Manager stehen z. Zt. stark im Fokus der Öffentlichkeit, insbesondere für die Höhe ihrer Vergütung werden Vorstände börsennotierter Unternehmen kritisiert. Dieser „Druck der öffentlichen Meinung“ scheint sich auch steuerlich auszuwirken. Anders lässt sich die derzeit in der Praxis festzustellende Entwicklung bei der Besteuerung sog. Managementbeteiligungen nicht erklären.
Zum Hintergrund: Managementbeteiligungen sind Kapitalbeteiligungen von Managern an den von ihnen geführten Unternehmen. Die Manager erwerben, häufig im Zusammenhang mit dem Einstieg von Private Equity-Investoren, Anteile an der Unternehmensgruppe, die sie führen, und gewähren z. T. auch Gesellschafterdarlehen. Das investierte Geld steht dabei vollständig im Risiko, d. h. im Fall einer Insolvenz des Unternehmens ist es verloren. Wird das Unternehmen verkauft oder schüttet es zwischenzeitlich Dividenden aus, partizipieren die Manager-Gesellschafter ihrer prozentualen Beteiligung entsprechend an den Veräußerungserlösen und erhalten auf Gesellschafterdarlehen Zinseinkünfte und den Rückzahlungsbetrag. Auf den ersten Blick erscheint die einkommensteuerliche Beurteilung solcher Erlöse einfach zu sein: Es handelt sich um Kapitaleinkünfte i. S. des § 20 EStG (bei Beteiligungen von 1% oder mehr gilt § 17 EStG). Nun unterliegen in der Praxis solche Managementbeteiligungen gewissen vertraglichen Beschränkungen. So verpflichtet sich der Manager i. d. R. gegenüber dem Hauptgesellschafter, die Beteiligung nicht ohne dessen Zustimmung zu übertragen. Im Falle einer Beendigung des Dienstverhältnisses steht dem Hauptgesellschafter ein Ankaufsrecht für die Beteiligung zu. Bei einem Verkauf des Unternehmens durch den Hauptgesellschafter ist der Manager verpflichtet, aber auch berechtigt, seine Beteiligung zu den gleichen Bedingungen mitzuverkaufen. Solche, in schuldrechtlichen Gesellschaftervereinbarungen getroffenen Regelungen haben sich in den letzten zehn Jahren zu einem Standard für Managementbeteiligungen entwickelt.
Ausgehend von der st. Rspr. des BFH, wonach schuldrechtliche Verfügungsbeschränkungen den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an Kapitalanteilen nicht hindern (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 30. 9. 2008 – VI R 67/05, BStBl. II 2009 S. 282 = DB 2009 S. 98), beurteilte auch die Finanzverwaltung solche Vertragsregelungen anfänglich als unproblematisch. Verbindliche Auskünfte oder LSt-Anrufungsauskünfte zu entsprechenden vertraglichen Gestaltungen wurden antragsgemäß erteilt.
In den letzten zwei bis drei Jahren zeigt sich nunmehr in der Praxis eine starke Tendenz, Einkünfte aus Managementbeteiligungen in Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit „umzuqualifizieren“, ohne dass eine Änderung der Gesetzeslage stattgefunden hat. Dafür lassen sich zwei Ursachen feststellen: Zum einen ist die Finanzverwaltung dazu übergegangen, bei der nachträglichen Überprüfung von Managementbeteiligungen im Rahmen von Betriebsprüfungen erheblich aggressiver vorzugehen. Gerade bei hohen realisierten Wertsteigerungen wird häufig (pauschal und ohne genaue Prüfung des jeweiligen Sachverhalts) eine generelle Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen als Arbeitslohn in den Raum gestellt. Dem Manager obliegt es sodann, mit hohem Aufwand gegen diese Einschätzung zu argumentieren. Erkennbares Ziel der Finanzverwaltung ist es, insbesondere bei den unter altem Recht noch einkommensteuerfreien Veräußerungsgewinnen jedenfalls einen Teil der Erlöse in die Steuerpflicht zu ziehen. Dabei wird die Tatsache, dass gerade erfolgreiche Manager aufgrund des derzeitigen Drucks der öffentlichen Meinung eine öffentliche Auseinandersetzung vor Gericht scheuen, im fiskalischen Interesse genutzt.
