Veräußerung von Anteilen an Immobiliengesellschaften – Die neuen DBA mit den Niederlanden und Luxemburg

RA/StB Dr. Hardy Fischer, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Die im April unterzeichneten DBA mit den Niederlanden (12. 4. 2012, vgl. DB0470582) und Luxemburg (23. 4. 2012, vgl. Meldung unter DB0470947) enthalten hinsichtlich der Veräußerung von Anteilen an Immobiliengesellschaften eine wesentliche Neuerung im Vergleich zu ihren Vorgängern.

Anteilsveräußerungsgewinne bei Immobiliengesellschaften

Art. 13 der DBA verteilt die Besteuerungsbefugnisse zwischen den DBA-Staaten bei der Veräußerung von Vermögen. Dabei werden Anteilsveräußerungsgewinne i. d. R. nur im Ansässigkeitsstaat des veräußernden Gesellschafters besteuert. Der neue Art. 13 Abs. 2 der beiden DBA macht hiervon eine Ausnahme:

Sofern das Vermögen der Gesellschaft zu einem Großteil (DBA-Luxemburg: mehr als 50%; DBA-Niederlande: mehr als 75%) direkt oder indirekt aus Immobilien besteht, hat auch der Belegenheitsstaat der Immobilien das Besteuerungsrecht. Der Ansässigkeitsstaat des Veräußerers hat dann die Doppelbesteuerung zu vermeiden.

Damit wird die immobilienhaltende Gesellschaft im Ergebnis als transparent und der Gesellschafter so behandelt, als habe er die Immobilien direkt veräußert. Die Regelung soll verhindern, dass durch Zwischenschaltung einer Gesellschaft (mittelbare) Immobilienveräußerungsgewinne nicht im Belegenheitsstaat der Immobilien besteuert werden können. Sie geht auf eine mittlerweile ca. zehn Jahre alte Regelung im OECD-Musterabkommen zurück und findet sich in nahezu allen neueren, durch Deutschland abgeschlossenen DBA wieder.

Details zu den Neuregelungen in den DBA Niederlande und Luxemburg

Die Neuregelung zur Anteilsveräußerung bei Immobiliengesellschaften im neuen DBA mit Luxemburg lehnt sich nahezu wortgleich an die Musterformulierung der OECD an. Im DBA Niederlande wird hingegen nicht nur die Schwelle des Immobilienvermögens auf 75% des Aktivvermögens gehoben, sondern es werden auch zahlreiche Ausnahmen etabliert. Beispielsweise greift kein Besteuerungsrecht des Belegenheitsstaates, wenn es sich um börsennotierte Anteile handelt (z. B. bei REITs) oder wenn der Anteilsveräußerungsgewinn im Rahmen einer Unternehmensumstrukturierung, -fusion, -spaltung oder ähnlichen Transaktion angefallen ist. Des Weiteren ist bei Berechnung der 75%-Schwelle das selbst genutzte Immobilienvermögen herauszurechnen, in dem die Gesellschaft (oder der Gesellschafter) ihre (seine) Geschäftstätigkeit ausübt. Schließlich verbleibt das Besteuerungsrecht trotz Qualifikation als Immobiliengesellschaft auch dann ausschließlich im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters, wenn der Gesellschafter vor der ersten Veräußerung zu weniger als 50% an der Immobiliengesellschaft beteiligt war. Demzufolge könnte bei einer (marginalen) Veräußerung vor dem erstmaligen Überschreiten der 50%-Anteilsgrenze die Regelung nachfolgend nicht anwendbar sein.

Die Regelungen in den neuen DBAs setzen Immobilienvermögen (Luxemburg) bzw. Immobilienaktivvermögen (Niederlande) einer Gesellschaft – i. S. einer juristischen Person für Besteuerungszwecke, d. h. also nicht bei Immobilienpersonengesellschaften – voraus. Hierbei erlaubt sich das DBA Niederlande insofern eine sprachliche Unschärfe, als dass der Wortlaut nicht ausdrücklich klarstellt, wo sich das Immobilienvermögen befinden muss (gemeint ist wohl im „anderen Vertragsstaat“, d. h. nicht im Ansässigkeitsstaat des veräußernden Gesellschafters).

Der Wertvergleich von Immobilienvermögen und Gesamtvermögen zur Berechnung der 50%- bzw. 75%-Schwelle wird nach allgemeiner Meinung ohne Berücksichtigung damit zusammenhängender Schulden durchgeführt. Dies eröffnet ggf. Gestaltungsspielräume durch bilanzverlängernde Maßnahmen (beispielsweise kurzfristige Darlehensaufnahme).

