und GuV zu erstellen und elektronisch zu übermitteln hat. Übergangsweise räumt der Entwurf für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. 1. 2015 beginnen, im Wege einer Nichtbeanstandungsregelung die Möglichkeit ein, die E-Bilanz unter Ausschluss der ausländischen Betriebstätten zu übermitteln. Diese Regelung ist wohl vor dem Hintergrund zu sehen, dass § 146 Abs. 2 Satz 2-4 AO die Möglichkeit eröffnet, lediglich die Ergebnisse der ausländischen Betriebsstättenbuchführung in die Buchführung des inländischen Stammhauses zu übernehmen, soweit die ausländischen Daten für die Besteuerung von Bedeutung sind. Unbeschadet der im Entwurf vorgesehenen Übergangsregelung muss aber geklärt werden, wie für Wirtschaftsjahre nach Ende des Betriebsstättenmoratoriums zu verfahren ist.

Zur Lösung der aufgeworfenen Frage bieten sich grundsätzlich drei Möglichkeiten an. Entsprechend der Systematik des § 5b EStG könnte eine vollständige Integration der Betriebsstättenberichterstattung in die Steuertaxonomie gefordert werden. Wegen des hohen Detaillierungsgrades wäre eine Anpassung der Betriebsstättenbuchführung allerdings mit erheblichem Aufwand verbunden, der – zumindest bei Freistellungsbetriebsstätten – kaum zu rechtfertigen wäre. Die Finanzverwaltung könnte abweichend hiervon weiterhin auf ein gesondertes detailliertes Betriebsstättenreporting verzichten, was insbesondere bei Freistellungsbetriebsstätten von Kapitalgesellschaften eine denkbare Alternative darstellt. Als vermittelnde Lösung wäre die Entwicklung einer verkürzten Betriebsstättentaxonomie denkbar, die auf den derzeit praktizierten Betriebsstättenabrechnungen basiert und der Finanzverwaltung eine mit der heute realisierten Informationsdichte vergleichbare Datenbasis auf elektronischem Wege bieten könnte. Aufgrund der länderspezifischen Unterschiede der Betriebsstätten-buchhaltungen müsste eine solche Taxonomie jedoch von einem deutlichen höheren Aggregationsgrad ausgehen als die Kerntaxonomie. Nicht explizit geht der Entwurf des Anwendungsschreibens auf den Fall einer ausländischen Personengesellschaft mit inländischen Gesellschaftern ein. Ist die ausländische gewerblich tätige, geprägte oder infizierte Personengesellschaft steuerrechtlich buchführungspflichtig (§ 141 AO), wird die Verpflichtung zur Übermittlung einer E-Bilanz grundsätzlich zu bejahen sein, die sich allerdings nur auf die Bilanz und nicht auf die GuV erstreckt. Allerdings dürfte ein Fall unbilliger Härte vorliegen, wenn der Mitunternehmer nur eingeschränkten Zugang zur Buchführung der ausländischen Personengesellschaft hat.

Die im Entwurf vorgesehene Erleichterung für den Outbound-Fall soll analog auch für den Inbound-Fall gelten, wenn ein ausländisches Unternehmen eine oder mehrere Betriebsstätten im Inland unterhält. Die Gewinnermittlungspflicht inländischer Betriebsstätten ausländischer Unternehmen ist regelmäßig über § 140 AO aus den handelsrechtlichen Pflichten abzuleiten, wenn eine Zweigniederlassung im Sinne der §§ 13d–g HGB vorliegt. Originär steuerrechtlich buchführungs- und abschlusspflichtig ist eine inländische Betriebsstätte, wenn die Voraussetzungen des § 12 AO erfüllt sind, die Umsatz- oder Gewinngrenzen des § 141 Abs. 1 AO überschritten werden und die Finanzverwaltung zur Erstellung von Abschlüssen auffordert. Anzuregen ist auch für Inbound-Betriebsstättenfälle eine Klarstellung, dass originär steuerrechtlich Buchführungspflichtige durch die Einführung der E-Bilanz nicht zur doppelten Buchführung und damit zur Erstellung einer GuV verpflichtet sind.

Die Frage der Verpflichtung zur Übermittlung einer E-Bilanz stellt sich ebenfalls für beschränkt steuerpflichtige Gewerbetreibende ohne inländische Betriebsstätte, die inländische laufende Einkünfte aus der Vermietung/Verpachtung erzielen. Hier ist u. a. zu klären, ob für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften durch die Umqualifizierung dieser Einkünfte in Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Wege der Fiktion (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f Satz 2 EStG) die Pflicht zur Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich und als Folge eine E-Bilanz-Verpflichtung begründet wird. Im Anwendungsschreiben zu § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f EStG konstatiert das BMF, dass auch eine nach ausländischen Rechtsnormen bestehende Buchführungspflicht nach § 140 AO zu transformieren sein kann. Dies ist zumindest zweifelhaft. Auch eine originär steuerrechtliche Buchführungspflicht der ausländischen Körperschaft gem.  § 141 AO ist fraglich, da Tatbestandsvoraussetzung nach herrschender Meinung die Existenz einer inländischen Betriebsstätte ist. Ob durch die bloße Umqualifizierung der Einkunftsart eine solche entsteht, muss bezweifelt werden.

Kommentare sind geschlossen.