Die Vererbung von Betriebsvermögen (z. B. Kommanditanteil an gewerblicher GmbH & Co. KG) ist unter bestimmten Voraussetzungen erbschaftsteuerlich begünstigt. Eine vollständige Vermeidung von ErbSt ist möglich. Entsprechendes gilt im Fall einer Schenkung von Betriebsvermögen (sog. Vollverschonung). Voraussetzung für die Begünstigung ist u. a., dass der Erbe das von Todes wegen erworbene Betriebsvermögen innerhalb einer (fünf- oder siebenjährigen) Behaltensfrist nicht veräußert (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG). Verstößt der Erbe gegen die Behaltensfrist, kommt es – vereinfacht dargestellt – zu einer (anteiligen) nachträglichen Besteuerung (Nachsteuer). Kein Verstoß gegen die Behaltensfrist liegt vor, wenn der Erbe seinen Kommanditanteil innerhalb der Behaltensfrist nach den Regeln des UmwStG in eine KapGes. (z. B. GmbH) einbringt (vgl. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG). Nach der Einbringung ist der Erbe nicht mehr in Form eines KG-Anteils an der GmbH & Co. KG beteiligt, sondern in Form eines GmbH-Anteils an der (aufnehmenden) GmbH. Die skizzierte Einbringung soll allerdings nach Auffassung des BayLfSt eine (anteilige) „schädliche“ Veräußerung des KG-Anteils nach § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG darstellen, wenn dem Erben von der GmbH im Rahmen der Einbringung – neben einem neuen GmbH-Anteil – eine andere Gegenleistung (z. B. Geld) gewährt wird (BayLfSt, Verfügung vom 11. 5. 2012 – S 3812a.2.1-15/St 34, DB 2012 S. 1180). Dies bedeutet nach meiner Auffassung jedoch nicht, dass eine Einbringung eines KG-Anteils in eine GmbH mit zusätzlicher Gewährung einer anderen Gegenleistung stets die Entstehung von Nachsteuer zur Folge hat.
Fallbeispiel: Einbringung eines KG-Anteils in eine GmbH gegen Gewährung eines neuen GmbH-Anteils und einer anderen Gegenleistung
S hat im Dezember 2011 von seiner verstorbenen Mutter eine 100%-Beteiligung an einer GmbH & Co. KG geerbt. Da die Voraussetzungen einer erbschaftsteuerlichen Begünstigung vorlagen, konnte die Entstehung von ErbSt vermieden werden (Vollverschonung). Im Frühling 2012 regt der Gesellschafter Geschäftsführer (G) eines großen und erfolgreichen Mitbewerbers (GmbH) eine Zusammenarbeit an; S solle sich i. H. von 20% im Rahmen einer Sacheinlage an der GmbH des G beteiligten. S stimmt dem Vorschlag zu. Geplant ist, dass S seinen KG-Anteil gegen Gewährung eines (neuen) GmbH-Anteils in die GmbH einbringt (§ 20 Abs. 1 UmwStG). Um die (Ziel )Beteiligungsquote von 20% zu erreichen, erhält S unter Berücksichtigung des hohen Verkehrswerts des KG-Anteils zusätzlich eine andere Gegenleistung in Form von Geld von der GmbH (§ 20 Abs. 1 Satz 4 UmwStG). Führt die Geldzahlung der GmbH an S bei diesem zur Entstehung von Nachsteuer?
Entstehung von Nachsteuer vermeidbar
Geht man – aus meiner Sicht zutreffend – davon aus, dass die sog. Reinvestitionsklausel (§ 13a Abs. 5 Satz 3 und 4 ErbStG) auch den Fall der Veräußerung eines KG-Anteils (Mitunternehmeranteil) erfasst, sollte die Entstehung von Nachsteuer im skizzierten Fallbeispiel auch bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des BayLfSt vermeidbar sein. Voraussetzung wäre, dass S die Voraussetzungen der Klausel erfüllt. Nach der Reinvestitionsklausel ist von einer Nachversteuerung abzusehen, wenn der Erlös aus der Veräußerung des KG-Anteils innerhalb von sechs Monaten in Vermögen der begünstigten Vermögensart investiert wird, es darf sich nicht um (schädliches) Verwaltungsvermögen i. S. des § 13b Abs. 2 ErbStG handeln. Ein Grund, der gegen eine Anwendung der Klausel im Fall einer „fiktiven“ Veräußerung i. S .des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG i. V. mit dem Erlass des BayLfSt spricht, ist aus meiner Sicht nicht ersichtlich. Sofern S das im Rahmen der Einbringung von der GmbH erhaltene Geld z. B. zum Erwerb eines neuen KG-Anteils an einer anderen (Neu-)GmbH & Co. KG verwendet, dürfte die skizzierte Einbringung keine Nachsteuer auslösen. Zu einer „automatischen“ Anwendung der Reinvestitionsklausel käme es aus meiner Sicht, wenn die GmbH eine andere Gegenleistung in Form (erbschaftsteuerlich) begünstigten Vermögens auskehrt (z. B. Auskehrung eines OHG-Anteils an einer Tochter-OHG der GmbH). Die Rechtsauffassung des BayLfSt dürfte dieser Beurteilung nicht entgegenstehen, eine Anwendung der Reinvestitionsklausel schließt der Erlass nicht aus.
Geht man – aus meiner Sicht unzutreffend – davon aus, dass die Reinvestitionsklausel im Fall einer „echten“ Veräußerung eines KG-Anteils (und somit auch im Fall einer fiktiven Veräußerung eines KG-Anteils nach Erlass) nicht anwendbar ist (unklar ErbStR 2011, R E 13a.11), dürfte S seinen KG-Anteil nicht in die GmbH einbringen. In diesem Fall wäre der (komplette) Betrieb der GmbH & Co. KG in die GmbH gegen Gewährung eines neuen GmbH-Anteils und einer zusätzlichen anderen Gegenleistung einzubringen (§ 20 Abs. 1 UmwStG). In Folge der Einbringung wäre S – nach wie vor – an der GmbH & Co. KG beteiligt, diese wäre zu 20% an der GmbH beteiligt. Darüber hinaus bestände bei der GmbH & Co. KG eine „Liquiditätsreserve“ i. H. der von der GmbH gewährten anderen Gegenleistung (vgl. ErbStR 2011, R E 13a.11 Satz 5). In diesem Fall scheidet nach meinem Verständnis eine Anwendung des Erlasses des BayLfSt aus, da S nicht den von seiner Mutter „erworbenen“ Mitunternehmeranteil in die GmbH einbringt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Einbringung geerbten Betriebsvermögens in eine KapGes. innerhalb der Behaltensfrist bei zusätzlicher Gewährung einer anderen Gegenleistung durch die KapGes. trotz des Erlasses des BayLfSt nachsteuerunschädlich darstellbar sein sollte. Die Verwaltung sollte in diesen Fällen eine verbindliche Auskunft – ggf. unter Berücksich-tigung der Rechtsauffassung des BayLfSt – erteilen.
(Zitiervorschlag: von Freeden, Steuerboard DB0483628)