In der Krise befindliche Gesellschaften und ihre Gesellschafter suchen nach Möglichkeiten, eine Überschuldung abzuwenden. Dies kann insbesondere dadurch erfolgen, dass für Gesellschafterverbindlichkeiten ein qualifizierter Rangrücktritt vereinbart wird, sodass sie in der insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz nicht mehr zu berücksichtigen sind. Der Nachteil eines solchen Rangrücktritts besteht allerdings darin, dass die Verbindlichkeit als solche weiterhin in der Handelsbilanz zu zeigen ist und diese Maßnahme damit nicht zu einer Verbesserung der Bilanzkennzahlen führt.
In Betracht kommt auch der Forderungsverzicht („Debt-Equity“ Swap). Verzichtet die Gesellschaft auf eine nicht mehr werthaltige Forderung, so führt diese Maßnahme handelsrechtlich zur Bildung von Eigenkapital und zur Verbesserung der Bilanzkennzahlen. Steuerlich ist diese Maßnahme aber mit erheblichen Nachteilen verbunden, wenn dadurch Steuern ausgelöst werden. In Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils der Gesellschafterforderung führt der Verzicht nach der Rspr. des BFH zu steuerpflichtigem Ertrag. Nur i. H. des werthaltigen Teils der Forderung liegt eine steuerneutrale verdeckte Kapitaleinlage vor. Sind keine ausreichenden laufenden Verluste vorhanden, kann der Ertrag nur noch im Rahmen der Mindestbesteuerung mit vorhandenen steuerlichen Verlustvorträgen neutralisiert werden. Dann sind aber nur 1 Mio. € vollständig und ein darüber hinausgehender Gewinn nur mit einem Anteil von 60% ausgleichungsfähig. So kann der Forderungsverzicht krisenverschärfend wirken, weil zusätzliche Geldmittel zur Bedienung der entstehenden Steuerschulden benötigt werden. Eine steuerneutrale Gestaltung bleibt dann nur noch im Billigkeitswege nach dem Sanierungserlass möglich, der für die KSt beim zuständigen FA und für die GewSt bei den betroffenen Gemeinden beantragt werden muss. Diese Anträge sind mit hohem Aufwand und unsicherem Ausgang behaftet. Weiterhin besteht nach wie vor die Unsicherheit, ob die Anwendung des Sanierungserlasses überhaupt noch zulässig ist, diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt.
Die Kunst, diese Problemstellungen zu vermeiden, besteht nun darin, Krisenunternehmen mit der Hilfe von mezzaninen Finanzierungsinstrumenten die Möglichkeit zu eröffnen, handelsrechtlich Eigenkapital zu schaffen, das steuerlich weiterhin Fremdkapital darstellt. Hierfür bieten sich bei den KapGes. Genussrechte an, weil die handelsrechtlichen und steuerlichen Voraussetzungen für den Eigenkapitalausweis nicht identisch sind. Beim Einsatz eines Debt-Mezzanine Swap zum Zwecke der Sanierung und der Verbesserung der Bilanzstruktur werden Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft in Genussrechte umgewandelt, die handelsrechtlich als Eigenkapital, steuerlich jedoch als Fremdkapital behandelt werden. Weil es steuerlich bei Fremdkapital bleibt, erfolgt bei dieser Maßnahme nur ein Passivtausch und es entfallen die beschriebenen nachteiligen steuerlichen Auswirkungen.
Der Hauptfachausschuss der Wirtschaftsprüfer (HFA) hat in seiner Stellungnahme 1/1994 (Wpg 1994 S. 419) die Kriterien für den handelsrechtlichen Eigenkapitalausweis festgelegt. Kurz zusammengefasst richtet sich die Zuordnung danach, ob (1) die Vergütung auf das Genussrecht erfolgsabhängig ist, (2) eine Teilnahme am Verlust in voller Höhe vorgesehen ist, (3) die Kapitalüberlassung längerfristig erfolgt und (4) die Forderungen aus dem Genussrecht im Insolvenz- oder Liquidationsfall nachrangig sind. Demgegenüber ist ein Genussrecht gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG steuerlich nur dann als Eigenkapital zu behandeln, wenn der Genussrechtsinhaber sowohl am Gewinn als auch am Liquidationserlös beteiligt ist. Wird eine Beteiligung am Liquidationserlös ausgeschlossen, ist das Genussrecht steuerbilanziell weiterhin Fremdkapital, handelsbilanziell kann es aber trotzdem dem Eigenkapital zuzurechnen sein.
Die Auffassung, dass die steuerliche Zuordnung des Genussrechts nach den Kriterien des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu erfolgen habe, lehnt die OFD Rheinland in ihrer Verfügung vom 14. 12. 2011 (Kurzinformation KSt Nr. 56/2011, DB0463748) jedoch ab. Diese Vorschrift enthalte nur Regelungen zur Einkommensermittlung und keine Aussagen zur steuerbilanziellen Behandlung der Genussrechte. Die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bestehe allein in einer außerbilanziellen Hinzurechnung der Genussrechtsvergütung. Deshalb sei davon auszugehen, dass eine handelsbilanzielle Umqualifizierung der Verbindlichkeit in Eigenkapital in Folge des Maßgeblichkeitsprinzips auch eine steuerbilanzielle Umqualifizierung in Eigenkapital nach sich ziehe. Wäre die Auffassung der OFD Rheinland richtig, würde das vorgestellte Konzept nicht funktionieren und der Debt Mezzanine Swap wäre mit den gleichen steuerlichen Nachteilen verbunden wie der Debt Equity Swap.
Die Bedeutung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG für die steuerbilanzielle Behandlung von Genussrechten ist umstritten, die besseren Argumente sprechen jedoch gegen die Auffassung der OFD Rheinland. Bei § 8 Abs. 2 Satz 3 KStG handelt es sich nicht um eine bloße Einkommensermittlungsvorschrift, die dort niedergelegten Prinzipien sind auch für die steuerbilanzielle Zuordnung eines Genussrechts zum Eigenkapital oder zum Fremdkapital maßgeblich. Nach h. M. gilt das Maßgeblichkeitsprinzip nicht für den Ausweis des Eigenkapitals. Schließlich widerspricht die Auffassung der OFD Rheinland formal auch dem BMF-Schreiben vom 8. 12. 1986, welches § 8 Abs. 2 Satz 3 KStG auch eine steuerbilanzielle Bedeutung zubilligt.
Mit der Kurzinformation der OFD Rheinland ist die Unsicherheit gestiegen, ob der Debt-Mezzanine Swap steuerneutral durchgeführt werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass deren Rechtsauffassung keine bundesweite Anerkennung in der Finanzverwaltung finden wird.