Private Equity Fonds – Einkünfte aus Vermögensverwaltung oder gewerbliche Betriebstätten-Einkünfte?

StB Dr. Thomas Töben, Partner bei  P + P Pöllath + Partners, Berlin

Private Equity (PE) Fonds sind regelmäßig Personengesellschaften, die von Investoren Eigenkapital erhalten. Dieses wird zumeist in den Kauf von Kapitalgesellschaftsanteilen investiert. Daraus werden Dividenden, vornehmlich Anteilsveräußerungsgewinne erzielt, selten Zinsen. Steuerbelastung und formelle Steuererklärungspflichten der Anleger hängen davon ab, ob ein PE-Fonds (i) Einkünfte aus „privater Vermögensverwaltung“ bezieht, was regelmäßig angestrebt wird und auch der Fall ist, oder (ii) „gewerbliche Einkünfte“, die einer Betriebstätte zugerechnet werden können. Ein aktuelles BFH-Urteil vom 24. 8. 2011 (I R 46/10, DB 2011 S. 24) befasst sich mit diesen Themen. Es hat jedoch mehr Unruhe gestiftet, als dass es zur Klarheit beigetragen hat.

Denn jedenfalls die BFH-Pressemitteilung vom 26. 10. 2011 zu diesem Urteil kann man so verstehen, als würden Anleger eines PE-Fonds „regelmäßig gewerbliche“ Einkünfte beziehen, die selbst dann einer Betriebstätte des Fonds zugerechnet werden könnten, wenn der Fonds über kein eigenes Büro und kein eigenes Personal verfüge, jedoch seine Geschäfte über eine Managementgesellschaft ausüben lasse. Dies hätte für ausländische Investoren inländischer Fonds oder auch bei einem rein innerdeutschen Fonds Nachteile bei der Besteuerung von Gewinnen aus Beteiligungsveräußerungen. Denn – so die Pressemitteilung – „eine sehr groß-zügige Praxis der deutschen Finanzverwaltung“, die den Anlegern bisher Steuervorteile sichere (gemeint ist der sog. PE- Erlass vom 16. 12. 2003), würde jetzt vom BFH „grundlegend in Frage gestellt“.

Das ist starker Tobak. Zumal die Realität vielfach anders aussieht, als es diese Äußerungen befürchten lassen. Im Übrigen können dem Urteil derart allgemeingültige Folgerungen nicht entnommen werden. Denn der “wahre“, dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt bleibt weitgehend im Dunklen. Ebenso wenig ist zu erkennen, welche angeblichen Steuervorteile für ausländische Anleger nunmehr grundlegend in Frage gestellt würden.

Sollte tatsächlich zutreffend sein, dass Anleger eines PE-Fonds regelmäßig gewerbliche Betriebstätteneinkünfte beziehen, sind die Folgen in der Praxis vielfach ganz anders als es die Pressemitteilung suggeriert.

Die von Anlegern über PE Fonds bezogenen Dividenden und Anteilsveräußerungsgewinne wurden bisher in der Regel als Kapitaleinkünfte besteuert. Denn gewöhnlich werden PE-Fonds – in Deutschland und auch im Ausland – als vermögensverwaltende, voll transparente Gesellschaften behandelt.

Sollten künftig insoweit diese Einkünfte als gewerbliche Betriebstätteneinkünfte beurteilt werden, weil der PE-Fonds als gewerblich zu qualifizieren wäre, hätte dies in den maßgeblichen Praxisfällen folgende Konsequenzen:

  1. Inländische institutionelle Anleger, die Dividenden über einen gewerblichen inländischen PE-Fonds beziehen, würden statt rd. 15,75% Steuer (Körperschaftsteuer: 5% x 15% = 0,75% zuzüglich Gewerbesteuer: rd. 15%) nur noch 0,75% Körperschaftsteuer schulden. Denn diese Einkünfte wären bei einem gewerblich Fonds mit Beteiligungen von mehr als 15% von der Gewerbesteuer befreit; bei den Investoren über die Mitunternehmer-Kürzung ebenfalls. Bei Anteilsveräußerungsgewinnen bliebe die Steuerlast gleich.
  2. Inländische institutionelle Anleger, die Dividenden und Anteilsveräußerungsgewinne über einen ausländischen gewerblichen Fonds beziehen, würden – vorbehaltlich ggf. einschlägiger (DBA) Regeln entsprechend § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG – vielfach gar keine Steuern mehr zahlen, wie der BFH-Fall exemplarisch zeigt (in dem die Anwendung von § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG verneint wurde). Der Fiskus ginge in diesen Fällen leer aus.
  3. Für inländische private Anleger solcher ausländischen, als gewerblich eingestuften Fonds gilt unter diesen Voraussetzungen das Gleiche. An die Stelle der bisher fälligen 25%igen Abgeltungssteuer träte eine Steuer von Null. Ein vom BFH angeregtes Steuersparmodell?
  4. Ausländische institutionelle Anleger inländischer oder ausländischer PE-Fonds mit inländischer Betriebstätte würden auf mittelbar bezogene inländische „gewerbliche“ Dividenden künftig nicht mehr die oft definitive 25%ige Kapitalertragsteuer schulden, sondern im Ergebnis nur noch eine deutsche Steuer von in der Regel 0,75% (wie Ziffer 1). Das mag dafür entschädigen, dass „gewerbliche“ Anteilsveräußerungsgewinne mit rd. 1,5% Steuer belastet wären (Körperschaftsteuer: 5% x 15% Körperschaftsteuer plus Gewerbesteuer: 5% x 15%), was jedoch kaum mehr ist als die bisherige Nichtbesteuerung.
  5. Für ausländische private Anleger inländischer oder ausländischer PE-Fonds mit inländischer Betriebstätte gilt das Gleiche, wenn sie eine ausländische Kapitalgesellschaft vorschalten.

Die in der Pressemitteilung „propagierte“ Gewerblichkeitsannahme hätte nachteilige materiell-rechtlich Steuerfolgen also im Grunde nur für private inländische Anleger, die mittelbar über einen Fonds bestimmte Kapitalgesellschaftsanteile noch vor dem 31. 12. 2008 (sog. Alt-Anteile) erworben haben. Sie kommen bei Qualifizierung des Fonds als vermögensverwaltend außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist in den Genuss der Steuerfreiheit. Bei Behandlung dieser Gewinne als gewerbliche Einkünfte träfe sie u.U. eine Steuer im Teileinkünfteverfahren von bis zu 27%. Im Übrigen stellt sich ganz allgemein jedoch die Frage, ob nicht Anleger auf die bisherige Rechtslage und Praxis vertrauen dürfen.

Vor diesem Hintergrund erscheint ein Abrücken von der seit Jahren geübten und bewährten Praxis bezüglich der Qualifizierung von PE-Fonds überstürzt. Ein Festhalten daran jedenfalls für die Vergangenheit dürfte insbesondere auch für die Finanzverwaltung eher vorteilhaft sein. Bei einem Paradigmenwechsel stünden vermutlich beachtlichen Steuermindereinahmen (siehe oben Ziffern 1 – 4) eine Flut von Steuerveranlagungen beschränkt Steuerpflichtiger mit gewerblichen Einkünften gegenüber, ohne nennenswertes Steueraufkommen, wobei letzteres nur für die Vergangenheit gilt. Denn ausländische Anleger könnten sich den individuellen Erklärungspflichten bei Annahme gewerblicher Einkünfte durch Vor- bzw. Zwischenschaltung ausländischer Kapitalgesellschaften weitestgehend entziehen.

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