Fließt ein Einmalkapitalbetrag bereits mit der Ausübung des Wahlrechts zugunsten einer Altersrente zu?

RA StB Dr. Rosemarie Portner LL.M., Düsseldorf

Selbst steuerlichen Laien ist bekannt: Arbeitslohn wird bei Zufluss besteuert. Dies hört sich einfach an, ist es oftmals aber nicht. Denn Arbeitslohn kann auf verschiedene Art und Weise zufließen, als Barlohn durch Zahlung, in der Regel auf ein Konto des Mitarbeiters, oder durch Gutschrift in den Büchern des Arbeitgebers, wenn der Arbeitgeber den gutgeschriebenen Betrag zugunsten des Mitarbeiters eindeutig vom Arbeitgebervermögen  separiert.Arbeitslohn fließt in Form eines Sachbezuges zu, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter eine Vermögensposition,  beispielsweise eine Beteiligung am Arbeitgeberunternehmen zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn gewährt.

Nach ständiger Rechtsprechung führt jedoch das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten regelmäßig den Zufluss von Einnahmen noch nicht herbei.  Zufluss ist grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben, wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt und somit dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum an einem geldwerten Vorteil verschafft.  Allein die Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, verwirklicht in der Regel nicht den Zufluss eines geldwerten Vorteils. Pensionszusagen des Arbeitgebers fließen somit erst bei Leistung von Ruhegehaltsbezügen zu.

Verschafft dagegen der Arbeitgeber dem Mitarbeiter eine Vermögensposition in Form eines unmittelbaren und unentziehbaren Anspruchs gegenüber einem Dritten, beispielsweise  auf Altersversorgung durch eine Lebensversicherung,  gilt der Arbeitslohn vom Mitarbeiter im abgekürzten Zahlungsweg  als zum Erwerb der Vermögensposition verwendet.   

Zufluss von Arbeitslohn ist auch anzunehmen, wenn Arbeitgeber und Mitarbeiter vereinbaren, dass der Arbeitslohn im Unternehmen des Arbeitgebers auf einer neuen Rechtsgrundlage stehen bleibt, nicht mehr als Arbeitslohn, sondern aufgrund einer Schuldumschaffung (Novation) in Form einer Sonderrechtsbeziehung, beispielsweise in Form eines partiarischen Darlehens; eine solche Sonderrechtsbeziehung wird grundsätzlich neben einem Arbeitsverhältnis anerkannt, wenn die Konditionen denen entsprechen, wie sie unter fremden Dritten vereinbart würden.

Eine Novation kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn sie auf einem freien Entschluss des Mitarbeiters beruht.  Hat der Mitarbeiter keine Möglichkeit, zwischen der Auszahlung des Arbeitslohns und dessen Umwandlung zu wählen, fließt der Arbeitslohn im Zeitpunkt der Umwandlung nicht zu.

Von einer den Zufluss von Arbeitslohn begründenden Lohnverwendung ist die Entgeltumwandlung zu unterscheiden. Hier vereinbaren Arbeitgeber und Mitarbeiter für künftige Lohnzahlungen unter Änderung der arbeitsrechtlichen Vergütungsabrede, dass der bisher vereinbarte Barlohnanspruch herabgesetzt wird und der Arbeitgeber in zeitlichem Zusammenhang mit dem „Barlohnverzicht“ eine anderweitige Leistung gewährt. Während bei der Lohnverwendung der Arbeitsvertrag und der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers auf Barlohn unverändert bleiben, wird bei einer Entgeltumwandlung die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede in der Weise geändert, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, anstelle eines Vergütungsanspruchs in Geld die Vergütungsabrede in anderer Form, beispielsweise einer Sachleistung zu erfüllen. Durch die arbeitsvertragliche Herabsetzung des Barlohns ist der Vergütungsanspruch im Umfang des Herabsetzungsbetrags endgültig untergegangen. Der umgewandelte Vergütungsanspruch kann somit – mangels Existenz – nicht mehr verwendet werden. An die Stelle des Barlohnanspruchs tritt ein neuer Anspruch, den der Arbeitgeber als eigenständigen zu erfüllen hat und für den die allgemeinen Grundsätze des Zuflusses und der spezifischen Besteuerung der jeweiligen Arbeitslohnzahlung gelten, beispielsweise die 1 v. H.-Methode bei der Kraftfahrzeuggestellung.

Auf der Grundlage der allgemeinen Regeln zum Zufluss von Arbeitslohn ist auch zu beurteilen, ob Arbeitslohn zufließt, wenn Arbeitgeber und Mitarbeiter im Rahmen einer Pensionszusage vereinbaren, dass der Mitarbeiter bei Rentenbeginn zwischen einer lebenslangen Rente und einer einmaligen Kapitalauszahlung wählen kann. Diesem Wahlrecht liegt eine Wahlschuld zugrunde. Nach § 262 BGB kann vereinbart werden, dass der Schuldner mehrere Leistungen in der Weise schuldet, dass nur die eine oder die andere Leistung zu bewirken ist. Gleiches gilt, wenn sich das Wahlrecht auf verschiedene Modalitäten der Erfüllung, nämlich Kapitalauszahlung  oder Altersrente bezieht. Auf die Leistung besteht nur ein einheitlicher Anspruch mit alternativem Inhalt. Damit löst die Wahl des Mitarbeiters für lebenslange Rentenzahlungen nicht den Zufluss von Arbeitslohn in Höhe des Kapitalauszahlungsbetrags aus, dessen Zahlung der Mitarbeiter alternativ hätte verlangen können. Denn hier wird nicht ein Anspruch  auf Kapitalauszahlung durch einen Anspruch auf eine Altersrente ersetzt, sondern von dem alternativ vereinbarten Erfüllungsansprüchen die Wahl zugunsten der Erfüllung  in Form einer Rente ausgeübt.  Zufluss wäre dagegen anzunehmen, wäre nur eine Kapitalauszahlung vereinbart gewesen.

Hieran verdeutlichen sich die Fallstricke, die es bei der zivilrechtlichen Gestaltung von Verträgen zu vermeiden gilt, um unliebsame steuerrechtliche  Folgen zu vermeiden.

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