Es ist unerheblich, welchen Geschäftszweck die Gesellschaft verfolgt. Wenn die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 für eine Besteuerung im Belegenheitsstaat der Immobilien erfüllt sind, kann zudem der gesamte Veräußerungsgewinn im Belegenheitsstaat besteuert werden und nicht nur anteilig, soweit die Gesellschaft Immobilienvermögen hält.

Umsetzung im nationalen Recht

Deutschland hat das Besteuerungsrecht für Anteilsveräußerungsgewinne bei Immobiliengesellschaften auch für den Fall ausgeübt, dass Anteile an einer Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland veräußert werden und der veräußernde Steuerausländer in den letzten fünf Jahren zu mehr als 1% an der Gesellschaft beteiligt war. Der Anteilsveräußerungsgewinn unterliegt dann der beschränkten Steuerpflicht, unterfällt aber dem Teileinkünfteverfahren oder bei Veräußerung durch Körperschaften ggf. der Privilegierung nach § 8b Abs. 2 KStG (vorbehaltlich § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG). Die Steuer wird mittels Veranlagung erhoben.

Bei der Veräußerung von Anteilen an einer deutsche Immobilien haltenden niederländischen oder luxemburgischen Immobiliengesellschaft durch Steuerausländer kann Deutschland hingegen trotz der neuen DBA-Regelungen nicht besteuern. § 49 EStG sieht insofern keinen Tatbestand vor.

Verbleibende Zweifelsfragen

Viele Gesichtspunkte sind jedoch noch unklar bei Anwendung der neuen Regelungen. Die neuen DBA mit den Niederlanden und Luxemburg werden schon bisher diskutierte Fragen weiter forcieren:

– Wonach bestimmt sich beispielsweise, was als Immobilienvermögen qualifiziert? Wird hier an Regelungen des DBA angeknüpft (Art. 6 Abs. 2) oder an das Steuerrecht des Anwenderstaates (Art. 3 Abs. 2), d. h. in Deutschland an die Regelungen des BewG (§ 68 BewG)? Fernliegend erscheint jedenfalls, das deutsche Zivilrecht als maßgeblich anzusehen und beispielsweise zivilrechtlich als Zubehör einzustufendes Vermögen der Immobilienquote zuzuschreiben (dies hat die Finanzverwaltung in der Vergangenheit wohl in einem vergleichbaren Fall versucht: Plewka/Beck, IStR 2007 S. 125 ff.).

– Welcher Wertmaßstab ist für die Berechnung der 50%- bzw. 75%-Grenze zu Grunde zu legen? Dienen die steuerlichen Buchwerte des Immobilienvermögens im Vergleich zum steuerlichen Gesamtaktivvermögen als Maßstab oder muss eine Verkehrswertbetrachtung erfolgen, sodass der Stpfl. Wertgutachten für das gesamte direkte bzw. indirekt gehaltene Aktivvermögen einholen muss? Letzteres kann insb. bei indirekt gehaltenen Immobilien faktisch nahezu unmöglich werden, v. a. wenn es sich nur um Minderheitsbeteiligungen handelt.

– Welcher Zeitpunkt ist für die Berechnung der 50%- bzw. 75%-Grenze maßgeblich?

– Wird auch ein Rückkauf eigener Anteile wie im nationalen Steuerrecht als Veräußerung eingestuft? Gem. dem Protokoll zum neuen DBA Niederlande hingegen scheinen Einkünfte aus solchen Veräußerungen als Dividendeneinkünfte zu qualifizieren mit der Folge der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters, soweit kein Quellensteuereinbehalt erfolgt.

– Was geschieht mit den vor Inkrafttreten des DBA in den Anteilen enthaltenen steuerlichen stillen Reserven? Diese werden ggf. ebenfalls im Belegenheitsstaat steuerverstrickt oder es erfolgt entsprechend des Gedankens von § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG eine Anschaffungskostenkorrektur (gemeiner Wert der Anteile bei Inkrafttreten des DBA).

Bis zum voraussichtlichen Inkrafttreten der neuen DBA ab 2013 oder 2014 bleibt noch etwas Zeit. Es ist zu hoffen, dass die Finanzverwaltung bis dahin noch Hinweise gibt, wie nach ihrer Auffassung die offenen Zweifelsfragen zu beantworten sind. Der beschränkt Stpfl., dessen Anteile an der Immobiliengesellschaft nun potenziell in Deutschland steuerverstrickt werden, benötigt klare Hinweise, um einschätzen zu können, ob er bei einer Anteilsveräußerung der deutschen Besteuerung mittels Veranlagung unterliegt.

(Zitiervorschlag: Fischer, Steuerboard DB0480324)

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