Schafft das E-Government-Gesetz den Einspruch per E-Mail wieder ab?

StB Stefan Renger, Noerr LLP, Düsseldorf

Das Bundesinnenministerium hat diese Woche den Referentenentwurf (DB0469473) für das E-Government-Gesetz veröffentlicht, das bereits im Koalitionsvertrag angekündigt worden war. Das Gesetz soll für Bürger und Unternehmen die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung vereinfachen. Es sieht auch Änderungen an den Formvorschriften in der AO vor und hat somit Auswirkungen auf jeden Stpfl.

Zukünftig soll die Einlegung eines Einspruchs gegen einen Steuerbescheid des FA nicht mehr nur „schriftlich oder zur Niederschrift“, sondern auch „elektronisch“ möglich sein. Der elektronischen Form soll dabei ein elektronisches Dokument genügen, das per De-Mail mit der Versandoption „absenderbestätigt“ an das FA geschickt wird. Diese Absenderbestätigung setzt voraus, dass sich der Stpfl. zuvor gegenüber seinem De-Mail-Anbieter mit dem neuen Personalausweis im Scheckkartenformat oder mit einem anderen sicheren Verfahren identifiziert hat. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus, dass mit dieser Neuregelung die elektronische Einlegung des Einspruchs ermöglicht wird.

Doch dreht das Ministerium mit diesem Gesetz nicht das Rad zurück? Nach Ansicht des Niedersächsischen FG (Urteil vom 24. 11. 2011- 10 K 275/11, DB0465261, vgl. auch StRkom DB0465270) und des FG München (Urteil vom 11. 8. 2011 – 5 K 1763/10) kann bereits heute ein Einspruch per einfacher E-Mail beim FA eingelegt werden. Das BMF hat die FÄ im Anwendungserlass zur AO angewiesen, solche Einsprüche als wirksam anzusehen. Inzwischen ist auch jedes FA in Deutschland per E-Mail erreichbar.

Zwar ist gem. § 357 Abs. 1 AO der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Dabei genügt es nach Satz 2 des § 357 Abs. 1 AO, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Gem. § 87a Abs. 3 Satz 1 AO kann eine durch Gesetz für Erklärungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden. Einem Einspruch per E-Mail ist dabei keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz beizufügen. Denn wegen des Satzes 2 in § 357 Abs. 1 AO bedarf der Einspruch gerade keiner Unterschrift.

Das Niedersächsische FG geht noch einen Schritt weiter: Da das FA in der Rechtsbehelfsbelehrung des Steuerbescheids nicht ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass der Einspruch auch per E-Mail erhoben werden kann, gelte nicht die normale einmonatige Einspruchsfrist. Wegen der unvollständigen Belehrung könne der Einspruch binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Bescheids eingelegt werden. Das bedeutet, dass die derzeit von den FÄ verwendeten Rechtsbehelfsbelehrungen nachgebessert werden müssten. Ob der BFH das genauso sieht, wird sich in dem Revisionsverfahren zeigen, dass unter dem Aktenzeichen X R 2/12 anhängig ist.

Auch sonst fügt sich die geplante Neuregelegung des E-Government-Gesetzes nur schlecht in das Normengefüge der AO ein. So sieht § 93 Abs. 4 AO unverändert vor, dass ein Auskunftspflichtiger dem FA eine Auskunft „schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich“ erteilen kann. Wenn elektronisch zukünftig gleich per De-Mail bedeuten soll, wird es nicht mehr möglich sein, eine Anfrage des FA mit einer einfachen E-Mail zu beantworten – ein Anruf soll dagegen weiterhin genügen.

Der Gesetzgeber wäre demnach gut beraten, wenn er im Bereich des Steuerrechts die Entwicklung hin zu einer elektronischen Kommunikation mit dem FA ohne Zugangshürden für den Bürger nicht durch das E-Government-Gesetz behindert. Sonst wird das Projekt so enden wie der Irrweg der qualifizierten elektronischen Signatur – mit dem Faxgerät als Nutznießer.

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