Die Gewinnermittlungs- und –verwendungsregeln des BilMoG werfen Zweifelsfragen auf, die auf die Anerkennung der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft durchschlagen können. Denn die Organgesellschaft muss sich verpflichten, „ihren ganzen Gewinn … abzuführen“ und diese Gewinnabführung muss während der gesamten Geltungsdauer des Gewinnabführungsvertrags tatsächlich durchgeführt werden. Eine Beachtung diesen Regeln setzt Klarheit darüber voraus, wie der ganze Gewinn als Ergebnis einer richtigen (objektiv oder subjektiv) Bilanzierung zu bestimmen ist. Unklarheiten im Bereich der neuen Gewinnermittlungs- und –verwendungsregeln können daher erheblich steuerliche Risiken heraufbeschwören. Nachfolgend sollen einige Aspekte exemplarisch behandelt werden.
Nach den Übergangsregelungen im EGHGB sind die meisten Änderungen des BilMoG erstmals für das Wirtschaftsjahr 2010 anzuwenden. Leider enthält das Gesetz zur Neufassung von § 5 Abs. 1 EStG keine gezielte Anwendungsregelung mit der Folge, dass diese Regelung am Tage der Gesetzesverkündung in Kraft tritt, also am 29. 5. 2009. Für Organgesellschaften, die in ihrer Handelsbilanz zum 31. 12. 2009 Sonderposten mit Rücklageanteil oder Aufwandsrückstellungen auflösen wollen, stellt sich damit die Frage, ob diese Auflösung zum 31. 12. 2009 erfolgsneutral zugunsten der Gewinnrücklage erfolgen kann, obgleich das Gesetz diese erfolgsneutrale Auflösung nur zum 31. 12. 2010 vorsieht. Für die Anerkennung der Organschaft ist diese Frage bedeutsam, weil eine erfolgsneutrale Auflösung den abzuführenden Gewinn nicht berührt, während eine erfolgswirksame Auflösung den abzuführenden Gewinn erhöhen würde.
Noch nicht abschließend geklärt ist auch die Frage, ob bei Abweichungen zwischen der Handels- und Steuerbilanz der Organgesellschaft die ggf. erforderliche Bildung latenter Steuern beim Organträger oder der Organgesellschaft zu erfolgen hat. Selbst wenn man der herrschenden Auffassung folgt, wonach latente Steuern nur beim Organträger zu bilden sind, wirft die in § 301 AktG verankerte Abführungssperre die nächste Zweifelsfrage auf. Ist die Abweichung bei der Organgesellschaft auf die Bilanzierung eines selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens zurückzuführen, so greift eine Abführungssperre. Unklar ist, ob sich die Sperrung auf den Bruttobetrag der Abweichung erstreckt oder nur den Nettobetrag erfasst, der sich nach Abzug der latenten Steuern ergibt, die jedoch beim Organträger zu bilden sind. Schließlich wird im Schrifttum auch problematisiert, ob in der erfolgsneutralen Verrechnung einzelner Positionen mit der Gewinnrücklage eine Gewinnverwendung zu erblicken ist, die einer Abführung des ganzen Gewinns entgegen steht.
Die exemplarisch angesprochenen bilanzrechtlichen Zweifelsfragen können in Organschaftsfällen eine erhebliche Sprengkraft entfalten, da eine „falsche Bilanzierung“ möglicherweise geeignet ist, die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags und damit die Anerkennung der steuerlichen Organschaft zu gefährden. Punktuell hat die Finanzverwaltung zur Entschärfung dieser Problematik beigetragen, wie beispielsweise in dem Erlass vom 14. 1. 2010. Für den genannten Fall ist diese punktuelle Klärung durch die Finanzverwaltung hilfreich, lässt aber für alle übrigen Fragestellungen die steuerlichen Risiken fortbestehen.
Diese bisher nur wenig beachteten Konsequenzen werfen noch einmal ein deutliches Schlaglicht auf die Frage, ob Deutschland in zunehmender internationaler Vereinsamung wirklich gut beraten ist, an dem Gewinnabführungsvertrag als Organschaftsvoraussetzung festzuhalten.