Am 5. 4. 2012 wurde in Bern ein Protokoll zur Änderung des am 21. 9. 2011 in Berlin unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt („Steuerabkommen“) unterzeichnet („Ergänzungsprotokoll“, vgl. DB0470249). Die Verhandlungen über das Steuerabkommen wurden ursprünglich am 10. 8. 2011 abgeschlossen (vgl. BMF, PM Nr. 32/2011 vom 10. 8. 2011). Am 22. 9. 2011 wurde das Steuerabkommen mit der Schweiz auf der Internetseite des BMF veröffentlicht, nachdem es am Tag zuvor von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble und der Schweizer Finanzministerin Dr. Eveline Widmer-Schlumpf in Berlin unterzeichnet wurde. Das Steuerabkommen soll am 1. 1. des nach beiderseitiger Notifikation folgenden Kalenderjahres in Kraft treten; von der Bundesregierung wird der 1. 1. 2013 angestrebt.
SPD, Bündnis 90/die Grünen sowie die Linke lehnen die geplante einmalige pauschale Nachzahlung ab und fordern weiterhin den Kauf von CDs aus der Schweiz mit den Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher aus Deutschland.
Zu dem nun unterzeichneten Ergänzungsprotokoll erklärte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble „Mit dem Ankommen werden wir in die Lage versetzt, für die Vergangenheit und für die Zukunft Kapitalanlagen deutscher Staatsbürger in der Schweiz zu besteuern. Das sind Steuereinnahmen, die ohne Abkommen laufend verjähren würden. So wird Gerechtigkeit hergestellt …“ (vgl. BMF, PM Nr. 12/2012 vom 5. 4. 2012).
Was sah das Steuerabkommen bisher vor?
Nach dem Steuerabkommen können Personen mit Wohnsitz in Deutschland ihre bestehenden Bankbeziehungen in der Schweiz nachversteuern. Dazu sollten sie eine einmalige Steuerzahlung leisten, die zwischen 19 und 34% des Vermögensbestands beträgt – abhängig von der Dauer der Kapitalanlage sowie vom Anfangs- und Endbetrag des Kapitalbestands. Alternativ können sie ihre Schweizer Konten gegenüber den deutschen Behörden offenlegen. Mit dieser Zahlung gelten die deutsche ESt, USt, Vermögensteuer, GewSt sowie die Erb- und SchenkSt als abgegolten.
Die Schweizer Banken haben sich zu einer Garantieleistung von 2 Mrd. CHF verpflichtet. Künftige Kapitalerträge sollen mit einer Abgeltungsteuer von 26,375% erfasst werden. Die deutschen Behörden können Auskunftsgesuche stellen; es wurde eine maximale Anzahl von 750 bis 999 innerhalb einer Zweijahresfrist vereinbart. Zu weiteren Einzelheiten vgl. Dorfmueller, Steuerboard vom 31. 8. 2011.
Welche wesentlichen Änderungen erfolgen nun durch das Ergänzungsprotokoll?
Das Ergänzungsprotokoll sieht vor, den Steuersatz für die Einmalzahlung auf 21 bis 41% zu erhöhen. Bei Erbschaften, die ab dem Inkrafttreten des Abkommens eintreten, soll eine 50%ige Steuer erhoben werden, es sei denn, die Erben legen die Erbschaft gegenüber den deutschen Finanzbehörden offen und versteuern das Erbe entsprechend. An einer entsprechenden Regelung für Schenkungen fehlt es.
Des Weiteren wurde die Anzahl der maximalen Auskunftsersuchen innerhalb von zwei Jahren auf 1.300 erhöht. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die Schweiz bereits ab dem 1. 1. 2013 – und nicht erst ab dem 31. 5. 2013 – die Verlagerung von Vermögen deutscher Staatsbürger meldet. Ein Vorziehen auf das Datum des Abschlusses des Abkommens erfolgte somit nicht.
Es wurde ferner ausdrücklich geregelt, dass das Steuerabkommen keine Anwendung auf Erträge oder Gewinne findet, die von dem Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union vom 26. 10. 2004 erfasst werden. Somit wurde der europäischen Vereinbarung Vorrang eingeräumt.
Die Schlussakte enthält wie bisher die Erklärung der Bundesrepublik Deutschland betreffend den Erwerb entwendeter Daten schweizerischer Bankkunden, d. h. die deutschen Finanzbehörden werden sich nicht mehr aktiv um den Erwerb von bei Banken in der Schweiz entwendeten Kundendaten bemühen. Insofern wurde ein wesentlicher Kritikpunkt der Opposition nicht aufgegriffen.
Es bleibt abzuwarten, ob das durch das Ergänzungsprotokoll verbesserte Steuerabkommen die erforderliche Zustimmung im BRat erfährt. Ggf. müsste dann die Bundesregierung ihre Vorgehensweise durch Abschluss eines bilateralen Vertrages überdenken oder es gilt die Devise „Aller guten Dinge sind drei“.
(Zitiervorschlag: Dorfmueller, Steuerboard DB0471751)