Am 25. 7. 2012 hat der BFH die Entscheidung vom 26. 4. 2012 (IV R 44/09, DB 2012 S. 1656) veröffentlicht. Bei der Klägerin handelt es sich um eine gewerblich tätige PersGes., die als Kommanditistin zu 99% an einer vermögensverwaltenden PersGes. (KG) beteiligt war (sog. Zebragesellschaft). Die Klägerin veräußerte (zu fremdüblichen Konditionen) aus ihrem Betriebsvermögen ein Grundstück an die vermögensverwaltende KG, das hohe stille Reserven aufwies. In der Handelsbilanz der vermögensverwaltenden KG wurde das Grundstück mit den Anschaffungskosten ausgewiesen. Die Klägerin stufte den Vorgang i. H. ihrer Kommanditbeteiligung an der vermögensverwaltenden KG steuerlich nicht als Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgang ein.
In der Praxis der steuerlichen Gestaltungsberatung ist die streitgegenständliche Struktur ein häufig anzutreffendes Gestaltungsinstrument, das auch in Grundbesitz besitzenden Immobiliengesellschaften zum Einsatz gelangt. So kann die Struktur u. a. zur zivilrechtlichen Separierung des Grundbesitzes zur Vorbereitung von Veräußerungsvorgängen oder wie im Urteilsfall zur Erhöhung des handelsrechtlichen Eigenkapitals durch die handelsbilanziell erfolgswirksame Erfassung des Veräußerungsgewinns genutzt werden. Neben einem Verkauf des Grundbesitzes kommt auch eine Vermögensübertragung im Wege einer umwandlungsrechtlichen Ausgliederung in Betracht.
FG Niedersachsen und Finanzverwaltung: Steuerpflichtige Verlagerung stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen
Das FG Niedersachsen schloss sich in seiner Entscheidung vom 28. 9. 2009 (3 K 869/04, EFG 2010 S. 729) der von der Finanzverwaltung vertretenen Beurteilung an, die Veräußerung des Grundbesitzes an die vermögensverwaltende PersGes. und der damit einhergehende zivilrechtliche Rechtsträgerwechsel habe eine Verlagerung stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen in den Bereich der Überschusseinkünfte zur Folge. Dies sei steuerneutral nicht möglich. Die stillen Reserven des veräußerten Grundbesitzes seien insgesamt aufzudecken. Auch die aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO resultierende Bruchteilsbetrachtung, die zwar einen Rechtsträgerwechsel verneint, stehe einer steuerpflichtigen Verlagerung stiller Reserven nicht entgegen. Die Vorschrift führe nur zu einer Zurechnung von Wirtschaftsgütern auf die Gesellschafter, eine Zurechnung von „Geschäften“ erfolge hingegen nicht.
Die Entscheidung des FG Niedersachsen hat in der Fachwelt Erstaunen ausgelöst. Zwar ist die von dem FG Niedersachsen behandelte Konstellation vom BFH bislang noch nicht ausdrücklich entschieden worden, der Widerspruch der Entscheidung zu dem Rechtsgedanken des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO war allerdings offensichtlich. Zumal der BFH bereits in der Entscheidung vom 2. 4. 2008 (IX R 18/06, BStBl. II 2008 S. 679 = DB 2008 S. 1301) entschieden hat, dass steuerlich kein Anschaffungsgeschäft gegeben ist, wenn Gesellschafter einer vermögensverwaltenden PersGes. aus ihrem Privatvermögen Wirtschaftsgüter an die Gesellschaft veräußern. Die Erzielung eines steuerfreien step-up außerhalb der Spekulationsfrist der veräußerten Wirtschaftsgüter ist damit ausgeschlossen.
BFH hält an seiner bisherigen Rspr. fest: Kein steuerpflichtiges Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft
Der BFH hat nun in seiner Entscheidung vom 26. 4. 2012 (a.a.O.) die Ausführungen des FG Niedersachsen zu einem steuerlich „gewinnrealisierenden“ Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgang klar zurückgewiesen.
Ausgangspunkt der Urteilsbegründung bilden die für die Bilanzierung eines Anteils an einer PersGes. geltenden bilanzsteuerrechtlichen Grundsätze. Der BFH grenzt die Bilanzierung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden PersGes. deutlich von der Bilanzierung eines Anteils an einer gewerblichen PersGes. (Mitunternehmerschaft) ab. Wird ein Anteil an einer vermögensverwaltenden PersGes. von einem Gesellschafter im Betriebsvermögen gehalten, hat dies zur Folge, dass die Wirtschaftsgüter entsprechend der Beteiligungsquote ebenfalls zum Betriebsvermögen des Gesellschafters zählen. Die aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO resultierende Zurechnung wird – anders als bei einer mitunternehmerischen PersGes. – nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Hs. 1 EStG verdrängt. Lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen erfolgt eine gesonderte und einheitliche Feststellung der von einer vermögensverwaltenden PersGes. erzielten Einkünfte.
Weiterhin stellt der BFH klar, dass ein zur Realisation stiller Reserven führender Veräußerungsvorgang nur dann gegeben ist, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Die Veräußerung eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen des Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden PersGes. erfüllt daher nicht die Voraussetzungen eines steuerpflichtigen Realisationstatbestands. I. H. der Beteiligungsquote (99%) an der vermögensverwaltenden KG fehlt es an einem Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen des Gesellschafters. Das an eine vermögensverwaltende PersGes. veräußerte Grundstück ist steuerlich weiterhin (anteilig zu 99%) im Betriebsvermögen des Gesellschafters zu erfassen. Hieran ändert auch die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums auf die vermögensverwaltende KG gegen Vereinbarung eines fremdüblichen Kaufpreises nichts. Zudem ist durch die aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO resultierende Bruchteilsbetrachtung auch sichergestellt, dass im Veräußerungsfall die stillen Reserven auf Ebene des betrieblich beteiligten Gesellschafters der Besteuerung unterliegen.
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der BFH mit seiner Entscheidung vom 26. 4. 2012 die nach der Entscheidung des FG Niedersachsen in der Praxis entstandene Rechtsunsicherheit beseitigt hat. Eine Nutzung des Instruments „vermögensverwaltende PersGes.“ zur Erzielung handelsbilanzieller (z. B. Gewinnrealisierung) und struktureller Effekte (z. B. Separierung von Grundbesitz vor Veräußerung) bleibt möglich.
(Zitiervorschlag: Hick, Steuerboard DB0484502)