Zum anderen hat der BFH in einer Entscheidung vom 17. 6. 2009 (VI R 69/06, BStBl. II 2010 S. 69 = DB 2009 S. 2186) zum Konkurrenzverhältnis zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen und den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit in einem Obiter dictum ausgeführt, dass ein Kapitalüberlassungsverhältnis unter bestimmten Umständen durch ein Arbeitsverhältnis überlagert werden kann. Darauf stützen nunmehr mehrere FG und teilweise auch die Finanzverwaltung ihre Auffassung, dass ein Kapitalüberlassungsverhältnis insgesamt der Einkunftsquelle nichtselbstständiger Arbeit zugeordnet werden kann. Dies hätte zur Folge, dass nicht nur der verbilligte Erwerb von Kapitalanteilen lohnsteuerlich zu erfassen ist, sondern auch Dividenden, Veräußerungsgewinne oder andere Kapitalerträge aus einer Kapitalbeteiligung (vgl. nur FG Köln, Urteil vom 21. 9. 2011 – 12 K 2152/09, Rev. anh. unter VIII R 44/11; i. E. anders FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. 10. 2010 – 1 K 4011/09, n. v.; FG Düsseldorf, Urteil vom 26. 4. 2010 – 3 K 536/05-E, EFG 2010 S. 1195).
Insbesondere das FG Köln lässt dabei aber Folgendes außer Acht: Der BFH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich feststellt, dass es nicht genügt, wenn der Erwerb von Kapitalbeteiligungen nur leitenden Angestellten angeboten wird, und wenn für die Kapitalbeteiligung ein Sonderkündigungsrecht bei Ausscheiden des Managers aus dem Dienstverhältnis besteht, um Kapitaleinkünfte aus Mitarbeiterbeteiligungen in Arbeitseinkünfte umzuqualifizieren. Auch daneben noch bestehende Verfügungsbeschränkungen lassen aus Sicht des BFH keine andere Beurteilung zu.
Für eine typisch gestaltete Managementbeteiligung lässt sich daraus nur ableiten, dass Erlöse daraus den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen sind. Die bloße Kausalität des Dienstverhältnisses für den Erwerb einer Managementbeteiligung reicht für eine Qualifizierung von Veräußerungs- oder Dividendenerlösen als Arbeitslohn nach wie vor nicht aus. Maßgeblich ist immer noch der steuerliche Veranlassungszusammenhang zwischen der Einnahme und der jeweiligen Einkunftsquelle. Hierfür ist jedoch in st. Rspr. ein steuerrechtlich maßgeblicher, wirtschaftlicher Zusammenhang erforderlich. Dieser ist zum einen durch eine wertende Beurteilung des die Einnahme auslösenden Moments und zum anderen durch die Zuweisung des maßgeblichen Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre festzustellen. So lange also eine Sonderrechtsbeziehung neben dem Arbeitsverhältnis besteht, die als Erwerbsgrundlage für die Erzielung von Kapitaleinkünften wie bei einer Kapitalüberlassung unter fremden Dritten dient, ist für die Annahme von Arbeitseinkünften kein Raum. Demnach können bei einer solchen Kapitalüberlassung, wie sie eine Managementbeteiligung darstellt, nur solche Zahlungen Arbeitseinkünfte sein, die eine Verbilligung oder Sonderleistung darstellen.
Angesichts dieser Rechtslage wäre es wünschenswert, wenn sich auch in der steuerlichen Praxis wieder stärker die Erkenntnis durchsetzen würde, dass auch Manager Kapitaleinkünfte erzielen können.
(Zitiervorschlag: Koch-Schulte, Steuerboard DB0485252)