BFH gegen pauschale Schenkungsteuerpflicht von “Ehegatten-Oder-Konten”

RA StB Dr. Stephan Viskorf, Counsel bei Pöllath + Partners, München

RA/StB Dr. Stephan Viskorf, Partner bei P+P Pöllath + Partners, München

Ehegatten-Oder-Konten sind in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Betriebsprüfung geraten. Zahlt z. B. ein Ehegatte den Erlös aus der Veräußerung seines Wirtschaftsguts auf ein gemeinsames Konto der Ehegatten ein, so liegt darin eine steuerpflichtige Schenkung an den anderen Ehegatten in Höhe der Hälfte des eingezahlten Betrags, wenn der andere Ehegatte im Verhältnis zu dem einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei über die in seinen Vermögensbereich übergegangenen Geldbeträge verfügen kann.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist dies bei Ehegatten-Oder-Konten in der Regel der Fall. Die Finanzverwaltung stellt dabei maßgeblich auf die Auslegungsregel des § 430 BGB ab, wonach Gesamtgläubiger (hier Ehegatten im Verhältnis zur Bank) zu gleichen Teilen berechtigt sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Aus dieser gesetzlichen Vermutung leitet die Finanzverwaltung eine Beweislastumkehr ab. Die Ehegatten müssen danach eine abweichende Vereinbarung im Innenverhältnis nachweisen  (so auch zuletzt FG Nürnberg, Urteil vom 25. 3. 2010, Az. 4 K 654/08, Revision beim BFH eingelegt).

Die Finanzverwaltung verkennt, dass die Motivation von Ehegatten zur Errichtung eines Oder-Kontos vielschichtig sein kann. Sie kann schon bereits darin liegen, dass die Ehegatten das Oder-Konto als praktischere Alternative zur Kontovollmacht (Legitimationserleichterung) oder als besonders starken Vertrauensbeweis zueinander betrachten. Der BFH hatte demgemäß bereits in früheren Entscheidungen klargestellt, dass sich allein aus der rechtlichen Gestaltung eines Oder-Kontos nach außen keine Anzeichen für eine Zuwendung an den anderen Ehegatten herleiten ließen. Stets sei das Innenverhältnis zum zuwendenden Ehegatten entscheidend. Fehlen – wie in allen streitigen Fällen – schriftliche oder ausdrückliche mündliche Vereinbarungen der Eheleute über das Innenverhältnis, sei auf die gemeinsame Vorstellung der Ehegatten abzustellen (stillschweigende Vereinbarung). Diese zeige sich insbesondere in der geübten und geduldeten Handhabung des Oder-Kontos.

Der BFH hat diese Rechtsprechung nunmehr mit Beschluss vom 31. 8. 2011 (II B 14/11, BFH/NV 2012, 59) bekräftigt. Wichtig erscheint vor allem, dass der BFH der Indizwirkung des § 430 BGB und der von der Finanzverwaltung vertretenen Beweislastumkehr entgegentritt. Der BFH sieht die Finanzverwaltung durch die Vermutung des § 430 BGB nicht davon befreit, dass Innenverhältnis zwischen den Ehegatten aufzuklären. Zeigen sich in der tatsächlichen Übung keine Anhaltspunkte dafür, dass der andere Ehegatte im Verhältnis zum zuwendenden Ehegatten über den Geldbetrag frei verfügen konnte, sind die Ehegatten nach Auffassung des BFH nicht verpflichtet, Absprachen im Innenverhältnis in Bezug auf das Konto nachzuweisen. Auf eine etwaige (konkludente) Treuhandabrede kommt  es damit nicht mehr an. In diesen Fällen obliegt es künftig vielmehr der Finanzverwaltung, eine von der tatsächlichen Übung abweichende Absprache im Innenverhältnis nachzuweisen. Dies wird ihr in der Regel nicht gelingen.

Die BFH-Rechtsprechung ist zu begrüßen. Sie erteilt der Auffassung der Finanzverwaltung eine klare Absage, die eine Schenkung allein auf Grund objektiver Kriterien (Gesamtgläubiger) annimmt, um sich den Nachweis des subjektiven Tatbestands zu ersparen. Hoffentlich wird die Finanzverwaltung dadurch auch davon überzeugt, Ehegatten in Fällen von Oder-Konten nicht mit den Mitteln des Strafrechts zu verfolgen.

Für die Praxis kommt daher der tatsächlichen Handhabung des Kontos eine noch größere Bedeutung zu. Entscheidend kann u.a. sein,

– ob die Ehegatten von dem Oder-Konto die Kosten der gemeinsamen Lebensführung bestreiten,

– für welche Zwecke der andere Ehegatte von seiner Kontoberechtigung Gebrauch macht und

– insbesondere für welche Zwecke die Geldbeträge auf dem Konto verwendet werden.

Ob die Zurechnung der Erträge in der Steuererklärung ein Indiz für eine Zuwendung darstellt, ist m. E. zweifelhaft. Denn dabei handelt es sich um einen technischen Vorgang, der in aller Regel mangels Verständnis der Ehegatten allein vom Steuerberater abhängt und keinen Rückschluss auf das Innenverhältnis zulässt. Mit Rücksicht auf die Einführung der Abgeltungssteuer ist dieser Punkt allerdings ohnehin nur noch für Altfälle von Bedeutung.

Es steht zu erwarten, dass der BFH in diesem Jahr über die Revision im o.g. Streitfall des FG Nürnberg entscheiden wird. Wenn der BFH bei seiner bisherigen Linie bleibt, bestehen gute Aussichten für den Steuerpflichtigen. Zu hoffen bleibt, dass die Finanzverwaltung die BFH-Rechtsprechung nicht zum Anlass nimmt, dem Gesetzgeber eine Fiktion einer Schenkung bei Ehegatten-Oder-Konten vorzuschlagen, um sich der Feststellungslast zu entziehen. Als negatives Beispiel für eine solche Vorgehensweise darf der neue § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG dienen.

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