Einen Gewinnabführungsvertrag für die steuerlich erforderlichen fünf Jahre abzuschließen ist schwerer als man denkt. Ich selbst nehme für die Fristberechnung die einfachste Rechenmaschine: Fünf Finger einer Hand. Wer meint, es gehe auch anders, oder sich verschreibt, hat meist Pech. Wenn der Fehler nicht noch im ersten geplanten Organschaftsjahr korrigiert und die Vertragsänderung noch vor dem Bilanzstichtag im Handelsregister eingetragen wird, ist die Organschaft gescheitert. Bei entsprechender Formulierung des Vertrags startet die Organschaft vielleicht ab dem nächsten Jahr. Aber die beabsichtigte noch für das laufende Jahr rückwirkende steuerliche Verrechnung von Gewinnen und Verlusten ist erst mal geplatzt. Gleichwohl ist der Vertrag zivilrechtlich zu beachten und führt steuerlich zu einer vGA oder zu einer verdeckten Einlage.
Das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 12. 12. 2011 – 6 K 3103/09, BFH-Rev.: I R 1/12) hatte kürzlich einen Gewinnabführungsvertrag zu beurteilen, dessen Mindestlaufzeit am 30. 12. (statt am 31. 12.) des fünften geplanten Organschaftsjahres endete. Dass es sich um einen Schreibfehler handelt, ist klar. Es kann keinen sachlichen Grund dafür geben, das Ende auf einen Tag vor dem Ablauf eines Geschäftsjahres zu legen. Alle Beteiligten hatten die Augen lange verschlossen: Erst bei der Bp im mutmaßlichen sechsten Organschaftsjahr bemerkte man den Fehler und berichtigte den Vertrag sofort.
Im Regelfall ist dies vergeblich, eine steuerlich wirksame Rettung des Vertrags aussichtslos und die Organschaft scheitert von Anfang an. Grund ist, dass es sich um einen gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrag handelt. Unklarheiten können nach Auffassung des BFH nur durch objektive Auslegung der Vertragsurkunde selbst geklärt werden. Das Wollen der Vertragsparteien spielt entgegen einem klaren und unmissverständlichen Wortlaut keine Rolle, wenn sich dafür nicht ausreichende Anhaltspunkte im Vertrag selbst finden.
Doch es blieb Hoffnung auf ein Schlupfloch: Es handelte sich um einen der Fälle, in denen der Gewinnabführungsvertrag bei Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses mit vorgelesen und damit beurkundet worden war. Private Schriftform des Vertrags selbst hätte genügt. Die Gebühren des Notars erhöhen sich i. Ü. durch die zusätzliche Beurkundung nur bei einem von ihm selbst erstellten Vertrag nicht. Beurkundungsrechtlich ist es nicht erforderlich, bei Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses auch den privatschriftlichen Gewinnabführungsvertrag vorzulesen und ihn dadurch ebenfalls zu beurkunden, denn er stellt nur eine nicht förmliche Anlage dar.
Auf Rettung hoffen lässt in diesen Fällen der notarielle Nachtragsvermerk zur Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit, wie er im Fall des FG Baden-Württemberg vom Notar erstellt und zum Handelsregister zur Einfügung in die ursprüngliche Urkunde eingereicht worden war. Die Berichtigung wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit setzt voraus, dass die Unrichtigkeit für jeden erkennbar ist, der die Umstände kennt. Mit öffentlicher Urkunde wird dann zum Ausdruck gebracht, dass der Vertrag von Anfang an auf mindestens fünf Zeitjahre abgeschlossen werden sollte. Die Finanzverwaltung ist nach einer Äußerung aus NRW an einen solchen notariellen Nachtragsvermerk gebunden und anerkennt die Organschaft von Anfang an.
Erstmals hatte mit dem FG Baden-Württemberg nun ein FG über die steuerrechtliche Wirkung eines notariellen Nachtragsvermerks zu entscheiden. Nach seiner Auffassung gilt das Rückwirkungsverbot auch für ein Merkmal, das wie die Mindestlaufzeit zum Tatbestand eines Steueranspruchs gehört. Da die Mindestlaufzeit zum Zeitpunkt der Berichtigung bereits abgelaufen war, greife diese in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand ein. Die Berichtigung komme zu spät. Das FG deutet damit an, dass die Unrichtigkeit offenkundig war und eine rechtzeitige Berichtigung noch innerhalb der Mindestlaufzeit den Vertrag steuerlich hätte retten können. Das ist neu. Bei einem privatschriftlich abgeschlossenen Vertrag wäre dafür nur das erste geplante Organschaftsjahr geblieben. Ob man den Schnitt für eine zulässige Rückbeziehung mit Ende der Mindestlaufzeit machen kann, erscheint indes zweifelhaft. Wenn man die notarielle Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit wie ein Schreibversehen steuerlich für beachtlich hält und eine Rückbeziehung zulässt, müsste man die Berichtigung so lange zulassen, wie für das erste Organschaftsjahr noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Es bleibt spannend, ob der BFH die Rettung einer Organschaft bei unnötigerweise beurkundetem Gewinnabführungsvertrag zulässt.
(Zitiervorschlag: Walter, Steuerboard DB0474106)